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04-05/24

Ungeahnte Überraschungen

Ungeahnte Überraschungen

Zwischen Homeschooling und Homeoffice wechseln sich gute und weniger gute Tage ab und manchmal gibt es sogar richtig gute Tage.

Meistens entscheidet es sich schon in der Früh, ob es ein guter Tag wird oder ein nicht so guter. Wenn der Sohn um halb sechs Uhr „Mama, Mama“ kräht, die Schwester munter wird, in sein Zimmer stürmt und brüllt, dass er nicht so brüllen soll, woraufhin er zurückbrüllt, dass die Mama kommen soll und nicht SIE: Dann wird das meist kein so guter Tag.
Kaum hat sich das erste Gewitter des Tages aufgelöst, braut sich das nächste zusammen. Während die Tochter am Esstisch ihr Referat vorbereitet, erbricht der Sohn den Kakao auf das mit Zeichnungen und Fotos liebevoll bestückte Plakat. Donner, Blitz und Hagel am Familienhimmel und der Arbeitseifer ist auch dahin.
Die Luft wird für den Rest des Tages gewitteranfällig bleiben, Mama wird zwischen Homeschooling, Haushalt und Homeoffice hecheln und dieser Tag wird lang werden.

Ich schicke die Kinder hinaus in den Garten und setze mich an den Laptop. Im Postfach trudeln die nächsten Arbeitsblätter der Lehrerin ein. Während ich Rechenzettel und neue Fotos für das Referat ausdrucke, und den Text, den ich eigentlich schreiben wollte, auf den Abend verschiebe, ruft die Flötenlehrerin an und erklärt, welche Stücke zu üben sind und dass das Kind bitteschön auf die rechte Hand achten solle. Schließlich ploppen noch Bastelanleitungen und Fingerspiele aus dem Kindergarten auf, zu denen wir an diesem langen Tag (und auch an den nächsten Tagen) nie kommen werden.

Es gibt aber auch solche Tage, an denen ich mit Vogelgezwitscher aufwache. Mein Mann und ich beschließen, eine Lagerkoller-präventive Radtour zu machen. Die Tochter hat keine Lust, woraufhin der Sohn auch keine Lust hat, obwohl er wahrscheinlich schon Lust hätte. „Geht alleine Radfahren, ich passe auf meinen Bruder auf!“, zwitschert die Tochter. Wir wissen, dass wir uns auf sie verlassen können, die Nachbarn sind in Rufweite, und wir schwingen uns auf die Räder. Als wir nach einer Stunde zurückkommen, wuseln die Kinder geschäftig herum, und meine Tochter flötet: „Du kannst ruhig arbeiten, Mama!“ Geraume Zeit später kommt sie ins Arbeitszimmer herein und flüstert mir ins Ohr: „Mama, ich muss dir was sagen.“ Dann erzählt sie, dass ihr Bruder alle Waschbecken mit Sand und Kleber „verziert“ hat. Bevor ich ein Donnerwetter heraufbeschwöre, schaue ich mir das Desaster an. Und siehe da: Alle Waschbecken sind blitzsauber. „Wir haben WCs, Waschbecken und Spiegel geputzt“, verkündet die Tochter stolz. Ich staune über unsere wunderbaren Kinder, die immer wieder für eine Überraschung gut sind.

Julia Langeneder

lebt mit Mann, Tochter (9) und Sohn (5) in einem Haus mit Garten und erlebt immer wieder Überraschungen.
Nervenstatus: wechselt täglich und manchmal auch mehrmals am Tag.

Foto: Alexandra Grill

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  • Veröffentlicht: 31.03.2020
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