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Cross-Mentoring: Förderprogramm geht in die nächste Runde

Cross-Mentoring: Förderprogramm geht in die nächste Runde

Um den Anteil weiblicher Führungskräfte in oberösterreichischen Unternehmen zu erhöhen, werden beim Cross-Mentoring-Programm weibliche Nachwuchs-Führungskräfte von erfahrenen MentorInnen aus anderen Unternehmen begleitet, um sie auf ihre verantwortungsvolle Position im Unternehmen vorzubereiten.

„MentorInnen sind wohlwollende WegbegleiterInnen“

Frauen sind in Führungspositionen auch heute noch unterrepräsentiert. Nur neun Prozent der Geschäftsführungsposten und 23,5 Prozent der Aufsichtsratsstellen der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Österreich waren 2021 weiblich besetzt. Um dem entgegenzuwirken, wurde in Oberösterreich bereits 2002 das Cross-Mentoring-Programm entwickelt. Programmleiterin Doris Schulz erklärt, wie unternehmensübergreifendes Mentoring Frauen dabei unterstützt, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. 

Sylvia Huber: Frau Schulz, warum ist der Frauenanteil in Führungspositionen immer noch so gering?

Doris Schulz: Frauen sind Bildungsgewinnerinnen, sie schließen ihre Schul- und Studienausbildungen oft schneller und auch besser ab als die männlichen Mitbewerber, aber irgendwann in ihrer Biografie gibt es dann oft den Punkt, an dem sie den Beruf zugunsten der Familie zurückstecken oder sich nicht trauen, einen nächsten Karriereschritt anzugehen. Daher ist es wichtig, Frauen zu ermuntern, andere Aufgaben zu übernehmen. Und das hat auch immer mit Verantwortung zu tun, mit Macht im Sinne von Gestaltungsmöglichkeiten.

Das Cross-Mentoring setzt es sich zur Aufgabe, Frauen anzuleiten, in höhere Positionen zu kommen. Wie wird das genau gemacht?

Das Cross-Mentoring-Programm schafft eine win-win-Siutation für alle Beteiligten. Da wären zunächst die Unternehmen, die auch unsere Auftraggeber sind. Sie fördern eine Person, die neu in der Rolle ist, die vielleicht einen Karrieresprung vor sich oder gerade erst hinter sich hat, indem sie ihr eine Mentorin oder einen Mentor zur Seite stellen. Für die Mentees ist das ein Gewinn und eine große Wertschätzung, mit einer Führungskraft zusammenarbeiten zu können. Andererseits kann so auch sehr viel Wissen, das sich in Unternehmen im Laufe der Jahre angesammelt hat, entsprechend eingesetzt und weitergegeben werden.

Das Unternehmen profitiert zudem davon, und da kommen wir zum Bereich „Cross“, dass nicht firmenintern gematched wird. Die Mentee stammt immer aus einem anderen Unternehmen als die Mentorin oder der Mentor. Auf diese Weise erfahren auch die Unternehmen viel Neues an Unternehmenskultur und generieren auf diese Weise neues Wissen.

Mentoring insgesamt, das weiß man, gehört zu den drei größten Karriereboosts. Wenn man eine Karriere vorantreiben möchte, ist Mentoring eine gute Möglichkeit, auch weil es sehr individuell zugeschnitten ist.

Wie gewährleisten Sie, dass MentorIn und Mentee zueinander passen?

Ich erstelle im Vorfeld Interviews mit den BewerberInnen sowie mit der jeweiligen Human Ressources-Abteilung. Dabei frage ich ab, was die Ziele sind, worauf wir besonders achten sollen. Dann folgt das sogenannte Matching, das heißt, dass ich auf Basis der Interviews und aufgrund meiner Einschätzung der Persönlichkeiten und ihrer Wünsche versuche, das Tandem zusammenzustellen. Mentees aus männerdominierten Unternehmen bevorzugen beispielsweise eine Mentorin mit ähnlichen Erfahrungen. Andererseits gibt es MentorInnen, die in einem traditionellen Unternehmen arbeiten und sich eine Mentee aus einem internationalen Unternehmen wünschen.

