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04-05/24

Was von Johanna Dohnals Politik bleibt

Was von Johanna Dohnals Politik bleibt
Foto: Wenzel-Jelinek, Margret / ONB-Bildarchiv / picturedesk.com

85 Jahre alt wäre die erste Frauenministerin Österreichs dieses Jahr geworden. Was Johanna Dohnal bewirkt hat – und auf welche gesellschaftlichen und politischen Änderungen Frauen hierzulande noch immer warten.

Als die spätere Frauenministerin 1939 als „ledige Tochter“ einer Fabrikarbeiterin in Wien geboren wird und bei ihrer Großmutter aufwächst, sind die gesellschaftlichen Strukturen noch anders als heute: Ehefrauen sind ihren Männern rechtlich untergeordnet, ihre unverheiratete Mutter besitzt damals keine Vertretungsrechte. Johanna Dohnal, geborene Dietz, die aufgrund von Geldproblemen nie eine höhere Schulbildung erhält, wird bereits mit 16 Jahren Mitglied bei der SPÖ. Durch eine Lehre kann sie den Beruf der Industriekauffrau in einer Fabrik ergreifen, bevor sie 1957 den Chauffeur Franz Dohnal heiratet. Mit ihm bekommt sie zwei Kinder – die Scheidung folgt 1976. Von 1981 bis zu ihrem Tod lebt sie mit der Gemeinderätin Annemarie Aufreiter zusammen, mit der sie 2010 eine eingetragene Partnerschaft eingeht.

Einstieg in die Politik und Höhepunkte ihrer Laufbahn

Als Johanna Dohnal eine junge Frau ist, sind Frauen etwa nicht vor Vergewaltigung in der Ehe geschützt, der Abbruch ungewollter Schwangerschaften ist verboten – Themen, die Dohnal in die Politik ziehen. 1973 wird sie Gemeinderätin in Wien. Nur ein Jahr später erhält sie einen Platz im Bundesfrauenkomitee. Mit ihrer politischen Arbeit setzt sie sich für die Entstigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ein und ist maßgeblich an der „Fristenlösung“ beteiligt, die es Frauen ermöglicht, bis zum dritten Monat eine Abtreibung vorzunehmen – und das straffrei. 1975 löst diese Regelung das bis dahin geltende strenge Abtreibungsverbot ab, gültig ist sie in Österreich noch heute.

1978 wird das erste Frauenhaus in der Hauptstadt eröffnet – ein Projekt, das auf Dohnals Initiative zurückgeht. Nur ein Jahr später wird sie eine von vier Frauenstaatssekretärinnen unter Bundeskanzler Bruno Kreisky. Eine Bestellung, die von der Gesellschaft äußerst kritisch und hämisch betrachtet wird. 1990 wird die SPÖ-Politikerin die erste Frauenministerin Österreichs.

Politisches Wirken als Frauenministerin

Als Frauenministerin stellt sich dem bis dahin vorherrschenden Status quo entgegen: Sie setzt sich beispielsweise für die Einführung von Frauenquoten und für die Strafbarkeit von Vergewaltigung durch den Ehepartner ein, treibt ein Gleichbehandlungsgesetz voran, thematisiert sexuelle Belästigung – Fortschritte, die innerparteilich auf Gegenwind stoßen. Die Amtsvormundschaft für „ledige Kinder“ wie Dohnal selbst wird aufgehoben und uneheliche Nachkommen werden den ehelichen erbrechtlich gleichgestellt.

1995 wird sie abgelöst, was sie nicht davon abhält, sich auch nach ihrer Pensionierung für weibliche Gleichberechtigung auszusprechen. Eines ihrer Anliegen bleibt die Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel und Schwangerschaftsabbrüche durch die Krankenkassen. Dohnal stirbt im Jahr 2010.

Die Frau, ein Politikum

Heutigen jungen Generationen fällt es teilweise schwer, die Einschränkungen der vorangegangenen Großeltern- und Elterngeneration, der Zeit Dohnals, als damalige Normalität zu verstehen – sich in eine Zeit zurückzuversetzen, in der die Frau Gegenstand ihres Ehemannes, in der Vergewaltigung in der Ehe kein Verstoß gegen die Rechte von Frauen war. Das allein zeigt, dass sich in der österreichischen Frauenpolitik bereits einiges getan hat. Einiges, aber nicht genug.

Dass nach wie vor Einkommensunterschiede bestehen, sich viele Frauen zwischen einer Vollzeitanstellung und Kinderbetreuung entscheiden müssen und Femizide und Hassverbrechen aufgrund des Geschlechts weiterhin Gegenstand unseres Alltags sind, zeigt, dass Frauen noch immer keinen gleichberechtigten Platz in unserer Gesellschaft innehaben. Fragmente dieser Herausforderungen werden von der Politik angegangen, manches wird vorangetrieben und anderes teils rückschrittlich behandelt. Doch was muss passieren, damit die Weiterentwicklung von Frauenrechten und Frauenpolitik nicht stagniert? Ein immerwährendes Aufstehen für die Gleichberechtigung der Frau, ein unermüdliches Aufzeigen der Probleme, ein Sichtbarmachen der weiblichen Realitäten. Durch PolitikerInnen wie Johanna Dohnal, aber auch durch die Gesellschaft selbst.

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  • Veröffentlicht: 05.04.2024
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