Es wirkt womöglich tantig und uncool, aber ich bekenne freimütig: Wenn’s Blumensträußchen-Pflückerin als Berufsbild gäbe, hätte ich diesen Karriereweg zweifellos beschritten.
Ich springe bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Wald & Wiese und Feld & Garten, um mein nächstes Blumensträußchen zu winden. Es gibt auch kaum einen Spaziergang (und ich bin eine große Spaziergängerin!), von dem ich ohne neues Sträußchen heimkehre. Begleitet mich mein Mann, jault er jedes Mal auf, wenn ich vom Weg abkomme, weil mich im Unterholz eine Blüte angelacht hat: „Nein, bitte! Nicht schon wieder ein Sträußchen!“ Ich ersuche ihn dann, vorauszugehen. Das Sträußchenpflücken kann beiläufig passieren, aber es verträgt keine Eile. Es will mit Bedacht getan werden. Blüten- und Blatt-Kombinationsüberlegungen gehören ebenso dazu wie die grundsätzliche Frage, ob es ein Groß-, ein Klein- oder ein Mini-Sträußchen werden soll und ob es in meinem eindrucksvollen Vasen-Repertoire zuhause eine Vase gibt, die optimal zum entstehenden Sträußchen passt.
Die eigentliche Herausforderung aber ist, mit dem, was in der jeweiligen Jahreszeit an Pflückbarem vorhanden ist, ein ansehnliches Sträußchen zusammenzubringen. Ich pflücke nämlich auch im Winter. Das macht für mich keinen Unterschied. Die sportliche Herausforderung ist nur größer, aber ich nehme sie stets an und scheitere selten. Im Frühling bringt jeder ein schönes Sträußchen zusammen. Dem Spätherbst sind nur Profi-Sträußchensammler*innen gewachsen.
Aber jetzt ist ohnehin Frühling und damit beginnende Sträußchen-Hochsaison. Mir ist sehr bewusst, dass ich in Corona-Zeiten, weil ich eben anders als viele andere die Möglichkeit habe, in Garten und Wald auszuschwärmen, meine Sträußchen nicht nur für mich, sondern sozusagen auch stellvertretend für andere pflücke.
Deshalb anbei zwei Sträußchen – als Gruß & kleines Geschenk, als Lichtblick und Aufmunterung oder einfach als etwas Schönes zum Anschauen; alles übrigens aus dem Garten und Wald, die zu dem Haus gehören, in dem wir wohnen:
Sträußchen eins (oben):
- Schneerosen (Helleborus niger): schon spätfrühlingshaft grün und rot verfärbt und mit Samenständen statt Staubblättern in den Blütenmitten)
- Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides)
- Rosa Blüten vom rotblättrigen Kriecherlbaum/Blutpflaume vorm Haus (Prunus cerasifera)
Sträußchen zwei (rechts):
- Hohe Himmelschlüssel (Primula eliator)
- Hänsel und Gretel/Echtes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
- Weiße Blüten vom gelbfrüchtigen Kriecherlbaum vorm Haus (Prunus cerasifera)
Julia Kospach
lässt sich gerne inspirieren von allem, was da wächst & blüht und kreucht & fleucht, und natürlich immer von Büchern, Büchern, Büchern & denkt vor dem Einschlafen gern an das Morgenlicht-Leuchten des nächsten Tages.
Foto: Rita Newman