Die Hebamme und Yogalehrerin Josefa Fasching hilft Babys in Österreich und Guinea auf die Welt. In einem der ärmsten Länder der Erde, in dem die Säuglingssterblichkeit hoch ist, hat sie auch das Krankenhausprojekt „Frouki: Für gesunde Mütter und gesunde Kinder“ gestartet. Weil ihr Helfen wichtiger ist als Konsum und Besitz.
Die zwei Koffer stehen schon bereit. Einer mit Verbandsmaterial, Desinfektionsmitteln, Blutzuckermessgerät, Nabelschnurklemmen, Pinzetten und Babykleidung und ein zweiter mit privaten Dingen: Yogamatte, Laufschuhen, Gewand, Lesestoff. In wenigen Tagen wird die Hebamme Josefa Fasching (50) in das Flugzeug nach Guinea steigen, wo sie die nächsten fünf Monate unentgeltlich arbeiten wird.
Noch ist es nicht so weit. Im Pfarrhof Waldhausen brüht Josefa Fasching Kaffee und stellt eine Schüssel mit Lebkuchen auf den Tisch. Das brünette Haar ist kurz geschnitten, sie trägt einen grauen Rollkragenpulli und dazu einen roten Rock. Wir sitzen im holzvertäfelten Esszimmer mit heimeligem Kachelofen. Ihr Onkel, Pfarrer Karl-Michael Wögerer, mit 75 Jahren immer noch in Amt und Würden, kommt kurz herein. „Es ist ein offenes Haus“, sagt Josefa Fasching. Im Pfarrhof bewohnt sie ein Zimmer. Das genügt. „Besitz belastet“, findet sie. Ein Auto hat sie allerdings, denn das braucht sie für ihre Arbeit. Sechs Monate im Jahr betreut sie im Mühlviertel Frauen und deren Kinder nach der Geburt, hält Yogakurse und sammelt Spenden für das Guinea-Hospital-Projekt „Frouki: Für gesunde Mütter und gesunde Kinder“, das sie vor knapp vier Jahren ins Leben gerufen hat. In der anderen Hälfte des Jahres ist sie in Westafrika und hilft, wo sie kann – und das weit über die Geburtshilfe hinaus.
VIELES IM AUFBAU
Das Echo auf den ersten Unterstützungsaufruf für „Frouki“, den sie auf die Homepage der Gemeinde und der Pfarre gestellt hatte, war gewaltig. Im Nu war die Garage des Pfarrhofs randvoll mit Betten, Matratzen, Babygewand. In zwei Containern wurden die gespendeten Sachen nach Westafrika verschifft und zum Kreiskrankenhaus Maferinyah gebracht, das in einem miserablen Zustand war: kaputte Matratzen, rostige Betten, ein desolates Dach, die Hygiene katastrophal. „Frauen haben dort unter menschenunwürdigen Umständen entbunden“, erzählt Josefa Fasching. Manche mussten ihr Kind auf dem Boden zur Welt bringen, wenn das Kreißzimmer besetzt war. Inzwischen ist das Dach saniert, die Betten wurden ausgetauscht, die Wände ausgemalt, eine Solaranlage wurde aufgestellt und ein Medikamentenkühlschrank angeschafft. Ein Abstellraum wurde zu einem zweiten Kreißzimmer umfunktioniert und mit einem modernen Entbindungsbett, einem Kinderbett und einer Babywaage ausgestattet. Auch die Außenstationen des Spitals auf der vorgelagerten Insel Fotoba sind mittlerweile renoviert.
Josefa Fasching kümmert sich aber nicht nur um die Geburten, sondern auch um die Wundversorgung, wenn sich jemand mit der Machete geschnitten hat, verabreicht Impfungen und erklärt die Medikamenteneinnahme. Da es in Guinea kein funktionierendes Gesundheitssystem gibt und jeder Arztbesuch und Krankenhausaufenthalt – mit Ausnahme bei Geburten – aus eigener Tasche bezahlt werden muss, sparen sich viele den Arzt und kaufen lieber bei einem Straßenhändler die Pillen, die sie – viele Menschen sind hier Analphabeten – dann in beliebiger Dosis schlucken. „Du bist weiß, du musst das wissen“, hört die Hebamme oft. Manchmal steht aber auch sie an, wenn zum Beispiel ein Abszess aufgeschnitten werden muss. Nur in einem der Spitäler gibt es einen Arzt. „Ich würde einen österreichischen Arzt sehr willkommen heißen, der sich vorstellen könnte, einen oder auch mehrere Monate vor Ort mitzuarbeiten“, sagt Fasching.
DIE UNGERECHTIGKEIT DES GEBURTSORTS
Manche Tage fühlen sich traurig und schwer an, etwa wenn Babys tot zur Welt kommen oder kurz nach der Geburt sterben. Dann ist Josefa Fasching wütend über die Ungerechtigkeit, die es auf dieser Welt gibt. Eine Welt, in der der Geburtsort darüber entscheidet, ob ein Baby leben darf oder sterben muss. Ob man in Sicherheit lebt oder Angst um sein Leben haben muss. Ob man im Überfluss zu essen und zu trinken hat oder nicht weiß, wie man satt werden soll. „Ich will den Schwächeren helfen, denen es nicht so gut geht“, beschreibt die Hebamme ihre Motivation, die wohl auch Ausdruck ihres Glaubens ist. Aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus mit fünf Geschwistern, hat sich ihr Glaubensverständnis durch ihre Yogaerfahrung und den Kontakt mit anderen spirituellen Lehren geweitet. Mit ihrem Onkel führt sie im Pfarrhof oft angeregte Diskussionen über Glaubensfragen. Dass sie manchmal anderer Meinung ist, nimmt er ihr nicht übel.
Josefa Faschings Leben spielt sich zwischen Waldhausen in Oberösterreich und Guinea in Westafrika ab. Sechs Monate im Jahr betreut die Hebamme im Mühlviertel Frauen und deren Kinder nach der Geburt und hält Yogakurse. Die zweite Hälfte des Jahres verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt nach Guinea, wo sie alles daran setzt, für Schwangere eine bessere Vorsorge und eine sichere Geburt zu ermöglichen.
Die Sanierung der Spitäler in Guinea ist mittlerweile abgeschlossen, nun geht es für Josefa Fasching darum, das Personal zu schulen und die Betreuung zu verbessern. Geldspenden für Medikamente und Verbandsmaterial werden dringend gebraucht.
Kontakt: [email protected]
Fotos: privat
Erschienen in „Welt der Frauen“ 03/19