Montauk, der Ort einer großen Liebe, das weiß man, wenn man Max Frisch folgt. Der vorliegende Roman bietet ebenfalls Dramatik, lässt den LeserInnen Pausen, den AkteurInnen dieser Geschichte Raum für Entwicklungen. Tess Harding ist eine toughe Frau, sie entwirft Schuhe, ist ehrgeizig und fleißig. Manchmal arbeitet sie in der Nacht: Im Atelier ist es dann ruhig, der Druck lässt nach und eigentlich fragt sich Tess manchmal, ob ihr Daheim noch ein wirkliches Daheim für sie ist. Doch, ihr Mann Adam kümmert sich gut um Robbie, den gemeinsamen Sohn, der gehörlos ist. Aber sonst?
Mancher Morgen verkleidet sich als „normaler Tagesbeginn“, lässt die Menschen im Ungewissen, vertrauensvoll zanken sie morgens ein wenig, necken sich, kippen Milch über Cornflakes. Robbie, der Tuba spielt und den schweren Tuba-Koffer nicht schleppen will, überredet Adam schließlich, ihn in die Schule zu begleiten. Dann plötzlich ist alles anders: Adam erschossen, Robbie traumatisiert, Tess verstört, gut, dass es Nia, die Freundin der Familie gibt.
Erfahrene LeserInnen ahnen es schon, jetzt kommt eine weitere Enttäuschung auf die Witwe zu. Glücklicherweise gibt es Onkel Ike auf Montauk, zu dem Robbie und Tess ziehen, Robbie höchst unwillig. Aber seit der Meeresbiologe Kip zu ihrem Alltag gehört, verändert sich Robbie, er wird offener, unterstützt Kip bei seinen Recherchen nach einem besonderen Wal. Ankommen am Meer, verändert Mutter und Sohn, lässt sie kreativer, aber auch verletzlicher werden. Mit einem klaren Blick auf ihr früheres Leben kehrt Tess nach New York zurück, sieht die Platin-Schallplatte, die ihr verstorbener Mann erhielt, damals, als seine Karriere gut lief. Hat sie den Knick seiner Karriere überhaupt realisiert? Will sie Nia wirklich treffen?
„Ich bin jemand. Sie wiederholte es in ihrem Kopf wie ein Mantra. Sie war nicht bloß eine einsame gealterte Ehefrau, die betrogen und belogen worden war. Sie war mehr als die Frau eines Mannes, der Frau eines Mannes, der fremdgegangen war. Die nicht hatte sehen wollen, dass ihre Ehe am Ende war. Nicht nur eine Frau, der die beste Freundin das Herz gebrochen hatte. (S. 325)“
Ich bin jemand. Sie wiederholte es in ihrem Kopf wie ein Mantra. Sie war nicht bloß eine einsame gealterte Ehefrau, die betrogen und belogen worden war. Sie war mehr als die Frau eines Mannes, der Frau eines Mannes, der fremdgegangen war. Die nicht hatte sehen wollen, dass ihre Ehe am Ende war. Nicht nur eine Frau, der die beste Freundin das Herz gebrochen hatte. (S. 325
Barbara J. Zitwer:
Als das Meer uns gehörte.
Roman.
Aus dem Amerikanischen von Yasemin Dincer.
Berlin: rütten & loening 2017.