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Tradwifes: Frauenbilder aus einer anderen Zeit

Tradwifes: Frauenbilder aus einer anderen Zeit
Promptografie: KI/Grill
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  • Veröffentlicht: 20.08.2024
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Sie putzen, backen und berichten über ihr glückliches Leben als Hausfrau an der Seite ihres Mannes. Sind „Tradwifes“ eine Gefahr für Geschlechtergerechtigkeit?

Sie steht am Herd, als die Kamera sie dabei aufnimmt, wie sie Schokolade selbst – aus echten Kakaobohnen – herstellt, weil ihre Kinder Lust auf Schokokuchen haben. Während sie in kurz geschnittenen Szenen den Vorgang schnell, mühelos und selbstverständlich erscheinen lässt, stets unterlegt mit passender Musik, erklärt sie, dass ihr Mann der Chef im Haus und auch der Herr über die Finanzen sei und sie ihm die Rolle des Oberhauptes gern überlasse.

Nein, ich habe keinen Film aus den 1950ern beschrieben, ich fasse zusammen, was eine Vielzahl an Frauen momentan auf sozialen Plattformen wie Instagram unter dem Schlagwort #tradwives – also „traditionelle Ehefrauen“ – als neuen Lebensstil feiern. Sie halten Werte längst vergangener Tage hoch, propagieren ein weibliches Leben, das erfüllt ist von Putzen, Backen, Frisurenflechten und Kindergebären, während sie den – teils viel zu jungen – ZuseherInnen Narrative der Unterordnung unterjubeln. „Kinder statt Karriere“, „Geld ist Männersache“ oder „Ich will schön sein für ihn“ sind nur einige der Glaubenssätze, die die wirklich durchwegs adretten Frauen in geblümten Kleidern jenen zurufen, die ihnen folgen.

Diese Zeiten sind längst vorbei

Das ewiggestrige Bild, das sie zeichnen, propagiert außerdem – fast unbemerkt – die Selbstverständlichkeit, sich als Frau zurückzustellen, dem System Familie bedingungslos zu dienen, unbezahlte Sorgearbeit zu leisten und dem Feminismus entgegenzutreten. Zwischen Kochideen und wertvollen Putztipps sind Parolen platziert, die die schwache Frau und den starken Mann als vermeintliche Wahrheit sowie Geschlechtergerechtigkeit als etwas Furchtbares positionieren.

Nun ist es kein Geheimnis, dass jede Bewegung (Stichwort Geschlechterfairness) immer auch mit einem Gegentrend zu rechnen hat. Was die teils religiösen jungen Frauen aber, ausgehend von den USA, als neues Selbstbewusstsein verpacken, ist besonders für junge Mädchen ein gefährliches Ideal, das hart erkämpfte Frauenrechte und Gleichstellung aufweicht. Nicht das Backen per se ist schlecht, aber die damit verbundene Rolle der Frau, das damit neu beflügelte Patriarchat und das aus der Zeit gefallene Bild der hübschen, gefälligen, Kinder nährenden, sich unterordnenden Hausfrau. Dass eine Ehe oder Beziehung nämlich eine Rangordnung besitzt: Diese Zeiten sind wirklich längst vorbei!

Alexandra Grill

Fotoredakteurin

lebt und fotografiert derzeit hauptsächlich im Mühlviertel, OÖ. Die Fotografin ist seit 2011 Bildredakteurin der Zeitschrift „Welt der Frau“ und unterrichtet u.a. an der Prager Fotoschule Österreich. Das Alltagsleben mit Mann, Kind, einem spannenden Job und vielen bunten Extras bietet oft überraschende Motive. Und wenn Alexandra Grill auf Reisen geht, dann gibt es Impressionen von anderswo hier im Blog.

http://www.alexandragrill.com

Foto: Daniela Koeppl

 


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