Es wurde zurückgeblickt an diesem Abend: auf die letzten 100 Jahre, auf Ikonen der Frauenbewegung – wie die in Baden geborene Marianne Hainisch, auf Erkämpftes und Erreichtes. Und vorausgeschaut: auf junge, engagierte Frauen, die hoffen lassen, dass die Kämpfe unserer Ahninnen nicht umsonst waren.
Es war vor genau 100 Jahren, im Februar 1919, als Frauen zum ersten Mal wählen und gewählt werden durften. Gabriella Hauch, Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Wien und Expertin für Genderforschung (ein, wie sie betonte, Forschungsgebiet, das in unserem Nachbarland Ungarn erst jüngst verboten wurde) gab einen kurzweiligen und spannenden Einblick, in welcher Situation sich die Frauen damals befanden. Dass die Frauen etwa ihr lang erkämpftes Kreuzerl auf einem andersfärbigen Papier machten als die Männer und man deshalb so genau sagen kann, wie Frauen damals wählten. Dass diejenigen, die gewählt wurden, unsere ersten acht Parlamentarierinnen, allein schon optisch in dieser Männerwelt als Exotinnen auffielen. Dass Frauen damals als unpolitisches Geschlecht galten. Und dass wir zwar 100 Jahre Frauenwahlrecht feiern, aber keineswegs 100 Jahre Kontinuität: zu Zeiten des Nationalsozialismus etwa wurden alle bis dahin erkämpfte Errungenschaften ausgelöscht. Und es dauerte bis In die 1970er Jahre, dass die Zahl der Frauen im Parlament langsam anstieg: auf bescheidene 14.
Im Lauf des Abends kamen die Podiumsgästinnen immer wieder auf eine Ikone der Frauenbewegung zu sprechen: Marianne Hainisch. Nicht zuletzt, weil sie in Baden geboren worden war, wo sich an diesem Abend im Casineum rund 250 Frauen zu diesem festlichen Abend eingefunden hatten. Marianne Hainisch setzte sich Zeit ihres langen Lebens (1839 – 1936) für die Rechte der Frauen ein, forderte Gymnasien für Mädchen, die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium und gründete die Österreichische Frauenpartei. Und sie gab ihr Interesse für Politik wohl weiter: Ihr Sohn Michael war von 1920 bis 1928 Bundespräsident der Republik Österreich.
Marianne Hainisch war – aus Zufall, wie sie berichtete – das Diplomarbeitsthema von Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister. Vor rund einem Jahr wagte die ehemalige ORF-Journalistin den Sprung in die Landespolitik und hat es seither keinen Tag bereut. Sie möchte Frauen dazu motivieren, es ihr gleich zu tun, es auszuprobieren, es zu wagen – zu tun. Frauen würden sich immer noch als zu wenig qualifiziert, zu wenig ausgebildet, zu wenig geeignet empfinden. Frauen sollten keine Angst davor haben, auch einmal einen Fehler zu machen und einfach tun.
Einfach tun, das war das Stichwort für drei Niederösterreicherinnen, die von ihrem politischen Engagement berichteten. Darunter Lisa Maria Kranewitter, Gemeinderätin in Perchtoldsdorf, die seit ihrem 15. Lebensjahr politisch aktiv ist und im vergangenen Jahr Mentee im Politik-Mentoring-Programm des Landes NÖ war. Mitzugestalten, Veränderungen mitzuerleben und mit den Menschen zusammenzuarbeiten, das treibt die junge Frau an. Ihre Mentorin, Heidi Glück, forderte Frauen auf, sich klar zu deklarieren und sich nach vorne zu stellen, nicht heben oder hinter die oft selbstbewussteren Männer. Und Auch Petra Skala, die 14 Jahre lang Vizebürgermeisterin von Brunn am Gebirge war, ruft zu mehr Mut für politisches Engagement auf: Den Schritt machen, es ausprobieren, man kann nur gewinnen.
Ein Abend, der stimmungsvoll von Sängerin Tini Kainrath umrahmt wurde, die mit großer Stimme große Emotionen weckte. Und eine Wohltat, in vielerlei Hinsicht: sich zu vernetzen, sich auszutauschen, Neues zu erfahren, Perspektiven für die Zukunft zu bekommen und gestärkt in den Alltag zurückzukehren.
