Aktuelle
Ausgabe:
Bewegung
04-05/24

Columbos Körper trauert

Columbos Körper trauert

Obwohl das Coronavirus Inspektor Columbos Leben entschleunigt, fühlt er sich erschöpfter als je zuvor.

Woche 4 der Ausgangsbeschränkung. Inspektor Columbo ist im neuen „Normal“ angekommen. Morgens kommt er nur schwer aus den Federn, und sein Weg führt nicht wie „früher“ schnurstracks zur Terrassentür, um zum Mäusefangen die Wohnung zu verlassen, sondern lediglich von Frauchens Bett in sein Bett im Wohnzimmer. Er kann sich schon länger nicht mehr dazu aufraffen, die Turnmatte auszurollen, dafür glänzt sein Fell nur so vor Sauberkeit. Und obwohl Columbo mehr schläft, ist er so müde wie nie zuvor. Nach seinem letzten Skype-Date mit Mia war er ehrlich schockiert. Ihr Fell war stumpf, ungewaschen und ungekämmt, sie hatte ein paar Gramm zugenommen und während des Videotelefonats ist sie bestimmt dreimal eingeschlafen. Danach war Columbo deprimiert. Kann auch er sich bald nicht einmal mehr dazu überwinden, sein Äußeres zu pflegen? Er fand für sich eine Erklärung für diesen Zustand: Der Körper stellt sich tot und trauert um das Leben, das nicht mehr wie gewohnt stattfinden kann. Müdigkeit und Antriebslosigkeit als Begleiterscheinungen der Trauer sind für ihn ja noch plausibel. Was der Kummer allerdings mit Frauchens Körper anstellt, verwirrt ihn: Dreimal am Tag lässt sie nun das rote Monster aus seiner Höhle, nur um das Ungeheuer, das daraufhin mit lautem Getöse durch die Wohnung fegt, zu bändigen und einzufangen. Columbo klettert dann schnell auf seinen Aussichtsturm, um die Lage im Überblick zu behalten. Er findet Frauchen ja mutig, dass sie den Kampf mit „Staubsauger“ so oft aufnimmt, aber immerhin bringt sie sich ja selbst in diese Lage. Zumindest ist Columbo dann hellwach. Aber irgendwann hat Frauchen das Monster eingefangen und wieder zurück in seine Höhle gebracht. Dann ist es wieder warm und weich auf Columbos Aussichtsplattform, und seine Augen fangen an, schwer zu werden. Plötzlich ist wieder alles laaaaaang – gäääähn – weilig und überhaupt viel zu aaaaaan – gäääähn – strengend. Und im nächsten Moment sieht er sich Mäuse fangen. Zumindest in seinen Träumen.

Sophia Lang

und ihrem Kater Inspektor Columbo ist zurzeit alles viel zu anstrengend. Deshalb lassen sie vieles einfach sein.

Foto: Alexandra Grill

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 17.04.2020
  • Drucken