Weltweit demonstrierten am Weltfrauentag 2022 Frauen für eine gleichberechtigte Gesellschaft & gegen Geschlechtsdiskriminierung. Eines stand bei diesem 111. Weltfrauentag jedoch besonders im Fokus: Mitgefühl und Solidarität mit den ukrainischen Frauen und ihren Familien.
Es ist der 8. März 2022. Ein Tag, der wie jedes Jahr den Frauen gebührt, und dazu da ist, auf Gleichstellungsmissstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Die Diskussionen über Frauenquote, Gender Pay Gap oder Teilzeitfalle fielen 2022 aber wohl weniger scharf aus. Denn die Welt blickt auf den Krieg in der Ukraine und der überschattet die sonst – zu Recht – wichtigen Frauenthemen.
Der diesjährige Weltfrauentag gehört den ukrainischen Frauen, ihren Kindern und Ehemännern. Die Gedanken sind bei ihnen und in den Kriegs- und Krisengebieten weltweit. Denn Kämpfe, unter denen vor allem Frauen und Kinder täglich leiden, gibt es nicht erst seit dem 24. Februar, dem Tag, an dem russische Soldaten in die Ukraine einmarschierten. Dass dieser Krieg die Welt erschüttert, liegt vielleicht daran, dass er nicht nur auf brutale Weise das europäische Sicherheitsgefühl, sondern auch das persönliche angegriffen hat.
Rollen im Krieg klar verteilt
Der Weltfrauentag ist in der Ukraine und in Russland normalerweise ein gesetzlicher Feiertag. Die Länder ehren an diesem Tag ihre Frauen. Es sind unter anderem Managerinnen, Studentinnen, Bäuerinnen, Verkäuferinnen, Unternehmerinnen, Mütter, Hausfrauen, Ärztinnen, Lehrerinnen, Grafikerinnen und Soldatinnen. Der Alltag dieser Frauen war unserem ähnlich, wahrscheinlich können wir uns deshalb so gut mit ihnen identifizieren.
Der heurige Weltfrauentag fällt für die ukrainischen Frauen aus. Statt mit ihren Familien und Freunden den freien Tag zu feiern, sind sie auf der Flucht, harren in Luftschutzbunkern oder U-Bahnstationen aus, dienen der Armee oder haben sich dem Widerstand angeschlossen. Putins Krieg hat ihr Leben nicht nur völlig verändert, er zeigt auch auf, dass im Krieg nur zwei Geschlechter existieren – und ihre Rollen sind klar verteilt. Männer sind verpflichtet, Soldaten zu sein, Frauen dürfen zwar kämpfen, wenn sie wollen, sie können aber auch mit ihren Kindern fliehen oder sich verstecken. Auch der ukrainische Staat zwingt Männer zwischen 18 und 60 Jahren zum Kampf, für sie gibt es kein Recht auf Weglaufen und Sicherheit, sie haben ihr Land zu verteidigen, ob Angst hin oder her. Im Krieg gibt es weder eine Frauenquote, noch Rücksicht auf Befindlichkeiten. Der Krieg verlangt Männlichkeit, die ist klar definiert, und plötzlich nicht mehr toxisch, sondern ehrenhaft.
Ein Drama auf unbestimmte Zeit
Die Dramen, die sich an der polnisch-ukrainischen Grenze abspielen, mag sich ein Mensch hierzulande kaum vorstellen. Mütter und ihre Kinder harren stundenlang vor der Grenze aus. Männer, die die Flucht dennoch versuchen, werden zurückgeschickt, so eiskalt, wie die Temperaturen, die zurzeit in der Ukraine herrschen, in ein Land, dessen Zukunft ungewiss ist, in ein Leben, das morgen schon vorbei sein kann.
Es sind Väter, die sich von ihren Liebsten verabschieden müssen, denen eine Wiedersehen mit ihnen auf unbestimmte Zeit nur in ihren Träumen vergönnt ist, und nur Gott weiß, ob es jemals dazu kommen wird. Und die Frauen, die ihr Land nicht verlassen, rüsten sich für einen Kampf, den sie vielleicht nicht gewinnen werden, oder warten in Schutzräumen, bis der Krieg womöglich sie findet. Niemand will mit den ukrainischen Frauen und Männern tauschen. Keiner will jemals so einen Weltfrauentag erleben müssen. Und genau deshalb steht der heurige wohl vor allem für Frieden, Demokratie, Solidarität, Hoffnung und ein – wenn auch naives – Vertrauen darauf, dass dieser Krieg rasch endet.