Nachbericht der Veranstaltung „100 Jahre Frauenwahlrecht“ am 20. Februar 2019 in Baden
In meinem Job gibt es Dinge, die man immer wieder machen muss und die sich abnutzen. Diese Veranstaltungsreihe hat mir jedes Mal aufs Neue Spaß gemacht. Die Vorträge waren immer anders, die Personen waren immer spannend. Es ist sehr schade, dass es schon vorbei ist. Es hat richtig gutgetan.
Christiane Teschl-Hofmeister, Landesrätin
Diese Veranstaltung macht Frauen sichtbar, die etwas tun, die selbstbewusst auf der Bühne stehen und über das sprechen, was sie leisten. Das ist ein Vorbild für viele Frauen, die sich denken: wenn die das macht, dann traue ich mich auch.
Elisabeth Cinatl, Geschäftsleitung Verein Wendepunkt
An einem Abend wie diesem geht es um Vernetzen, Inspirieren, Aufmerksam machen auf das, was in den letzten 100 Jahren passiert ist. Die Möglichkeit, sich über Generationen hinweg auszutauschen ist sehr, sehr wertvoll. Man kann von jüngeren und älteren lernen.
Lisa Maria Kranebitter, Gemeinderätin Perchtoldsdorf
Ich glaub so eine Veranstaltung kann das Bewusstsein schärfen, dass Frauen den Mut haben sollen und können, in die Politik zu gehen und sich zu engagieren. Der Hang zum Perfektionismus und das Sich-Hinterfragen hält viele Frauen zurück. Es fehlt oft das Selbstbewusstsein, zu sagen: ich kann das. Ich mach das.
Petra Skala, Hypo NÖ
Wir haben eine absolute Budgetreduktion des Frauenministeriums, wir merken nichts von einem Kampfgeist der Frauenministerin gegen diese Kürzungen und ich glaube in einer solchen Situation ist es wichtig, dass Frauen sich zusammensetzen, über ihre Geschichte hören, sich gegenseitig Mut machen, miteinander netzwerken, es sich gut gehen lassen. Das alles gehört zum sogenannten Empowerment dazu.
Gabriella Hauch, Professorin für Zeitgeschichte
Diese Veranstaltung zeigt, dass Frauen auf die Bühne gehören, dass sie durchaus den ersten Schritt machen sollen und dürfen, dass sie nicht nur Aufputz und Dekor sind. Es ist wichtig zu zeigen, wie viel Engagement Frauen mitbringen – auf eine andere Art und Weise als Männer das tun würden.
Verena Sonnleitner, Bezirkshauptfrau Baden
Ich nehme von diesem Abend die Erkenntnis mit, dass wir Frauen viel können, aber zu lange überlegen. Bin ich kompetent? Kann ich es? Männer gehen da ganz anders an die Dinge heran. Wir müssen uns einfach mehr zutrauen.
Alexandra Klettenhofer, Baden
Es war wichtig, in der Geschichte mutige Frauen zu haben, die schöne und inspirierende Biografien hinterlassen haben, von denen wir lernen können. Darauf sollten wir uns natürlich nicht ausruhen. Aber der heutige Abend macht Hoffnung, dass das ohnehin nicht der Fall ist.
Gudrun Novak, Baden
Heute Abend klingt für mich überall durch, dass es engagierte und mutige Frauen gibt, die den Willen haben, sich einzusetzen. Und sie machen das mit einer Leidenschaft und mit Spaß. Es ist keine Bürde, sondern sie machen es, weil sie Freude daran haben und etwas bewegen können. Das ist sehr ermutigend.
Heidi Glück, Kommunikationsexpertin und Mentorin
Es ist so eine Bereicherung, diese Vielfalt von mutigen und engagierten Frauen zu erleben. Viele sind zu mir gekommen, haben das Gespräch gesucht, einige haben mich angesprochen, die beitreten wollen, die etwas tun wollen, die sich einbringen wollen. Das ist total schön.
Anna Rosenberger, Katholische Frauenbewegung, Diözese St. Pölten