Seit Türkis-Grün regiert, sind die Frauenagenden der Integrationsministerin zugeordnet. Damit ist die Idee eines eigenen Frauenministeriums vom Tisch, doch der Protest blieb verhalten. Zeit für Neues?
Die älteren Semester erinnern sich, dass Johanna Dohnal zu erst Staatssekretärin für Frauen fragen war und dann 1990 erste Frauenministerin wurde. Sie war streitbar und kämpferisch, hat ihre Chance genützt und nicht nur lautstark Forderungen gestellt, sondern auch viel umgesetzt. Unter anderem wurden die Frauenagenden in vielen Strukturen von Verwaltung und Politik etabliert. Frauenbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Gleichbehand lungsanwältinnen, Servicestellen, Mädchenberatungen, Gewaltschutzeinrichtungen und vieles mehr sind der Hartnäckigkeit von Johanna Dohnal und deren Nachfolgerinnen geschuldet. Inzwischen hat sich einiges geändert. Langsam wirkt sich aus, dass Frauen heute besser ausgebildet sind als früher, was auch zu einer verstärkten Berufstätigkeit führt. Schritt für Schritt lernen Paare, dass Kinder Eltern haben, die sich idealerweise gemeinsam um den Nachwuchs kümmern. Die staatliche Unterstützung durch attraktive Arbeitszeitmodelle und ausreichende Einrichtungen zur Kinderbetreuung hinkt etwas nach, ebenso die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Es wäre ungerecht, zu sagen, nichts hätte sich verändert. Aber ist es genug, um auf ein Frauenministerium zu verzichten?
Man könnte ganz pragmatisch meinen: Solange die völlige Gleichstellung nicht erreicht ist, braucht es jedenfalls ein eigenes Ministerium. Das habe Symbolkraft, und die sei nötig. Dagegen ließe sich einwenden, mit Symbolpolitik sei keiner Frau geholfen, die Bedürfnisse von Frauen müssten einfach quer durch alle Ministerien Thema sein. Diese zwei Positionen spiegeln zwei „Lager“, die es schon lange in der österreichischen Gesellschaft gibt. Links der Mitte, wo Emanzipation als ökonomische Unabhängigkeit verstanden wird, geben Frauen sich kämpferisch. Rechts der Mitte, wo man die Wahlfreiheit großschreibt, suchen Frauen eher durch Kooperation ihren Platz.
Diese Spaltung der Frauen zeigt sich auch daran, wie unterschiedlich sie die Öffentlichkeit für sich nutzen. Während Gruppen wie die „Omas gegen rechts“ mit selbst gestrickten Hauben demonstrieren gehen, pflegen Organisationen wie die „Goldhauben“ ein traditionelles Bild mit Brauchtum und karitativem Engagement.
Dazwischen steht die große Gruppe jener Frauen, die gerade versuchen, Kinder, Familie, Beruf und Freizeit irgendwie unter einen Hut zu bringen. Ihnen steht der Sinn am allerwenigsten nach Demonstration, aber in der Regel auch nicht nach Brauchtumspflege. Sie sind aber jene, die Frauenpolitik am meisten brauchen. Wer in dieser Lebensphase nicht ans Alter denkt, wacht irgendwann mit kleiner Rente auf. Wer sich der Karriere des Partners unterordnet und auf eigene Ambitionen verzichtet, erntet irgendwann Verbitterung. Wer sich unter Wert verkauft, wird auch unter Wert behandelt. Nicht zu reden von Gewalt und Alltagssexismus, die sich hartnäckig und für manche lebensbedrohlich in der Gesellschaft halten. Es ist unzweifelhaft noch einiges zu tun, bevor wir die Sache der Frauen als erledigt abhaken können. Abgesehen davon ist es auch Zeit, nachzudenken, wie Frauenpolitik künftig organsiert sein soll, wenn doch viele Ziele schon erreicht sind. Wie wäre es auch strukturell zu erreichen, dass Partnerschaft in der Familie kein bloßes Frauenthema mehr ist? Bräuchte es ein Ministerium für Partnerschaft? Wie kann man erreichen, dass Gender nicht als Frauenthema gesehen wird? Bräuchte es ein Ministerium für Gendergerechtigkeit? Wenn die Lage migrantischer Frauen tendenziell schlechter ist als die einheimischer Frauen, wäre ein Ministerium für Integration und Frauen eine Chance? Auch Frauenpolitik muss sich vor Erstarrung, links oder rechts der Mitte, hüten. Jetzt könnte man gut über die Zukunft diskutieren und darüber, was es für Frauen braucht.
Christine Haiden hat schon eine ganze Reihe von Frauenministerinnen erlebt. Ein Frauenminister war übrigens auch dabei.
Frauen – und was noch?
Hätten Sie’s gewusst? Johanna Dohnal, Helga Konrad, Barbara Prammer, Elisabeth Sickl, Herbert Haupt, Maria Rauch-Kallat, Doris Bures, Heidrun Silhavy, Gabriele Heinisch-Hosek, Sabine Oberhauser, Pamela Rendi-Wagner, Juliane Bogner-Strauß, Ines Stilling und jetzt Susanne Raab – das ist die „Ahnenreihe“ der für Frauen zuständigen MinsterInnen der Zweiten Republik. Dohnal, Konrad und Prammer übten ihre Agenden als Kanzleramtsministerinnen ohne eigenes Ressort aus. In der Folge wurden die Frauenagenden immer mit anderen gekoppelt wie sozialer Sicherheit, Generationen, Gesundheit, Medien und öffentlichem Dienst, Familie und Jugend oder derzeit mit Integration. Das österreichische Modell folgt damit dem sogenannten „Staatsfeminismus“. Das heißt, die Frauenanliegen werden in die politischen Strukturen integriert und auf möglichst allen Ebenen mit Posten und Budget ausgestattet. Manche halten dieses Modell für überholt durch die reale Gleichstellung von Frauen. Andere sehen darin eine Absicherung vor Rückschritten.
Was ist Ihre Meinung dazu?
Schreiben Sie uns an
[email protected]
Erschienen in „Welt der Frauen“ März 2020
Illustration: www.margit-krammer.at