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04-05/24

Mein musikalischer Zufallsgenerator

Mein musikalischer Zufallsgenerator

Um ehrlich zu sein, merke ich mir Liedtexte nur schwer. Aber ich kenne doch viele Einzelzeilen. Wenn ich sie zusammenbastle, kommt ein ganz schön passables Schlaflied heraus.

Es gibt Spiele, die spielt man am besten im Bett. Traummemory zum Beispiel. Oder Tagerträumen. Kürzesturlaub. Picknick-trotz-Regen. Zehenkasperltheater. Andere Spiele gibt es, die spiele ich normalerweise nur im Auto: Nummerntafelrechenspiele. Gesprächsfetzenfangen. Lächelansteckung. Ortskürzelraten. Mein liebstes Autospiel heißt: Zufallsgenerator. Und es macht mir so viel Spaß, dass ich es heute (vielleicht auch, weil ich derzeit wenig mit dem Auto fahre und zu selten zum Spiel mit dem Zufall komme) unbedingt auf seine Bett-Tauglichkeit überprüfen muss.

Das Spiel – in seiner Auto-Variante – geht so: Ich drehe das Radio auf und höre auf den Text einer Liedzeile. Dann schalte ich schnell auf einen anderen Sender. Wenn es nicht gerade punkt irgendwas ist, höre ich auch da ein Lied. Sein Text setzt den Zufalls-Liedtext fort. Ein dritter Sender schenkt mir die dritte Zeile Text, die vierte Zeile stammt vielleicht aus einer Infosendung von Ö1, die fünfte aus einem kitschigen Regional-Refrain und die sechste aus dem nächsten Hit auf Ö3. Es ist immer wieder erstaunlich und lustig, welche Zufallsgedichte sich da zusammenbasteln – und welche Geschichten mein Hirn zu den Textpuzzles assoziiert.

Im und neben meinem Bett habe ich kein Radio mit Senderknöpfen. Aber trotzdem Lust auf ein Textmosaik. Hier meine Idee: Ich pflücke mir die Zeilen aus meiner Erinnerung. Da gibt es doch jede Menge Zeilen, die aus Lieblingsliedern stammen. Ehrlich gesagt, merke ich mir pro Lieblingslied meistens ohnehin nur ein, zwei Zeilen Text. Aus diesen Schnipseln will ich mir heute mein Gutenachtlied basteln. Ton ab, es geht los.

In meiner Mitte, da, wo ich bei mir bin, war ich das dritte Kind einer Schneiderin, friedlich wie ein kleines Tier, das einen Tag lang emsig war. She still gets shaky, but not too often. „Wann sind wir endlich da?“, war deine Lieblingsfrage. I’ll show you how this life became a miracle to me. Und es gibt Tage voller Lachen, aus nichts als Kinderseligkeit … und wenn sein Traum die Wahrheit trifft, noch lachen kann, wenn auch zu laut. Can you still be gentle, when you’re stuck in traffic? When my job’s done, you’ll be the one who knows. Du vergisst Befehle, eh’ sie jemand sagt. Heut stell ich nur die richtigen Fragen. Vor lauter Reden, Lachen, Schweigen, vergaßen wir einzusteigen. Komm, mein Lieb, wir lassen uns den Fluss hinuntertreiben. Auch der Tod ist ein Projekt, das uns Freundlichkeiten bietet. Was ist, wenn es nur eine Wahrheit gibt? Dann hast du sie jetzt erweitert. And you feel fine, and you don’t even mind the rain.

Barbara Pachl-Eberhart

lässt sich gerne vom Zufall inspirieren. Vor dem Einschlafen denkt sie noch gerne an gar nichts und beobachtet stattdessen den friedlichen Atem ihrer schlafenden Tochter.
www.barbara-pachl-eberhart.at

Illustration: Nuvolanevicata/Shutterstock // Foto: Alexandra Grill

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  • Veröffentlicht: 26.05.2020
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