Aktuelle
Ausgabe:
Bewegung
04-05/24

Buchempfehlung: Nein, ein Hund ist nicht die Lösung!

Buchempfehlung: Nein, ein Hund ist nicht die Lösung!

Der Titel dieses Buches ist schon ein wenig schräg und laut. Das weiß die Autorin selbst am besten, darüber spricht sie auch in den zahlreichen Interviews. Viel müssen sich Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch über die Tage und Jahre anhören. Sie sollten sich einfach ablenken, sie könnten sich doch einen Hund zulegen und endlich einmal verstehen, wie gut sie es doch haben. Karriere, Wohlstand, das sei doch nicht zu verachten. „Entspann dich, denk nicht immer an eine Schwangerschaft!“, das sagen die ganz Sensiblen. Auch die Frauen, die leicht schwanger wurden, auch die Frauen, die davon erzählen, wie anstrengend es doch ist, die vier Kinder aufzuziehen und ihnen täglich die Jausenbrote zu richten.

Mit der Autorin durch Buchhandlungen zu streifen, ist in diesem Buch eine klare Bestandsaufnahme, sie hält einem den Spiegel hin, man versteht, worum es geht.

„Die kinderlose Frau kauft ihren Ratgeber und, weil sie sich ja entspannen soll, noch ein Buch mit ohne Kinder drin, am besten irgendetwas von Jane Austen oder einen betulichen Heimatkrimi. Außerdem muss es noch ein Buch über gesunde Ernährung sein, es kann ja nie schaden, den Körper zu entgiften.“

Die Autorin erzählt viel von sich, sie ist realistisch und selbstreflexiv, man weint und lacht mit ihr, sitzt mit ihr in der Sonne und lauscht so vielen Gesprächen, die sie wiedergibt. Sie hat mit 16 Jahren eher direkt als empathisch die Mitteilung bekommen, dass sie wohl nie Kinder bekomme könne. Im Laufe ihres Lebens – jetzt ist Schatz 37 Jahre alt – hat sich die Bedeutung dieser Aussage präzisiert, hat stärker getroffen, verletzt und verunsichert. Mittlerweile ist klar, dass sie durchaus schwanger werden, es aber sehr schwer bleiben kann. Sie erlebt das Leben ihrer FreundInnen und Bekannten, deren Veränderungen, sobald sie Eltern, Mütter, Väter geworden sind mit und hört genau hin. Da die Leichtigkeit und bei ihr Verzagtheit, dort das sinnlose Gejammer über Luxusprobleme, dort die Schmerzen bei der Regelblutung. Dort auch der Schwangerschaftsabbruch, eine medizinische Indikation. Dieses „Hier und Dort“ spiegelt Gesellschaft und Rollenbilder wider und stellt sich die Frage, warum man manchmal penetrant nachfrägt, ob ein Gegenüber Kinder möchte. Ja, die Sache mit dem Hund, die habe ich ja schon geschrieben, auch mit der Pflanze, mit der sich Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch trösten sollten sowie mit dem gesunden Essen – mit all diesen Tipps aus der Küchenpsychologie ist die Autorin auch schon durch!

„Die Freundin, die mir gegenüberstand, würde niemals ein Ohr für meine Sehnsucht haben. Sie würde mir nicht einmal liebevolles Unverständnis entgegenbringen.“

Was Sie versäumen, wenn Sie dieses Buch nicht lesen

Wut und Mut, Tage/Wochen/Jahre einer Autobiografie, die Gelegenheit, über sich, den eigenen Kinderwunsch und das eigene Verhalten mal ganz in Ruhe nachzudenken, Ironie, sehr viel Selbstironie und viele, sehr viele Seiten der Dankbarkeit, die Anna Schatz immer wieder beschreibt.

Die Autorin Anna Schatz

Jahrgang 1981, lebt in Hamburg – alles andere, Ausbildung, Beruf und so, das steht im Buch.

Anna Schatz:
Wenn ich noch eine glückliche Mami sehe, muss ich kotzen.
Mein Leben mit einem unerfüllten Kinderwunsch.
Rowohlt 2019.
224 Seiten.

Christina RepolustChristina Repolust

Ihre Leidenschaft zu Büchern drückt die promovierte Germanistin so aus: „Ich habe mir lesend die Welt erobert, ich habe dabei verstanden, dass nicht immer alles so bleiben muss, wie es ist. So habe ich in Romanen vom großen Scheitern gelesen, von großen, mittleren und kleinen Lieben und so meine Liebe zu Außenseitern und Schelmen entwickelt.”
www.sprachbilder.at

Mehr Lesestoff von Christina Repolust erscheint regelmässig in der „Welt der Frauen”, Rubrik Staunen & Genießen. Hier können Sie ein kostenloses Testabo bestellen.

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 13.04.2020
  • Drucken