Wenn man einfach keine Nachrichten mehr über ein gewisses Virus hören kann und selbst der Beruhigungstee versagt, hilft nur noch Hüpfen.
Ich setze mich in den gemütlichen Korbsessel auf dem Balkon und nehme meine Gitarre mit. Sie ist schlecht gestimmt, deshalb muss ich wieder hinein und das Stimmgerät holen. So. Jetzt kann es losgehen. Doch wo ist mein Publikum? Suchend schaue ich in die Luft. Blauer Himmel hier, blauer Himmel da. Dazwischen der dicht bewaldete Stadtberg, auf dem sogar ein paar Gämsen leben. Ich höre es summen! Da kommt sie. Nein, keine Gämse, sondern meine kleine Zuhörerin in ihrem gelb-schwarz gestreiften Abendkleid. Die Biene setzt sich auf das Balkongeländer und guckt erwartungsvoll. Zumindest denke ich das. Warum wäre sie sonst gekommen? Freundinnen hat sie keine mitgebracht, wie ich etwas enttäuscht bemerke. Ein Gratiskonzert lässt man sich doch nicht entgehen! Egal. Ich spiele los, zuerst zögerlich, dann komme ich immer mehr in Fahrt. Die Finger fliegen wie von selbst über die Saiten, es klingt meisterhaft. Verdammt, jetzt doch ein falscher Ton. Die Gitarre verstummt. „Hast wohl doch noch zu wenig geübt“, meint die Biene frech. „Als Konzertgitarristin taugst du nicht unbedingt.“ Furchtbar empört ob dieser haltlosen Behauptung verscheuche ich das Biest. Insgeheim weiß ich, sie hat recht. Rockstar werde ich wohl keiner mehr.
Ich lege das Instrument beiseite. Das Radio tut’s auch. Während es aus den Lautsprechern dudelt, braue ich mir einen Beruhigungstee und setze mich auf die Couch. Dann bringen sie in den Nachrichten etwas über das böse Wort mit C. Ich nippe an meinem Tee. Schmeckt irgendwie komisch. Vielleicht liegt es an den Nachrichten. Ich schalte das Radio aus und versuche es mit Fernsehen. Schon wieder geht es nur um das böse Wort mit C. Entnervt drücke ich den Ausschaltknopf und schaue grimmig in meine Teetasse. Heute scheinen die Kräuter irgendwie nicht zu wirken. Vielleicht hilft etwas Rum? Leider habe ich keinen Rum da.
Ich trinke aus, gehe wieder auf den Balkon und lehne mich ans Geländer. Und schaue. Aber nicht weit, denn der Stadtberg verstellt mir die Sicht in die Ferne. Der Berg ist wie die Krise, denke ich. Ein Hindernis, hinter das wir nur schwer blicken können. Auf der anderen Seite liegt die Zukunft, verborgen und ungewiss. Doch wenn wir nicht aufhören uns in alle Richtungen zu strecken, in die Luft zu hüpfen oder sonst etwas anzustellen, um einen Blick zu erhaschen, finden wir irgendwann einen Weg. Entweder darum herum, darüber oder mitten hindurch. Dieser Gedanke beruhigt mich sehr. Vielleicht wirkt auch nur der Tee endlich.
Lisa-Maria Langhofer
lässt sich gerne inspirieren von guten Büchern, schlechten Filmen (manchmal auch umgekehrt), den Menschen, der Natur und dem Regen & denkt vor dem Einschlafen noch gerne an drei gute Dinge, die heute passiert sind.
Foto: privat