Der Ernst des Lebens ist der Autorin nicht erst beim Schuleintritt begegnet, wurde doch in der Umgebung immer stärker der Ernst als die Freude beschworen. Ernst musste man sein und arbeite sollte man. Als Bergbäuerin am besten bis zum Umfallen. Theresia Oblasser verwebt sehr persönliche Erlebnisse mit Gesellschaftlichem, das ja auch wiederum etwas Persönliches wird. Etwa dann, wenn sie sich überlegt, was denn überhaupt eine „richtige Bäuerin“ sei: Die junge Bäuerin ist keine richtige Bäuerin, die ohne Schwielen ist auch keine richtige. Es waren gesellschaftspolitische Arbeitskreise, die die richtigen und nicht ganz so richtigen Bäuerinnen auf die richtige und doch so falsche Spur brachten: Richtige Bäuerinnen stehen für die Aussage, dass Leben arbeiten heißt und arbeiten leben.
Sich diesem Anspruch zu widersetzen, in Folge auch einiges zu ändern und sich wieder an die eigene Leidenschaft, das Schreiben, zu erinnern, war auch für die Autorin, 1941 geboren, nicht so einfach. Schnell war sie als kühne Leserbriefschreiberin an „Welt der Frau“ enttarnt, wie konnte man nur solche aufrührerische Gedanken hegen, dort am sonnigen Berg in Taxenbach.
Mich wieder wecken. Das Eingeschlafene in mir. Das Begrabene. Das Verleugnete. Ein wunderbares Gefühl, endlich im Zug sitzen und wegfahren. Diesmal allein. Non niemandem ermutigt, denn es war allein mein Entschluss, etwas zu tun, das ich gegen alle Vernunft für notwendig hielt.
Da hilft eine Gruppe schreibender Frauen, die einander unterstützen, anfeuern, einander zuhören und auch miteinander bei Lesungen auftreten, einen Kalender gestalten: Sie hat das Wort ergriffen. Hatte sie nach dem Erfolg ihrer Kindheitsgeschichte „Das Köpfchen voll Licht und Farben – Eine Bergbauernkindheit“ noch gezögert, weiter zu schreiben, über Jugend, frühe und junge Ehejahre, das eigene Mutterwerden, Auseinandersetzung mit dem Mut am Hof, etwa als man dort Deserteure versteckt hatte. Sie ist in der lebhaften Auseinandersetzung mit Vorgaben, Traditionen und Ausbrüchen angekommen.
Sie liebt ihren Garten, sie schreibt und schließlich übergibt das Ehepaar den Hof, schafft sich eine eigene Austragwohnung: Hier hat sich eine Bäuerin mit Absicherung beschäftigt, im Innen, im Außen, bei den Finanzen. Es ist so beruhigend, es ist ein Zeichen von Entwicklung, neben Landleben auch Begriffe wie „Pension für Bäuerinnen ab 1992“ zu lesen, auch dafür hat Theresia Oblasser gekämpft.
Nicht immer wollen alle so viel Wahrheit lesen, manche wollen sich Idyllen nicht zerstören lassen. Lieber schweigen also? Für andere wieder ist es sehr fremd, beinahe exotisch. Eine Pionierin hat hier Persönliches erzählt, gesammelt und geordnet. Und ist stets ohne Idyllen und Beschönigungen ausgekommen.
Theresia Oblasser: Eigene Wege. Eine Bergbäuerin erzählt.
Wien: Böhlau Verlag 2013