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Bühne frei für Frauenleben

Nachlese zum „Gerne Frau sein“-Talk #2 im Mai

Verhandeln, finanzielle Absicherung und die eigene Gesundheit sind Themen, die Frauen oft auf die lange Bank schieben oder anderen überlassen. Auch der zweite unserer insgesamt drei „Gerne Frau sein“- Talks hat sie aufgegriffen. Eine Nachlese.

„Ob man es nun Verhandlung nennt oder Gespräch, ist Geschmackssache. Wichtig ist, dass man es anpackt.“ Das betonte Ingeborg Rauchberger, Verhandlungsexpertin, Juristin, Autorin und Expertin am Podium des zweiten Onlinetalks der „Gerne Frau sein“-Veranstaltungsreihe, die „Welt der Frauen“ in Kooperation mit dem Frauenreferat des Landes OÖ und der Katholischen Frauenbewegung OÖ zwischen April und Juni veranstaltete.

Zu den eigenen Leistungen stehen

Ingeborg Rauchberger räumte auch gleich auf mit einigen gängigen Missverständnissen. „Verhandeln ist nicht lügen. Verhandeln ist, sein Ziel zu erreichen“, sagt sie etwa und ermuntert Frauen, zu den eigenen Stärken und Leistungen zu stehen. Frauen, die im Hintergrund immer gute Arbeit leisten und die Chefin oder den Chef nur aufsuchen, wenn sie Schwierigkeiten haben, liefen Gefahr, letztlich bloß als Problemfall wahrgenommen zu werden.

Vorbilder suchen, flexibel planen

Es sei wichtig, Frauen zu animieren, sich mehr vor den Vorhang zu trauen, sind sich Beate Zechmeister, Leiterin des Frauenreferates des Landes OÖ, und Paula Wintereder, Vorsitzende der kfb OÖ, einig. „Ein guter Weg, den wir auch im Frauenreferat gehen, ist, Vorbilder zu suchen, die Mädchen und Frauen an der Hand nehmen und sie in neue Welten eintauchen lassen“, sagt Beate Zechmeister. Zusätzlich brauche es aber sicher auch die richtigen Rahmenbedingungen. „Es gibt viele engagierte Frauen in Oberösterreich. Damit sie sich engagieren können, braucht es vielleicht einfach flexiblere Sitzungstermine.“ Die Corona-Pandemie habe uns in Sachen Onlinemeeting geschult. „Vielleicht kann man da das eine oder andere mitnehmen in die Zukunft nach Corona“, so Zechmeister.

Fehlerfreundlichkeit lernen

Weil Frauen sehr selbstkritisch seien, gehe es für die kfb darum, dass Frauen einander bestärken und auch darum, Fehlerfreundlichkeit zu lernen, sagte Paula Wintereder. „Wir müssen nicht perfekt sein. Frauen dürfen auch lernen, stereotype Erwartungshaltungen in unserer Gesellschaft, wie frau zu sein hat, nicht fraglos anzunehmen“, sagte die Vorsitzende der kfb Oberösterreich. Was getan werden könne, um auch mehr junge Frauen zum aktiven Mitwirken zu bewegen, war eine Frage, die von Talk-Moderatorin und „Welt der Frauen“-Chefredakteurin Christine Haiden aus dem Pool der vielen, von interessierten LeserInnen und ZuseherInnen eingereichten Fragen aufgegriffen hatte. Paula Wintereder dazu: „Junge Frauen möchten sich durchaus einbringen – aber ihnen wäre wichtig, sich nicht gleich für eine Gruppe oder Institution zu verpflichten, sondern eher Ideen einbringen und schauen, wann ist die Zeit gegeben, dabei zu sein.“

„Gerne Frau sein“-Talk Mai

Stärken erkennen und wertschätzen

Dass Frauen aber definitiv nicht das schwache Geschlecht sind, betonte Gendermedizin-Expertin Anna Maria Dieplinger. „Kinder bekommen können zum Beispiel nur Frauen. Frauen sollten sich dessen und ihrer Stärken viel mehr bewusst sein, sodass sie selbstbewusst ihr Leben bestimmen. Es gebe so viele Frauen, die großartige, starke Leistungen erbringen – ob in der Pflege oder auch im Sport, wie etwa die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner.

