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04-05/24

Eigentlich ist das Leben ein einziger Akt der Notwehr

Eigentlich ist das Leben ein einziger Akt der Notwehr

Salzburg. Festspiele. Ein blutrot gefärbter Almkanal. Eine verschwundene Schauspielerin. Das liest sich jetzt vielleicht wie eine Einkaufsliste, soll aber die Kurzfassung des neuen Krimis von Franz Zeller sein, Jahrgang 1966, der während seines Germanistikstudiums in Salzburg gelebt hat. Ich wohne am Almkanal, meistens ist der grün, manchmal tiefblau und manchmal einfach nur ein bisschen schmutzig: Da ich auch im Almkanal schwimme, den Almmeister, der im Roman vorkommt, kenne, begeistert mich dieser Roman. Fiktion, natürlich. Wenn Ihnen das alles zu persönlich ist, vergessen Sie mich und mein Schwimmgewässer, zurück zum Zeller Franz und der Leiche im Almkanal, die ja ganz prominent auch im Hof der Stiftsmühle von St. Peter vorbeikommt. Während der Kanal ein eher kalter Ort für eine Leiche ist, schwitzen die Ermittler Franco Moll, Chefinspektor der Abteilung „Leib und Leben“ und sein Kollege Oberhollenzer, ihre Kollegin Pelegrini ist derzeit mit Liebes-SMS beschäftigt. Wie schön, kaum ist die Leiche da, trifft der Ermittler auch schon den drahtigen Almmeister Schlögel und die LeserInnen lernen gleich auch noch die Welle, unweit der Obuskehre in Salzburg-Gneis kennen: Ein Exkurs über den Weg des Kanals hilft auch Moll auf die Sprünge und dient damit ganz ungemein den polizeilichen Ermittlungen.

„Sieben letzte Worte des Erlösers am Kreuz“, so der Titel der Aufführung des Haydn-Oratoriums bei den Salzburger Festspielen: Mira Krainer, die bekannte Schauspielerin, ist verschwunden. Ein Gag der Verantwortlichen? Ein echter Mordfall? Der Regisseur wird immer verdächtiger, gibt schließlich zu, Mira kurz vor ihrem Tod nahe gekommen zu sein. Und da ist noch Bettina, die den beiden Ermittlern zunehmend unheimlich wird, Leon Sommers verschwindet nach der Premiere, zuletzt wurde er im Krimpelstätter mit einem Surfbrett gesehen. Franco Moll bringt sich in Gefahr, als er Bettina wiedertrifft, die geheimnisvolle Frau aus dem Sushi-Lokal, deren Selbstzerstörungstendenzen ihm nicht nur als Geliebtem zu schaffen machen. Bei allem Können des ORF-Journalisten Franz Zeller: Die Sex-Szenen sind in punkto Wortschatz entweder gekonnte Parodien oder schnell hingeschriebene Quickies sozusagen, ich empfehle für diese Textstellen einen Lese-Schnelldurchlauf, einfach durchtauchen. Was bleibt: starkes Lokalkolorit, sympathische Ermittler, Spannung.

„Ich habe das Gefühl, dass Mira Krainers Verletzungsmuster nicht zu dem Weg passt, den sie durch den Berg genommen hat. Ich habe mir Fotos von einer Stollenbegehung im letzten Jahr angesehen. Krainer müsste viel zerschundener sein, nachdem das Wasser sie vierhundert Meter lang durch einen teils sehr schmalen Gang getrieben, um nicht zu sagen, durchgeschossen hat.“

Franz Zeller: Sieben letzte Worte
Kriminalroman
München: Knaur 2014

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  • Veröffentlicht: 10.09.2014
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