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03/24

Wie lebt es sich als Schriftstellerin?

Wie lebt es sich als Schriftstellerin?

Wenn eine ehemalige Schulkollegin als Autorin Erfolg 
hat, ist das ein schöner Anlass für ein Wiedersehen und für Erzählungen aus dem Alltag einer Autorin.

Ich bin in Eferding mit Karin Peschka verabredet, denn ich möchte mehr über ihr Leben als Schreibende und über ihre Klagenfurter Erlebnisse erfahren. Noch während ich die Türklingel beim Eingang ins Haus der Peschkas drücke, kommt Karin mir entgegen. Das ehemalige Gasthaus der Eltern ist seit Jahren geschlossen, wurde 2016 aber von Karin und ihrer Schwester Ursula als „Eferdinger Gastzimmer“ wiederbelebt. Hier kann man nun moderne Räumlichkeiten für Veranstaltungen anmieten. Seit sie hauptberuflich schreibt, zieht es Karin Peschka immer wieder von Wien in ihre alte Heimat. „Die Eferdinger sind freundliche Leute, viele kennen mich von früher als ‚die Wirtstochter‘ und freuen sich jetzt mit mir“, schildert sie, dass sie vor allem rund um die Lesung in Klagenfurt viel Zuspruch bekommen hat.

MURMELN, SCHREIBEN, LESEN
Klagenfurt also. Peschka las dort die Erzählung „Wiener Kindl“ und führte die ZuhörerInnen damit imaginär in ein Wien, das nach einer Katastrophe völlig zerstört ist. Kaum jemand hat überlebt. Das Kindl schlägt sich alleine durch, seine einzigen Gefährten sind Hunde. Es ist ein verstörendes Thema, dessen Düsterheit ­Peschka mit Brüchen im Text, etwa wenn Satzteile fehlen oder die Grammatik aufgehoben wird, noch verstärkt. „Ich habe in meinen Texten den Hang zum Dunklen, mich interessieren Grenzerfahrungen“, sagt sie.

Wie geht Peschka an den Schreibprozess heran? „Meist ist plötzlich ein inneres Bild da, das sich in Worte übersetzt. Das Schreiben selbst ist oft schwallartig. Ich schreibe und mache mich dann an die Arbeit am Text. Ich mag das gern“, erzählt sie von ihrer Arbeit. Jedes Wort, jeden Satz, jeden Absatz lese sie laut und horche. In letzter Zeit falle ihr auf, dass sie im Gehen manchmal zu murmeln beginne. „Mir fällt ein Satz ein, den möchte ich gleich hören und spüren, wie er sich anfühlt.“ Eine murmelnde Schriftstellerin also, die sich im Gehen laufend Notizen macht. Karin Peschka lacht über dieses Bild und relativiert es: „Den Stress habe ich nicht mehr, mir alles aufschreiben zu müssen. Die Sätze kommen wieder, wenn ich sie brauche“, meint sie in ihrer ruhigen, bedachten Art. Ruhig und bedacht erlebte ich sie damals auch in der Schule, sie war wohl eher die Beobachtende. Von mir selbst habe ich da ein deutlich aufgeregteres Bild als Zehnjährige. Es scheint jedenfalls, als seien Karin diese Eigenschaften auch im Jahr 2017, bei ihrer Lesung in Klagenfurt, zugutegekommen.

FREIHEIT DER INTERPRETATION
Wie ist das nun, wenn der eigene Text von ExpertInnen einer Jury durchleuchtet oder gar auseinandergenommen wird? Beim „Wiener Kindl“ etwa – die Erzählung ist Teil des Buches „Autolyse Wien“ – lieferte die Formulierung „Der Hund erleichtert sich“ Potenzial für ausführliche Kommentare, der Titel selbst eröffnete Interpretationsspielraum. „Ich habe in Ruhe zugehört. Ich zweifle jedenfalls nicht an der Verwendung meiner Begriffe. Manches, was ich da von der Jury gehört habe, hat mich ein wenig ratlos gemacht. Aber die Freiheit der Interpretation halte ich hoch, sie ist mir sehr wichtig“, kommentiert Peschka die Inszenierung beim Bachmannpreis.

Die Lesung selbst habe sie sehr genossen. „Ich war konzentriert, fand gut in meinen Text hinein. Das Besondere in Klagenfurt ist, dass die Texte ans Publikum verteilt werden. Viele lesen dann mit. Das Geräusch des gemeinsamen Umblätterns hatte etwas Magisches.“ Lesen Sie weiter in der Printausgabe.

Auf ein Gespräch mit Karin Peschka

Karin Peschka (50) ist mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin. Zuletzt war sie beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2017 erfolgreich, dort gewann sie den Publikumspreis und das StadtschreiberInnen-Stipendium. Dieses Klagenfurt-Spektakel verfolgte ich mit großer Spannung: Denn mit Karin Peschka verbinden mich gemeinsame Volksschuljahre in Eferding. Danach ist unser Kontakt abgebrochen, jede ist ihrer Wege gegangen. Nebenher hörte ich, dass es sie nach Wien verschlagen habe, dass unsere Söhne im gleichen Alter seien – und dass sie schreibe. Mit ihren ersten Buchveröffentlichungen – „Der Watschenmann“ 2015 und „FanniPold“ 2016 – konkretisierte sich das für mich: Und wie sie schreibt! Einige Wochen nach dem Bachmannpreis und kurz nach Erscheinen ihres dritten Buches „Autolyse Wien. Erzählungen vom Ende“ treffe ich Karin Peschka zufällig in Eferding. Schnell kommen wir ins Gespräch über unsere Lebenswege, allzu viel Zeit haben wir aber nicht. Mitte Oktober bin ich erneut in Eferding und klingle beim Gasthaus Peschka in der Schmiedstraße. Diesmal sind wir verabredet…

Mehr dazu finden Sie in der Printausgabe.

Erschienen in „Welt der Frau“ 12/17

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  • Veröffentlicht: 15.12.2017
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