Es gibt Veranstaltungen, bei denen die beiden einander kennenlernen und sich absprechen können. Nachdem sie sich kennengelernt haben, läuft das Projekt ein dreiviertel Jahr lang, und wir begleiten das ganze Programm, bis es abgeschlossen ist.

Welchen Vorteil hat es, das Cross-Mentoring über einen so langen Zeitraum laufen zu lassen?

Es dauert eine gewisse Zeit, bis eine vertrauliche Beziehung entsteht, weshalb der lange Zeitraum und die regelmäßigen Treffen sehr wichtig sind. Wir empfehlen den TeilnehmerInnen, sich nach dem Kennenlernen alle drei bis vier Wochen zu treffen, um über die Anliegen der Mentees zu sprechen. Wir haben Tandems, die miteinander wandern, an der Donaulände inlineskaten oder regelmäßig gemeinsam frühstücken.

Auch der Aufbau eines Netzwerkes zwischen den Beteiligten wird durch das Programm gefördert. Warum ist das gerade für die Mentees so wichtig?

Besonders für Frauen ist sehr wichtig, ein strategisches Netzwerk aufzubauen. Durch das Cross-Mentoring erhalten die Mentees Kontakte zu erfahrenen Persönlichkeiten und sie lernen andere Mentees besser kennen. Die Mentees können sich untereinander bei Herausforderungen helfen, sich auf ihren Karrierewegen gegenseitig unterstützen; fast in jedem Jahrgang des Cross-Mentoring-Programms entstehen Projekte zwischen den Beteiligten.

Sie haben 2015 die Programmleitung übernommen. Mit welcher Motivation sind Sie in dieses Projekt gegangen und welche Erfolge konnten Sie in den letzten Jahren beobachten?

Die Leitung wurde mir von Gabriele Kössler, der Entwicklerin des Programmes, angeboten. Ich habe mich sehr darüber gefreut, da mich die Förderung von Frauen schon mein Leben lang begleitet und ich diesbezüglich bereits viele Projekte selbst ins Leben gerufen habe.

Ein besonderer Erfolg ist es, wenn sich eine Frau als Mentee am Programm beteiligt und ein paar Jahre später selbst als Mentorin von ihrem Unternehmen eingesetzt wird. Ich freue mich auch immer, die Entwicklung der Mentees und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit mitverfolgen zu können.

Welche Ratschläge würden Sie den Leserinnen geben, die einen Karriereschritt anstreben oder gerade hinter sich haben?

Ich empfehle vor allem, erfahrene Personen heranzuziehen, die bei Problemen unterstützen und die Eigenreflexion fördern. MentorInnen bieten auch eine Außenperspektive, und mit ihnen kann jeder Schritt auf dem Karriereweg besprochen und aufgrund reflektierter Entscheidungen getan werden.

Zur Person

Mag.a Doris Schulz leitet das Cross-Mentoring-Programm Oberösterreich seit 2015. Die Unternehmerin arbeitet als PR-Beraterin, Autorin und Medientrainerin und hat journalistische Berufserfahrung. Von 2009 bis 2020 hatte sie politische Mandate im Land und Bund inne. Ihre Schwerpunkte liegen in der Förderung von Frauen und in Nachhaltigkeitsprojekten.

Über das Cross-Mentoring-Programm Oberösterreich

Das Cross-Mentoring-Programm wurde vom Trägerverein „Frauen im Trend“ mit dem Ziel, Frauen in ihrer beruflichen Karriere zu unterstützen, 2002 initiiert und von Dr.in Gabriele Kössler, die seit 2017 als Schirmherrin zur Seite steht, entwickelt. Die Business Upper Austria GmbH, die Wirtschaftsagentur des Landes OÖ, ist seit 2006 Partner des Programmes.

 

 

Die Anmeldung ist bis 15.02.2022 möglich. Die Kosten betragen für Unternehmen (Mentee und MentorIn) € 3.440,00, für Einzelpersonen € 2.064,00.

Ein Informationsabend zum Cross-Mentoring-Programm findet am 1. Februar 2022 um 19 Uhr über Zoom statt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.crossmentoring.at

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  • Veröffentlicht: 29.01.2022
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