Ja, das ist die mit der Küche, genauer gesagt mit der Frankfurter Küche. Aber Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) ist mehr als die „Erfinderin“ der Frankfurter Küche und genau davon erzählt dieses gut gegliederte Buch.
Humor muss sein dürfen:
„Ich bin keine Küche. (...) Hätte ich gewusst, dass ich ein Leben lang über diese verdammte Küche sprechen muss, dann hätte ich sie nie gebaut.“
In einem Elternhaus, das „die kulturelle Atmosphäre des gebildeten Bürgertums der Monarchie“ widerspiegelte, wuchs Schütte-Lihotzky auf: Seltbstironie wird dort groß geschrieben, Eitelkeit hat keinen Platz. „Unprätentiös trifft die Lebenseinstellung der Familie Lihotzky vielleicht am besten.“ (Seite 11) Als sie 1911 – ohne höheren Abschluss von der Schule abgeht, ist sie als Frau mit Einschränkungen der Ausbildungsszenarien und Arbeitswelt konfrontiert. Abschrecken lässt sie sich davon nicht!
In fünf Kapitel – Anfänge in Wien, Frankfurt, Sowjetunion, Widerstand und Freiheit – zeigt die Autorin die Entwicklung der Kämpferin, der politischen Frau, der genialen Architektin und der politischen Aktivistin. Im Nachwort dieser Biografie würdigt Architektin Uta Graff die „Jahrhundertzeugin“ in Bezug auf ihre Lebens- und Arbeitshaltung. Schütte-Lihotzky hätte immer die Wirkung der Architektur auf die Menschen in den Fokus gestellt, habe soziales Bewusstsein, berufliches Handeln und politisches Engagement stets verbunden. Sie stellte sich in allen Bezügen, beruflich wie privat, in den Dienst der Schwächsten der Gesellschaft.
„Es war mir immer wesentlich in meinem Beruf und auch außerhalb desselben mit allen meinen kleinen Miniminikräften dazu beizutragen, dass ich schließlich aus einer besseren Welt scheide als diejenige, in die ich hineingeboren war.“
Was Sie versäumen, wenn Sie diese Biografie nicht lesen
Mut, Erinnerungen, Widerständigkeit, Zeitgeschichte, Kulturgeschichte, Frauenleben.
Die Autorin Mona Horncastle
studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Bamberg, war Verlegerin, seit 2017 ist sie auch als Dozentin tätig. Sie ist „bekennende Sprachfetischistin“ und verfasst Bücher und Kunstkataloge.
Mona Horncastle:
Margarete Schütte-Lihotzky.
Architektin – Widerstandskämpferin – Aktivistin.
Die Biografie.
304 Seiten.
Molden Verlag 2020.
Christina Repolust
Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at
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