für Kinder von 3 bis 5 Jahren
Wissbegierige Kinder im Vorschulalter pflegen ihre Erwachsenen unbarmherzig mit Fragetriaden zu löchern. Dieses Bombardement als Einladung zu Dialogen anzunehmen und so weiterzuspinnen, dass ein für beide Seiten erhellender Austausch entsteht – dafür fehlt in Alltagssituationen schnell Zeit und Muße.
Wenn es dann gemütlich wird, sind Bücher, die Fragen stellen, überaus praktisch, um wieder ins Gespräch einzufädeln. Katrin Stangl überrascht uns – wie schon in „Stark wie ein Bär“ – durch ihren unverstellten Blick auf die Alltagswelt von Kindergartenkindern, der sich in klaren Bildern und leuchtenden Farben äußert. Mit ihrem neuen Buch Schwimmt Brot in Milch? fügt sie der „Gattung der Fragebücher“*) eine weitere eindrucksvolle Facette hinzu.
Gelänge es nur, die Wissbegierde bis ins reifere Kindesalter wachzuhalten, den Unterricht in der Schule ausschließlich dialogisch und selbstbestimmt-forschend statt frontal zu gestalten! Vielleicht können im Vorschulalter Bücher, die Fragen stellen, dazu beitragen, die Neugierde an der Welt und die Lust am Hinterfragen überlieferter Konventionen lebendig zu erhalten. „Geschichten erzählen mit ungewissem Ausgang“, so könnte man den Umgang mit Büchern dieser Art beschreiben. Ein von Anfang an wohlwollendes Klima, in dem Zwischenfragen der Kinder und Unterbrechungen beim klassischen Vorlesen erwünscht sind, lässt den Gedanken freien Lauf. Im gemeinsamen Nachsinnen tauchen Erkenntnisse auf, die unplanbar und überraschend sind.
Katrin Stangl hat sehr genau hingesehen, wie Kinder spielerisch und ohne Tabus die Welt und sich selbst darin erforschen. Frei und unbekümmert experimentierend kommen sie zu Einsichten. Im Besprechen der Fragestellungen kann vieles verhandelt werden: „Benimm-Regeln“ oder persönliche Toleranzgrenzen zu thematisieren, das scheint sich direkt aufzudrängen.
Der herrlich anarchistische Blick der Künstlerin bringt mögliche Grenzüberschreitungen zu Hause oder in Kindergärten genauso aufs Tapet wie Anregungen zum Ausprobieren: Wie viele Rosinen sind im Müsli? Schmeckt Badewannenwasser? Wie oft müssen Teddybären duschen? Passen zwei Kinder auf ein Klo? Oder: Wie weit reicht eine Tube Zahncreme? (Quer durchs Zimmer?!) Nicht alles ist zur Nachahmung empfohlen, aber Frau Stangl erinnert uns auch an altbekannte Spiele, die vielleicht in Vergessenheit geraten sind: Kann man durchs Zimmer klettern, ohne den Boden zu berühren? Darf man auch auf Linien treten?
Einstiege in fesselnde Gespräche, die philosophisch enden können oder ganz konkret zu physikalischen Experimenten führen, sind schier unvermeidbar, vorausgesetzt die Antworten der Kinder bekommen genügend Raum und Zeit!
Dem Schatz an Ideen, die das Alltagsleben bereichern, wünsche ich jedenfalls breite Aufnahme wo immer auch Kinder sich frei Grenzen auslotend bewegen dürfen.
*) Antje Damm ist meiner Ansicht nach die ungekrönte Kaiserin und vielleicht sogar Begründerin der „Fragebücher“, die zu philosophischem Austausch führen, und darf hier nicht unerwähnt bleiben: „Frag mich!“ ist in Folge der von Donata Elschenbroichs „Weltwissen der Siebenjährigen“ ausgelösten Bildungsdebatte entstanden. Danach erschienen, „Ist 7 viel?“, „Nichts und wieder nichts.“, „Alle Zeit der Welt“, „Echt wahr?“ Und im heutigen Frühjahr neu: „Was wird aus uns? Nachdenken über die Natur.“ Alle erschienen bei Moritz.
Katrin Stangl:
Stark wie ein Bär
Aladin 2013
Katrin Stangl:
Schwimmt Brot in Milch?
Aladin 2017