Die Kraft der weiblichen Hormone

Viel zu tun sieht die Expertin noch im Bereich der Gendermedizin. Lange seien Frauen aus medizinischen Studien ausgeschlossen gewesen, einfach als „kleinerer Mann“ behandelt worden. Erst nach und nach seien Erkrankungen bei Frauen sowie spezielle Behandlungsmethoden für sie in den Fokus gerückt. Auch ermunterte sie, die weiblichen Hormone und ihre Schwankungen nicht nur Last, sondern auch als Kraft zu verstehen und zu erleben: „Östrogen zum Beispiel, das uns begleitet und auch unser Herz vor Infarkten schützt bis ins 60. Lebensjahr“, so Dieplinger. Weil Frauen Beschwerden gerne ignorieren oder kleinreden, seien Diagnose und Behandlung hier oft schwierig. „Frauen sind wunderbare Erklärerinnen und Verdrängerinnen“, so die Erfahrungen der Gendermedizin-Expertin.

Finanzielle Absicherung für Frauen

Gut im Wegschauen seien Frauen auch beim Thema Finanzen und Absicherung, sagen die Expertinnen des Autonomen Frauenzentrums Linz. Aus der Praxis wisse man, dass nach wie vor die Frauen den überwiegenden Teil der unbezahlten Arbeit leisten, oft nur Teilzeit arbeiten und damit die Folgen tragen: niedrigere Arbeitslosen- und Pensionseinkünfte. „Das ist den Frauen häufig nicht so bewusst, oder doch bewusst, aber sie wollen nicht hinschauen, weil Lösungen auch oft nicht gesehen werden“, sagte Juristin und Rechtsberaterin Andrea Jobst-Hausleithner.

Raus aus der Teilzeit- und Pensionsfalle

Hier setze das Autonome Frauenzentrum mit Informationsveranstaltungen und persönlicher Beratung an. „Auch wenn es viele Gründe dafür gibt, dass Frauen in Teilzeit beschäftigt sind – und wir wissen, dass der Hauptgrund die Kinderbetreuung ist –, ist es wichtig, wirklich zu versuchen, Partnerschaft bewusster zu leben, die Männer ins Boot zu holen, die Erwerbs- und die Haus- oder Familienarbeit besser aufzuteilen. Wenn dadurch möglich wird, dass auch die Frau mehr Stunden pro Woche erwerbstätig ist, ist viel gewonnen“, so Jobst-Hausleithner.

Gleichberechtigung in der Partnerschaft

Viel zu tun sieht auch Landeshauptmann-Stellvertreterin und Frauenlandesrätin Christine Haberlander. „Das wichtigste Anliegen ist mir, Frauen zu befähigen und zu ermutigen“, sagt sie. Zum einen hinsichtlich Ausbildung und Einstehen für die eigenen Rechte, zum anderen hinsichtlich Partnerschaft. „Gerade die jungen Frauen zu ermutigen, sich ihren Platz zu schaffen in der Partnerschaft, Dinge einzufordern, auch zu diskutieren und zu erkämpfen. Darauf will ich aber ebenfalls hinweisen: Die Machos fallen nicht vom Himmel, die werden auch erzogen.“ Es gehe also darum, bereits jungen Burschen die notwendigen und richtigen Werte für eine gelungene gleichberechtigte spätere Partnerschaft mit auf den Weg zu geben.

„Gerne Frau sein“-Talks 2021 – Nachschau & Nachlese

Den ersten „Gerne Frau sein“-Online-Talk und auch die beiden folgenden Talks aus dem Mai und Juni 2021 können Sie hier „nachsehen“. Auch eine digitale Nachlese zu den weiteren Talks steht hier für Sie bereit.

Wenn Sie lieber analog lesen: Wir haben natürlich auch eine Nachlese zur „Gerne Frau sein“-Talkreihe in unserem Magazin zusammengestellt, in der wir die Inhalte noch einmal für Sie kompakt zusammenfassen. Die Nachlese finden Sie in der „Welt der Frauen“-Ausgabe Juli/August. Sollten Sie noch keine „Welt der Frauen“-Abonnentin sein, können Sie hier ein Abo bestellen oder die Ausgabe auch einzeln in unserem Webshop erwerben.

Im Rahmen der Anmeldung zu den Talks konnten Interessierte zudem Fragen an unsere Expertinnen und Podiumsgäste einreichen. Auch ihre Antworten, die zum Teil im Rahmen der Talks und zum Teil im Nachhinein gegeben wurden, können Sie hier nachlesen.

„Gerne Frau sein“-Talks 2021 – eine Kooperation von Frauenreferat des Landes Oberösterreich, Katholische Frauenbewegung Oberösterreich &  „Welt der Frauen“.

Frauenreferat Oberösterreich

kfb Zeit zu Leben

Welt der Frauen. Das Magazin aus Österreich

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  • Veröffentlicht: 20.05.2021
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