Felix ist einfach fabelhaft. Er ist ein sehr praktischer Typ, er hat eine kleine Küche, zwei bequeme Doppelbetten, eines davon oben im Juchee, wenn man die Leiter hinaufkraxelt, ein Örtchen für dringende Bedürfnisse, das man im Handumdrehen zur Dusche umbauen kann, ein Navi, mit dem man auch Radio hören und DVDs schauen kann, und reichlich Stauraum. Obendrein ist er recht fesch und flott mit seinen 130 PS. Felix ist unser Bus, ein Campingbus, um genau zu sein, und er gehört seit Kurzem zu unserer Familie.
So ein Bus ist eine ziemlich unvernünftige Idee. Um das Geld könnte man einige Male auf die Malediven fliegen oder im Kinderhotel urlauben. Man könnte sich dort am Buffet den Teller aufladen, während man sich im Bus das Frühstück selber machen muss. Man muss auch das Geschirr abwaschen (nein, es gibt nicht einmal einen Geschirrspüler), die Betten selber machen und die Brotbrösel zusammenkehren, denn einen Zimmerservice gibt es nicht. Es gibt auch kein Animationsprogramm für die Kinder, stattdessen sammeln sie Schneckenhäuser, Steine und Muscheln. Trotzdem oder gerade deswegen ist das Reisen mit dem Bus für uns die ideale Urlaubsform. Weil wir spontan losfahren können und auch spontan wieder heimfahren, wenn der Junior Backenzähne kriegt oder die Tochter eine Magen-Darm-Grippe. Weil unsere Kinder am liebsten draußen sind und die Einfachheit einfach herrlich entschleunigend ist.
ZWEIMAL MEER
Wir waren uns einig: Die erste Ausfahrt mit Felix sollte ans Meer führen. Wir wollten am Strand entlanglaufen und baden gehen, eine Pizza holen und dann noch lange draußen sitzen vor dem Bus, ein Glas Wein trinken, dem Zirpen der Grillen lauschen und in den Sternenhimmel schauen. Blöd nur, dass es ausgerechnet an jenem Wochenende überall dort, wo es in einer Reichweite von fünf Autostunden irgendwie so was wie ein Meer gab, regnete und regnete. Die Ausfahrt verschieben? „Kommt nicht infrage“, meinte unsere Tochter. Also campierten wir im Bus vor der Haustüre, mit der Option, wenn es uns doch zu kalt, eng und unbequem werden würde, ins Haus zu übersiedeln. Obwohl der Regen auf das Dach prasselte, kam sofort Urlaubsstimmung auf. Den Wein genossen wir im Bus, kuschelten uns dann in unsere Betten und beschlossen in der Früh – warum nicht? – ans „Meer der Linzer“ zu fahren, an den Pleschinger See. Dort kam zwar auch sehr viel Nass von oben, aber der See war warm und herrlich menschenleer. Wir gingen bei Regen schwimmen und ließen uns nachher die Pizza im Bus schmecken. Urlaubsfreude pur! Unsere Tochter sammelte ein paar Steine, die sie in den Kindergarten mitnahm: „Vom Meer“, erzählte sie strahlend.
Zwei Wochen später fuhren wir dann wirklich ans Meer. Zuerst nach Venedig und dann nach Caorle. Wir tuckerten mit dem Schiff in die Lagunenstadt, lauschten vom Busbett aus den Wellen, tranken Cappuccino am Strand, bauten Sandburgen und tauften unseren Felix-Franz – den Namen gab ihm unsere Tochter – mit Prosecco. Es waren herrliche und unbeschwerte Tage, und es fühlte sich an wie grenzenlose Freiheit. Leider dauerte diese Freiheit nur vier Tage, dann brachte uns Felix wieder nach Hause.
Unser Resümee: „Felix, du bist einfach klasse und du passt wunderbar zu unserer Familie – nur dass du keinen Geschirrspüler hast, ist ein bisschen schade.“
Erschienen in „Welt der Frau“ 05/17