Mailen, reden, schreiben: In diesen Tagen rücken wir wieder enger zusammen und festigen das Gemeinschaftliche dank kreativer Ideen. Gerade jetzt, vor einem Osterfest, an dem vieles anders ist als sonst.
Ein Foto, das ich mir am 23. März aus einer Zeitung herausgerissen habe, begleitet mich seit Tagen. Eine Kirche, das Heiligtum „Unsere Gottesmutter von Guadalupe“ in Curibita, einer brasilianischen Metropole. Sie ist leer, kein Mensch zu sehen, nur ungezählte Bilder von Einzelpersonen, Familien, Freundesgruppen, die sich in den Sitzbänken aneinanderreihen. Zwischen ihnen steht Reinaldo Manzotti, der Seelsorger der Pfarrgemeinde. Als die Regierung den Notstand über das Land verhängte und Versammlungen verbot, startete Reinaldo einen Aufruf: Er bat seine Schäfchen dringend, daheim zu bleiben. Zugleich ermunterte er sie, ihm Fotos von sich und ihren Lieben mailen, die er ausdrucken und im Gotteshaus aufstellen würde.
Binnen weniger Stunden erreichten den Priester über 170.000 Zusendungen, Tendenz steigend. Es sei ihm anfangs fremd gewesen, berichtet Reinaldo, in der menschenleeren Kirche, allein vor den ungezählten Porträts, zu predigen. Doch daran hat er sich gewöhnt. Er hält beharrlich an seinen Messen fest, auch zu Ostern, wie er angekündigt hat. Seinem Beispiel folgen inzwischen viele.
Das Foto berührt mich. Es spiegelt eine Form des gemeinschaftlichen Zusammenhalts, wie wir ihn in diesen Zeiten neu erfahren. Wir sind wieder enger miteinander verbunden, will mir scheinen. Das Bedürfnis gewachsen, uns zu mailen, zu hören oder zu sprechen: sich auszutauschen und füreinander zu sorgen, auf welche Weise auch immer.
Was anregend wirkt. Unlängst erreichte uns eine Ansichtskarte unserer Freundinnen Sylvia und Éva aus Graz. Ein Bild von der aus Steinen geschichteten Therme im Schweizerischen Vals, wo sie vor Jahren glückliche Ferien verbracht haben. Kurz darauf erfuhr ich die Geschichte hinter dieser unerwarteten Post. Die beiden haben, wie etliche von uns, ihre Kästen und Schubladen geordnet. Als sie einen Packen schöner Karten entdeckten, die sie an diverse Urlaubsorte erinnern sollten, kamen sie auf die Idee, sie rundum zu verschicken: Herzliche Grüße von zuhause, ein bezauberndes Zeichen der Aufmerksamkeit in schwierigen Wochen.
Wir sind nicht allein, nicht in Brasilien, nicht hierzulande. Ein tröstlicher Gedanke. Gerade jetzt, vor diesen Ostertagen ohne gemeinsame Feiern. Verbindungen schaffen. Und sich mit seinen Einfällen auf die Suche machen nach dem Gelben vom Ei.
Susanne Schaber
lässt sich im Morgengrauen vom Vogelgezwitscher inspirieren und denkt vor dem Einschlafen noch gerne an Reisen und Abenteuer im Kopf, um am nächsten Tag beherzt ins Leben zu springen.