Die Wechseljahre sind eine Tatsache im Leben jeder Frau, die Begleiterscheinungen sind manchmal anstrengend, der Umgang damit oft zwiespältig. Man muss sie sich nicht schönreden, braucht aber keinesfalls in Endzeitstimmung zu verfallen. Ernährung, Sport, alternative und klassische Medizin: Man kann einiges tun, um gut durch diese Zeit zu kommen.
Wechseljahre: „Meine Güte ist mir heiß!“
Ein Vortragsabend zum Thema „Wechseljahre“. Eine Reihe von Frauen hat bereits Platz genommen, die Fenster sind offen, es ist ja doch recht heiß im Raum. Die Vortragende legt mit einer erfrischenden Botschaft los: „Meine Damen, ich verrate Ihnen gleich zum Einstieg das absolut sicher wirkende Mittel gegen Hitzewallungen.“ Erwartungsvolles Scharren in den Sesselreihen, viele zücken ihre Stifte. Noch eine kurze, bedeutungsvolle Pause, und die Referentin setzt fort. „Schaffen Sie sich einen Fächer an und benutzen Sie ihn auch!“
Nach kurzer Ratlosigkeit gewinnt dann doch die Heiterkeit bei den Zuhörerinnen. „Ja, es braucht Mut, auch mitten im Dezember in aller Öffentlichkeit den Fächer auszupacken, um sich Abkühlung zu verschaffen. Aber genau das gehört auch zur Zeit des Wechsels: mutig sein, zu sich stehen und die sein, die man ist“, gibt die Vortragende – Karin Grössing, sie ist Wechseljahreberaterin – den Zuhörerinnen mit auf den Weg.
Wechseljahre: Das passiert im Körper
Schlafstörungen, Hitzewallungen, Gereiztheit, Müdigkeit, Schwindelanfälle, mangelnde Konzentration, Libidoverlust, Migräne, Gelenkbeschwerden, Gewichtszunahme: In den Wechseljahren, fachlich korrekt Klimakterium genannt, ruft der Körper die Parole „Wir bauen um“ aus, bereitet den hormonellen Rückgang vor und wirbelt damit ordentlich Staub auf.
Prämenopause: Wann treten die Wechseljahre ein?
Woran jede Frau sich da gemeinsam mit ihrem Körper abarbeitet, ist ein überaus komplexes Workout. In den Wechseljahren sinkt der Hormonspiegel, denn die Eierstöcke produzieren weniger Östrogen und Progesteron. Östrogen ist grundsätzlich wichtig für die Fruchtbarkeit und Geschlechtsentwicklung der Frau, Progesteron bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vor.
Bleibt diese aus, fällt die Konzentration des Progesterons und auch des Östrogens wieder ab, es kommt in den „fruchtbaren“ Lebensjahren zur Regelblutung. Mit Beginn der Wechseljahre verringern die Eierstöcke allmählich ihre Hormonproduktion, die Folge sind hormonelle Schwankungen. Diese Zeit wird Prämenopause genannt.
Wann sind die Wechseljahre beendet?
Die Menopause tritt ein, wenn die Eierstöcke aufhören, Hormone zu produzieren, wodurch auch keine Eizellen mehr heranreifen können, und die Menstruation bleibt endgültig aus. Im Schnitt können die Wechseljahre zwischen zehn und 15 Jahre dauern und im Alter von 40 Jahren beginnen.
Vielen Frauen, wohlgemerkt nicht allen, macht all das beträchtlich zu schaffen: Die dauernde Schlaflosigkeit mindert die Leistungsfähigkeit in der Arbeit, die Gereiztheit versetzt die Familie in Alarmbereitschaft, die immer im ungünstigsten Moment auftretenden Schweißausbrüche lassen einen an der eigenen Gesellschaftsfähigkeit zweifeln. „Der Körper hat in dieser Zeit sehr vieles zu bewältigen. Aber keine Sorge, das stabilisiert sich alles wieder“, beruhigt Wechseljahreberaterin Grössing.
Wechselbeschwerden – was hilft?
Wie sich zeigt, sind die Mittel und Wege, die Frauen dabei helfen, wieder munterer, ausgeglichener und fitter zu werden, vielfältig. „Der Körper verändert sich, aber auch das Innenleben. Auf den Körper bezogen sollte man achten, weniger oder bewusster zu essen, da sonst die Kilos nur so hinaufgehen.
Ganz wichtig sind Bewegung an der frischen Luft und auch das Erlernen von Entspannungstechniken, zum Beispiel Yoga“, sagt Anna Brucker (60), Frauenärztin im oberösterreichischen Eferding, spezialisiert auch auf Akupunktur und orthomolekulare Medizin, eine alternativmedizinische Methode, die auf hochdosierter Verwendung von Vitaminen und Mineralstoffen basiert.
Wann rät sie einer Patientin dazu, gegen Wechselbeschwerden aktiv zu werden? „Wenn für die Frau die Situation belastend ist, wenn ihr Lebensgefühl nicht mehr passt, wenn sie im Beruf großen Anforderungen ausgesetzt ist, denen sie durch die Beschwerden nicht mehr nachkommen kann, dann rate ich, etwas gegen die Wechselbeschwerden zu unternehmen.“ Ein Blutbild und eine Hormonanalyse seien laut Brucker aber nur dann notwendig, wenn die Situation nicht klar sei – wenn die Frau also zum Beispiel zu jung oder zu alt ist für Beschwerden, die denen des Wechsels ähneln. „Dann könnte auch eine Schilddrüsenfunktionsstörung Auslöser dafür sein.“
Alternative Medizin: Gibt es Hilfe aus der Natur-Apotheke?
