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03/24

Buchempfehlung: Sachlich diskutieren & Mechanismen der Irreführung erkennen

Buchempfehlung: Sachlich diskutieren & Mechanismen der Irreführung erkennen

Ingrid Brodnig zeigt, wie wir in hitzigen Debatten ruhig bleiben und unseren Standpunkt verdeutlichen. Wann ist Diskutieren überhaupt sinnvoll? Warum sind unseriöse Stimmen sichtbarer, und welche rhetorischen Tricks sollte man kennen?

Falschmeldungen prägen Diskussionen: Seien es die Super-Handys, die Flüchtlinge angeblich von der Caritas erhielten, seien es die Gemeindewohnungen, die so ungerecht verteilt würden, sei es die Klimakatastrophe, die nur eine Erfindung sein soll. Verschwörungsmythen und Falschmeldungen nahmen in der Corona-Pandemie zu.

Konkrete Tipps einer Expertin

Es gilt nach wie vor: Diskutieren ist hart, es kann aber gelingen, wenn man einander zuhört, die Gesprächsbereitschaft des Gegenübers fördert und weiß, welche Diskussionsformen man besser vermeidet. Die Journalistin und Kolumnistin Ingrid Brodnig gibt in ihrem neuen Buch konkrete Tipps, wie Fallstricke erkannt, Denkmuster aufgebrochen und effizienter diskutiert werden kann. Nach der Lektüre weiß man deutlich mehr über die Macht der Fragen, den Stellenwert von Geduld und strategisches Diskutieren.

Es ist das konkrete Fallbeispiel, an dem Brodnig aufzeigt, wie sich Menschen zu „Verschwörungsgläubigen“ entwickeln. Sie stellt gleich eingangs ihren LeserInnen Anja Sanchez Mengeler, eine Frau in Norddeutschland, Mitte vierzig, vor:

„Sie glaubte, die Welt würde von einer im Verborgenen bleibenden Elite geleitet; alle Medien würden gesteuert; wer eine andere Meinung vertrat, den oder die verdächtigte sie, dafür bezahlt zu werden.“
Seite 9

Anja Sanchez Mengeler schaffte es jedoch, diese Schwurbel-Szene zu verlassen, sich wieder auf überprüfbare Fakten zu verlassen, sich an Diskussionen zu beteiligen und damit auch Unsicherheiten zuzulassen: Die Welt des Schwarz-Weiß-Denkens ist nur vermeintlich eine sichere. Bei der Lektüre wird deutlich, dass niemand plötzlich in die Welt der Verschwörungsmythen abrutscht, sondern dass die  Veränderungen prozesshaft geschieht. Dazu einige Beispiele: Die Erzählungen von Rechtsaußen in Österreich wie in Deutschland „wir werden islamisiert!“ beunruhigen viele, auch die „Chemtrails-Flieger“ bieten Anlass zu Verschwörungsmythen und die Gerüchte über 12 Millionen Geflüchtete, die Angela Merkel angeblich nach Deutschland eingeladen haben sollte.

Unterteilt in 4 Kapitel

In vier Kapitel aufgeteilt, zeigt die Autorin sehr konkret, wie Annäherung an ein Thema im Idealfall geschehen kann. Im ersten Kapitel beruhigt bereits die erste Kapitelüberschrift „Niemand ist zu hundert Prozent rational – daraus können wir einiges fürs Diskutieren lernen“: Es gibt ein Wir, das etwas lernen will und o.k., niemand ist „perfekt“, das gibt ja Hoffnung. Das zweite Kapitel wendet sich an die LeserInnen, spricht sie direkt an: „Vorsicht vor Wundermitteln und rhetorischen Ablenkungsmanövern“, „Erkennen Sie die Macht der Fragen“ und „Hier kommt die Impfung gegen unsinnige Argumente“. Kapitel 3 „Wie erkennt man, wer tatsächlich Expertise hat?“ spricht eine große Wahrheit gelassen aus: Menschen suchen die absolute Wahrheit/Gewissheit und genau die kann ihnen Wissenschaft nicht prompt und zeitlos bieten.

„Gerade weil Wissenschaft keine Wahrheit verspricht, sondern auf die Bereitschaft aufbaut, die eigenen Annahmen zu hinterfragen, sollten wir sie ernst nehmen. Sie ist die rationalste Form der Wissensgenerierung, die wir Menschen bisher gefunden haben.“
Seite 90

Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Sachbuch nicht lesen:

Überblick, sehr praktische Tipps, die Sie umgehend umsetzen können, Verständnis für das Zustandekommen von Verschwörungserzählungen, Anregungen, wie Sie selbst geschickter diskutieren können und das auch bei polarisierenden Themen.

Die Autorin Mag. Ingrid Brodnig

ist 1984 geboren und vielen LeserInnen als Journalistin und Kolumnistin – unter anderem schreibt sie ihre wöchentliche Digitalkolumne im Nachrichtenmagazin „Profil“ – bekannt. Seit vielen Jahren beschäftigt sie sich mit „Hass im Netz“, „Lügen im Netz“ und „Übermacht im Netz“ sowohl in ihren gleichnamigen Büchern als auch als gefragte Vortragende und Teilnehmerin an Diskussionsrunden.

Christina RepolustChristina Repolust

Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at

Mehr Lesestoff von Christina Repolust erscheint regelmässig in der „Welt der Frauen”, Rubrik Staunen & Genießen. Hier können Sie ein kostenloses Testabo bestellen.

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  • Veröffentlicht: 22.09.2021
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