Krabbelkinder blicken auf das Buch, man klappt es auf, öffnet eine weitere Klappe, liest vor, klappt auf und zu. So verliebt man sich in Bücher und entdeckt, wie vielfältig Geschichten sind.
Kitzeln und Klappen
Das erste Tier, das die BetrachterInnen „Willst du mich kitzeln?“ frägt, ist eine Katze. Genauer gesagt handelt es sich dabei um eine prächtige, namenlose rote Katze. „Ich liebe es! Schnurr, schnurr, schnurr …“ Dann klappt man diesen „Zusatz“ wieder nach unten und hat abermals ein ganz traditionelles Pappbilderbuch vor sich. Man blättert um, trifft auf ein Eichhörnchen, das auch wieder zu einem spricht: „Du glaubst, ich mag gekitzelt werden?“ Nur jetzt keinen Fehler machen und die Seite lediglich umblättern. Nein, nicht! Das ist doch ein Bilder-Papp-Wunder-Buch aus dem Verlag Minedition und da muss man genau schauen, ob es nicht zusätzliche Schlitze oder Klappen gibt. Damit die Kinder Spaß haben! Damit das Ganze nicht fad wird, damit man als Mensch über drei Jahren noch voll bei der Sache bleiben kann. Richtig, man klappt nach oben und erfährt, das Tier will ganz und gar nicht gekitzelt werden. Sie haben jetzt die Vorgänge verstanden?
Munter umblättern und raufklappen, lesen und vorlesen und dazwischen die Kinder/das Kind so richtig kitzeln. Dann kommt man auf die letzte Pappseite: „Und ich?“, das fragt die Maus, die das Spiel jetzt umdreht, „Pass auf! Ich kitzle dich!“
Menschen, die Kindern vorlesen, kommen zur Ruhe, lassen sich aufs Hier und Jetzt ein. Sie zeigen bereits sehr jungen Kindern, dass ein Buch eine kleine Abenteuerreise bietet. Was mit der Katze begann und bei der Maus endete, machte auch noch beim Krokodil und dem Löwen Halt. Die Spannung steigt. Das darf sie auch, schließlich bietet das Buch genügend „Anker“, die die Frage wiederholen, immer wieder neue Antworten bieten und so VorleserInnen und BetrachterInnen durch die Seiten begleiten. Kinder ab drei Jahren freuen sich, die vielen Tiere bereits benennen zu können, sich die Reihenfolge zu merken und daran zu zweifeln, dass Fische wirklich darauf stehen, gekitzelt zu werden.
Was Sie versäumen, wenn Sie das Buch nicht lesen:
Spaß, Kinderlachen, Selberlachen, Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit in der Sprachförderung und der Förderung der Motorik – ja, das macht man, wenn man blättert und klappt. Schnell vergeht die Zeit, einmal geht’s noch, noch einmal von vorn. Keine Belehrung, viel Spaß und Nonsens und zurück auf Anfang.
Mies van Hout:
Die Künstlerin, Jahrgang 1962, studierte an der Kunstakademie von Groningen Grafikdesign, seit 1989 arbeitet sie als freischaffende Künstlerin, die regelmäßig Preise und Auszeichnungen erhält. Unaufgeregt, wie auch sonst? Vielleicht kennen Sie ihr Buch „Heute bin ich“: Hier spricht sie zu Ihnen als BetrachterInnen über Gefühle und zeigt, wie sich Fische fühlen.
Mies van Hout:
Bist du kitzelig?
Zürich: Minedition 2023.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at
Mehr Lesestoff von Christina Repolust erscheint regelmäßig in der „Welt der Frauen”, Rubrik Staunen & Genießen. Hier können Sie ein kostenloses Testabo bestellen.