Welche Kräuter und Pflanzen unterstützen Frauen schon vor dem Beginn der Wechseljahre?
Anda Dinhopl: Hopfen, Baldrian, Eleutherococcus und Passionsblume stärken die Nerven. Melisse, Orangenblüte, Lavendel und Hopfen fördern den Schlaf. Angelika, Mariendistelsamen, Kurkuma, Fenchel, Leinsamen, Trinkmoor und Leinöl unterstützen die Verdauung. Frauenmantel, Schafgarbe, Rose, Himbeerblätter und Gewürznelke stärken die weiblichen Organe.
Was empfehlen Sie „wechselnden“ Frauen als „Erste Hilfe“ aus der Naturapotheke?
Das erste Symptom, an das man bei Wechsel denkt, sind Hitzewallungen. Ich habe gute Erfahrungen mit Salbei, eventuell kombiniert mit Rose als spagyrische Essenzen, das wirkt meist ziemlich rasch. Sonst würde ich aber nichts als „Erste Hilfe“ bezeichnen, da man sich bei natürlichen Mitteln fast immer auf einen längeren Prozess einlässt.
Kann Hormon-Yoga bei Wechselbeschwerden helfen?
Hormon-Yoga ist eine Form des Yoga, das Elemente aus dem Hatha-Yoga und dem Kundalini-Yoga mit tibetischen Energieübungen kombiniert. Hormonyoga-Übungen wirken direkt auf die weiblichen hormonerzeugenden Drüsen und Organe, wie Eierstöcke und Schilddrüse.
Diese Wirkung wird durch Atemübungen und anschließende Energielenkung zu den Hormondrüsen verstärkt. Entwickelt wurde diese „Spezialform“ des Yoga von der brasilianischen Philosophin, Psychologin und Yogatherapeutin Dinah Rodrigues (89).
Risiken von Hormon-Yoga
Hormon-Yoga-PraktikerInnen weisen allerdings darauf hin, dass bei Brustkrebs beziehungsweise Krebserkrankungen mit hormonell bedingtem Ursprung, bei schwerer Endometriose, bei starker Osteoporose, schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Depressionen von Hormon-Yoga abgesehen werden sollte.
Positive Wirkung von Hormon-Yoga
Die positive Wirkung von Hormon-Yoga gegen hormonelles Ungleichgewicht hat Dinah Rodrigues 1993 anhand einer von ihr durchgeführten Untersuchung dargestellt: Demnach kann der Hormonspiegel mit regelmäßig praktiziertem Hormonyoga um bis zu 200 Prozent angehoben werden. Teile der Studie und Fallbeispiele dazu kann man in Rodrigues’ Buch „Hormon-Yoga“ nachlesen. Was diese Wirkung betrifft, melden sich natürlich nicht nur die Fans, sondern auch die SkeptikerInnen zu Wort.
„Es ist gut, eine mündige Patientin zu sein!“
Wechseljahreberaterin Karin Grössing ermutigt Frauen, beim Arztbesuch genau nachzufragen und den Wechsel auch als Chance zu sehen, sich selbst endlich kennenzulernen.
Gibt es einen klassischen Trugschluss zum Thema „Wechseljahre“, den wir hier gleich aufklären können?
Karin Grössing: Ja, den gibt es: Man kann die Wechseljahre nicht einfach auf hormonelle Umstellungen reduzieren, sie haben schlicht und einfach auch mit dem normal fortschreitenden Alter zu tun. Dieses Wissen, dass wir uns altersgemäß auf jeden Fall verändern, ist wichtig.
Sind Sie in Ihren Beratungen mit den „klassischen“ Symptomen wie Wallungen und Schlafmangel konfrontiert?
Ja, so kann man das sagen. Viele Frauen erzählen aber auch davon, dass sich darüber hinaus so vieles verändert, mit dem sie nicht klarkommen. Eine Frau sagte kürzlich zu mir: „Ich habe das Gefühl, ich kann mich auf mich selbst nicht mehr verlassen.“
Muss man sich im Wechsel von Perfektion und Schönheit verabschieden?
Ein wichtiger Faktor beim Umgang mit dem Wechsel ist meiner Meinung nach tatsächlich das Thema „Schönheit“ und die damit verbundenen Klischees. Ich ermutige Frauen, sich an ihrer Schönheit ganz bewusst zu erfreuen, und zwar endlich einmal abseits der Klischees aus Werbung und Leistungsgesellschaft. Die rein rationale Auseinandersetzung mit den Wechseljahren sehe ich kritisch. Wenn sich eine Frau auch emotional einlässt, dann lernt sie sich selbst wirklich kennen und spürt auch eher, was ihr guttut.
Die ultimative Frage scheint immer zu sein: Schulmedizin oder alternative Methoden, was hilft mehr? Was antworten Sie darauf?
Eines gleich vorweg: Frauen haben oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich für eine Hormontherapie entscheiden. Das sollte so nicht sein, denn jede Frau muss vorbehaltlos das Recht haben, ihren individuellen Weg zu gehen. Ich verurteile die Hormontherapie also nicht, für manche Frauen kann das ein guter Weg sein. Von Pflanzen hergeleitete Hormone sind ebenfalls eine Möglichkeit mit nachweislich guten Erfolgen. Man sollte von seinem Arzt oder seiner Ärztin jedenfalls erwarten können, dass man über alle Möglichkeiten informiert wird.
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