Die eine schläft auf der Tastatur, die andere mauzt unentwegt. Was die Erziehung meiner Katzen betrifft, bin ich erfolgreich gescheitert.
Ich habe zwei pelzige Mitbewohnerinnen, sie heißen Heidi und Gretl. Ich mag die zwei von Herzen gern. Wir sind meistens ein gut eingespieltes Team, manchmal gibt es aber auch Ärger. Die beiden können so etwas von stur, engstirnig und unflexibel sein. Dem habe ich, wie ich anerkennen muss, kaum etwas entgegenzusetzen. Wobei ich in solchen Phasen immer wieder beschließe: „Na wartet, euch werde ich zeigen, wer hier die Chefin ist!“ Zu diesem Zwecke zog ich auch schon einschlägige Katzenerziehungs-Fachliteratur zurate und las dort Sätze wie „Stresssymptome Ihrer Katze zeigen sich durch vermehrtes Vokalisieren“ oder „Lenken Sie rechtzeitig unerwünschtes Verhalten wie Anstarren beispielsweise mit einer Spielangel um“.
Gretl hat also Stress. Bin ich zu Hause, ist sie meist hinter mir her. Sie tut das nicht dezent, sondern laut miauend. Sie vokalisiert vermehrt. Egal, was ich tue und wohin ich mich bewege: Gretl beobachtet mich, rennt bei der kleinsten Bewegung meinerseits aufgeregt los und mauzt und schreit. Wenn ich beruhigend mit ihr spreche – offensichtlich will sie mir ja etwas Wichtiges mitteilen – oder sie gar streichle, wird es nur schlimmer. Ihre Aufregung steigt, ihre Lautstärke auch. Am Hunger kann es nicht liegen, das habe ich getestet.
Mein angelesener Erziehungsversuch: die Katzenkapriolen mit entspannten Atemzügen wegatmen. Ich bin also ganz bei mir, während sie sich mir kreischend in den Weg stellt.
Gretls Schwester Heidi ruht sich besonders gerne auf der Tastatur meines Computers aus. Sie schaut dabei treuherzig und schnurrt. Das ist wirklich herzig, ich sollte aber trotzdem arbeiten. Schluss mit herzig ist dann, wenn ich sie herunterklauben will: dann faucht sie grimmig und wird zum Bumerang. Ich hebe sie weg, sie kommt zurück. Ich biete ihr – das
war meine Idee, nicht die eines Ratgebers – eine eigene Tastatur an, sozusagen ein Fake ohne Computeranschluss. Die ist gleich enttarnt und nicht attraktiv. Ein Kapitel eines Ratgebers nennt sich „Konsequente Haltung“. Das könnte jetzt helfen, ich folge also einem der Ratschläge und setze Heidi vor die geschlossene Bürotür. Sie kratzt und kratzt und kratzt an der Tür, wirft sich schließlich dagegen. Das ist wirklich erstaunlich, denn Heidi ist ein sehr sanftes Fräulein mit rosa Schnäuzchen und verträumtem Blick. Ich halte diesen Lärm nicht aus, öffne die Tür. Heidi stürmt das Büro, Gretl sitzt vor meinen Füßen und starrt mich vorwurfsvoll an.
Herzig und stur
Coaching, Kinesiologie, Energiearbeit, psychologische Interventionen: All das gäbe es für Heidi, Gretl und natürlich für mich als ihre unfähige Erziehungsberechtigte. Ich habe gelesen, dass meine zwei Katzendamen Persönlichkeitsanteile von mir spiegeln dür en. Das glaub ich gerne, das finde ich sogar charmant. Wir sind eben alle drei verhaltensoriginell.
Erschienen in „Welt der Frauen“ 04/2019