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04-05/24

Buchempfehlung: „Immer mal wieder zum Himmel schauen“

Buchempfehlung: „Immer mal wieder zum Himmel schauen“

Kathrin Wexberg versteht es, „klassische“ Gebete und Texte richtig zu platzieren und in den passenden Kontext zu stellen. Das alles ergibt Kommunikation in ihrer sensibelsten Form, Neues und Bekanntes, Vertrautes und Gewagtes, Humorvolles, ein Lächeln, ein Zwinkern.

Über das Sichtbare hinaus

Wie man mit Kindern heute beten könnte

Jedes Bilderbuch gibt Hoffnung: Da hat ein kleiner Bär ein Problem und da findet er jemanden, der ihm hilft. Da ist eine Kleine, die sich ungeliebt fühlt und das richtig viele Seiten lang: Aber plötzlich kommt eine daher, die ihr Hoffnung, Liebe und Zuversicht schenkt. So war es bereits beim kleinen „Ich bin Ich“, das viele Stationen durchleiden musste, um sich schließlich als liebenswertes „Ich“ zu verstehen. Im vorliegenden Buch sind viele Kinder- und JugendbuchautorInnen dabei, die Kindern Mut und Zuversicht zu schenken verstehen: von Heinz Janisch über Lena Raubaum und Lene Mayer-Skumanz, zu Elisabeth Steinkellner und so weiter. Gedanken, Gedichte und Gebete, dazwischen die aussagekräftig-stillen Zeichnungen von Michael Roher, von denen manche ein Augenzwinkern vermuten lassen.

Gebetgedichte nennt Mathias Jeschke seine Texte und trifft damit den Duktus der Anthologie, die in sechs Kapitel gegliedert Gebete, Gedichte, Gedanken gesammelt hat, die „über das Sichtbare hinaus“ sehen, denken und fühlen lassen.

„Um etwas bitten. Für etwas danken. Jemandem etwas Gutes wünschen, also segnen. Es sind ganz einfache, ganz wesentliche Grundformen menschlicher Kommunikation, die beim Beten vollzogen werden.“
Vorwort von Kathrin Wexberg

Das Kapitel „Grundgebete“ beinhaltet unter anderem das „Kreuzzeichen“, das „Gebet zum großen Kreuzzeichen“ von Gerald Gump und das „Vater unser“. Beeindruckend, wie die Erscheinungsform den Zugang zu diesen Grundgebeten erleichtert: Hier wird auf den Seiten Raum gelassen, sich einzufinden, sich einzulassen, nachzudenken. Dann blättert man zurück zum Text „Weltstaunen“ der genialen, mehrfach ausgezeichneten Autorin Lena Raubaum und staunt mit ihr und danach blättert man einfach ganz autonom weiter. Auf Seite 112 treffen wir auf den wundervollen, mittlerweile auch vertonten Text „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ des Theologen Dietrich Bonhoeffer, der diesen kurz vor Weihnachten 1944 aus dem Gefängnis schrieb:

„Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr ... “
Seite 112

Bonhoeffer, der sich dem menschenverachtenden NS-Regime widersetzt hat, findet und schenkt Trost:

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem Tag. “
Seite 112

Die Herausgeberin versteht es, „klassische“ Gebete und Texte wie den von Bonhoeffer richtig zu platzieren und in den passenden Kontext zu stellen. Das alles ergibt Kommunikation in ihrer sensibelsten Form, Neues und Bekanntes, Vertrautes und Gewagtes, Humorvolles, ein Lächeln, ein Zwinkern. 

„Möge das Leben dich umarmen und liebevoll auf dich schauen und auch wenn zu zögerst, dich erinnern, dir selbst gut zu vertrauen. “
Seite 123

Was Sie versäumen, wenn Sie diese grandiose Sammlung nicht lesen:

Zeit für sich, Erinnerungen an Ihre eigenen Gebete, Philosophieren über das Beten, feinfühlige Texte, witzige Texte, Hoffnung, Humor, Vertrauen, das Gefühl, jeden Text mehrmals lesen zu wollen, neue Zugänge zum Beten, Entstaubung von Zweckbetereien im Sinne von „Mach mich fromm, damit ich …“

Kathrin Wexberg:

geb. 1978, Studium der Germanistik und Publizistik in Wien, Dissertation zum österreichischen Kinderbuchautor Karl Bruckner, der unter anderem mit seinem Roman „Sadako will leben“ bekannt wurde. Seit 2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin der STUBE (Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur), Mitglied zahlreicher Jurys und in zahlreichen Beiräten vertreten. Als ehemalige Diözesanvorsitzende der Katholischen Jungschar hat sie jahrelange Erfahrung mit Praxis und Theorie der Kinderliturgie/Kinderpastoral.

Michael Roher:

geb. 1980, ausgebildeter Sozialpädagoge, Arbeit in einem Kinder- und Jugendzirkus, seit 2010 als Autor und Illustrator tätig und das äußerst erfolgreich, wovon zahlreiche Auszeichnungen und noch mehr seine wundervollen Bücher erzählen.

Kathrin Wexberg (Hg.in):
Immer mal wieder zum Himmel schauen. Gebete für Kinder mit Bildern von Michael Roher.
Innsbruck: Tyrolia Verlag 2023.

Christina RepolustChristina Repolust

Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at

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  • Veröffentlicht: 05.04.2023
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