Aktuelle
Ausgabe:
Konsum
03/24

Mein Kleiderschrank, mein Projekt

Mein Kleiderschrank, mein Projekt

Dieses Buch ist eine einzige und ehrliche Ermunterung.

„Achten Sie bei neuen Kleidungsstücken darauf, dass Sie sich darin vor allem wohlfühlen. Seien Sie wählerisch und achten Sie vor allem auf Qualität (S. 31)“

Selbstverständlich geht es ums Aussortieren und das kann nur, wer wirklich viel im Kleiderkasten hat. Einer Idee geschuldet, dem Wunsch, das Schnäppchen einzuheimsen, dann doch ein Blick zu den ausgebeuteten NäherInnen, der Kinderarbeit. Aber eine Hose jetzt aus dem Second-Handladen erwerben? Autorin und Autor begleiten mich also zu einer nachhaltigen Garderobe, angenehm, dass sie zwar an meiner Seite, doch nicht pädagogisch-ermahnend sind. Doch doch, die beiden erklären schon, wo es lang gehen soll. Begeistert hat mich auch, dass die beiden bei ihrer Modenschau im Buch zu sehen sind, ehrliche Empfehlungen abgeben und Lust auf fair produzierte Kleidung machen. Klar, man müsste wissen, dass es mit den 1-Euro-T-Shirts nicht wirklich weitergehen kann, aber gewusst ist noch lange nicht korrekt gehandelt. Schon bin ich auf Seite 76 und erfahre von den versteckten Kosten – Warum Ökomode ihren Preis hat! Somit klüger geworden, folgt man auch gern Kirstens Tipp:

„Ich bin Hanseatin durch und durch und liebe die Exotik des Ladens um die Ecke. (S. 84)“

Denken Sie jetzt Bobo-Geschwafel? Das wäre nämlich ungerecht, gebrauchte Kleidung kommt hier ebenso lang und ausführlich vor wie die hippen kleinen Läden, die mehr sind als Bobo-Oasen. Und dann das Finale „Diese Experten sollten Sie kennen“, na ja, der Verlag sollte mal zu gendern beginnen, es sind nämlich viele Expertinnen dabei – fairknallt.de oder the-ognc.com – das sind nur zwei Beispiele von witzigen wie ernsthaften BloggerInnen. Verlag, herschauen, so geht Gendern! Die Empfehlung, in einen grünen Concept Sore zu gehen und es sich damit einfach zu machen, ist Goldes Wert. Ein Sachbuch für jeden Unterricht, jeden Literaturkreis, als Basis für Gespräche über den eigenen Kleiderschrank, die Selbstbeschränkung, die Freude an schönen Sachen, die fair produziert sind. Ich hasse reparieren, aber da spring ich über meinen Schatten, selbst darüber gibt es ein Kapitel in dem Buch und das ist gut so.

 

Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Buch nicht lesen: Die Chance, Ihren Kleiderkasten zu entrümpeln, strukturiert in Hinkunft einzukaufen, Wissen über Qualitätssiegel, Freude daran, aus dem Vielen ein Weniger zu machen, den eigenen Stil noch einmal zu überdenken und dem nächsten Sonderangebot am Wühltisch zu widerstehen.

Kirsten Brodde: gilt als Deutschland profilierteste Kritikerin der Textilindustrie, leitet die globale Detox-Kampagne von Greenpeace, ihr Buch „Saubere Sachen“ (2008) gilt als Standardwerk zum Thema Ökologie.

Alf-Tobias Zahn: Blogger, Kommunikationsberater, bloggt seit Jahren über Grüne Mode.

Kirsten Brodde & Alf-Tobias Zahn:
Einfach anziehend.
Der Guide für alle, die Wegwerfmode satt haben.
In 10 Schritten zum öko-fairen Kleiderschrank.
München: oekom Verlag 2018.
139 Seiten.

Christina Repolust

wurde 1958 in Lienz/Osttirol geboren. Sie schloss das Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg ab. Seit 1992 ist sie Leiterin des Referats für Bibliotheken und Leseförderung der Erzdiözese Salzburg und unterrichtet nebenbei Deutsch als Fremdsprache. Zudem leitet sie Literaturkreise und Schreibwerkstätten für Groß und Klein. Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.“

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 16.01.2019
  • Drucken