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Gewaltpotenzial wahrnehmen und reagieren

Gewaltpotenzial wahrnehmen und reagieren
Foto: Welt der Frauen

„Frauen, die von Gewalt betroffen sind, sind Meisterinnen im Vertuschen und Verdrängen“, weiß Iris Schmidt. Zum Tag der Gewalt gegen Frauen am 25. November traf Chefredakteurin Sabine Kronberger die Landesgeschäftsführerin des AMS Oberösterreich zum Gespräch.

Denn was viele nicht wissen: Auch das Personal des Arbeitsmarktservices ist bestens geschult, wenn es darum geht, Frauen zu beraten, die unter Gewalt leiden. „Perspektive:Arbeit“ ist ein spezielles Angebot an Betroffene von psychischer und körperlicher Gewalt. Warum ein eigener Beruf und eigenes Einkommen unabhängig machen, warum eine gute Beraterin behutsam vorgehen muss, wenn sie eine bedrohliche Situation bei Frauen wahrnehmen kann, und wie sich das Unternehmen bemüht, Steigbügelhalter zurück in ein selbstbestimmtes Leben zu sein, hören Sie in diesem Gespräch. Iris Schmidts wichtigster Appell an alle Frauen: „Du bist niemals selbst schuld, wenn dir Gewalt widerfährt!“

Die Beraterinnen und Berater des AMS sind sensibilisiert auf mögliche Gewalterfahrungen ihrer KundInnen und arbeiten eng mit dem Gewaltschutzzentrum OÖ zusammen.

Eine Frau kommt zur Arbeitsuche oder Beratung zum AMS. In Begleitung eines Mannes, und dieser möchte augenscheinlich mithören und mitreden. Das kommt nicht selten vor. Dabei wird dem Begleiter klar gemacht, dass es ein persönlicher Termin mit der Frau ist. Der Eindruck, der Mann würde womöglich „für seine Frau“ sprechen, würde sie nicht zur Sprache kommen lassen, sie womöglich davon abhalten, eine Arbeitsstelle oder eine Ausbildung anzunehmen – weil ihm das nicht passt –, dränge sich da schon auf, erzählt eine AMS-Beraterin.

Von einem sichtbaren „blauen Auge“ mal abgesehen, drücken sich Gewalterfahrung meist weit subtiler aus. Kaum eine Frau sagt direkt: „Meinem Mann ist es nicht recht, wenn ich eine Weiterbildung mache oder diesen oder jenen Job annehme“, oder krasser: „Ich werde verprügelt, wenn ich das mache.“

Da kommt eher ein ablehnendes „Nein, das möchte ich eher nicht machen“. – „Und warum nicht?“, mag die Beraterin/der Berater fragen, „Sie wären in dem Job sicher gut. Diese Ausbildung würde gut für Sie passen …“. Kommt daraufhin ein Schulterzucken oder Verneinen, dann lohnt sich weiteres Nachforschen. Die Frau bittet insgeheim vielleicht um Hilfe, um irgendwie – vielleicht durch eine Arbeitsstelle, die ihr ein selbständiges, von ihrem Partner unabhängiges Einkommen ermöglicht, oder durch eine Ausbildung, die ihr dazu verhilft – einer Gewaltbeziehung zu entkommen.

„Es ist ganz verschieden“, erzählt eine AMS-Beraterin, oft versuchen Kundinnen, ihre Gewalterfahrungen aus Scham zu verbergen, manchmal aber kommen Tränen, die schon einmal Anlass geben, genauer nachzufragen, was los ist. Wichtig ist ein sehr sensibler und individueller Umgang mit diesen Situationen.

Die AMS-Beraterinnen und -Berater sind auf derlei Situationen sensibilisiert und können der Kundin entsprechende Angebote vorschlagen. Dazu wurde das AMS-Projekt „Perspektive:Arbeit“ geschaffen, das den von Gewalt betroffenen Frauen mit individueller Beratung und Begleitung zur Seite steht.

In der Clearingphase am Anfang wird in einem geschützten Rahmen die gesamte Situation der Frau betrachtet. Von der Ausbildung und dem beruflichen Werdegang bis zur familiären und finanziellen Situation. Die Problembereiche werden identifiziert und mögliche Lösungen erarbeitet. Die Frauen werden so lange psychosozial begleitet, bis sie für Arbeitsuche und Bewerbungen stabil genug sind. Auch noch während des Bewerbungsprozesses ist eine Begleitung möglich. All dies ist für die betroffenen Frauen selbstverständlich unverbindlich und alles Besprochene vertraulich.

Die Serviceseiten des AMS stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Verfügung:

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  • Veröffentlicht: 22.11.2023
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