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03/24

Balance für Seele, Körper und Geist

Balance für Seele, Körper und Geist

Ob wir die Nase voll haben, uns etwas auf die Nerven geht oder sogar krank macht – der Volksmund drückt aus, was die junge Wissenschaft der Psychoneuroimmunologie erforscht: das enge Wechselspiel von Psyche, Gehirn und Immunsystem.

Mit Schaudern denkt ­Christine Eksler an die Zeit vor gut zwei Jahren zurück, als ihr bislang völlig normaler Blutdruck plötzlich Spitzen von 200/100 erreichte. „Ich war in Panik“, erzählt sie.

„Umso mehr, als der Blutdruck sich auch durch Medikamente – ich habe zur schlimmsten Zeit vier verschiedene gebraucht – nicht dauerhaft stabilisieren ließ.“ Zweimal musste der Notarzt kommen, zweimal wurde sie mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht.

Leben unter Hochdruck

Die Blutdruckkrise führt die 55-Jährige im Nachhinein auf anhaltenden Stress zurück: „Die Kombination aus einem aufwendigen Job, der Renovierung eines Hauses und dem Haushalt mit den Kindern, dazu mein großer Ehrgeiz und Perfektionismus: All das hat mich völlig überfordert.“

Inzwischen hat sie ihr Leben umgekrempelt: Den Job und das Stadtleben hat sie aufgegeben und sich am Land eine neue Existenz aufgebaut. Der Blutdruck? „Ein paar Monate später – da war ich schon ‚Landratte‘ und auf Kur – konnte ich endlich die Medikamente reduzieren“, erzählt Eksler. „Ungefähr ein Jahr nach der Krise war ich wieder völlig medikamentenfrei.“

Und das, obwohl ihr die ÄrztInnen diesbezüglich keine Hoffnung machten: „Einmal Bluthochdruckpatientin, immer Bluthochdruckpatientin“, hieß es. Ein Leben unter Hochdruck, das sich schließlich in Bluthochdruck manifestiert: Für den Arzt, Psychologen und Psychotherapeuten und Universitätsprofessor Christian Schubert zeigt dies anschaulich, „wie eng Körper, Geist und Seele zusammenspielen“.

Stress belastet die Seele

Schubert, der sich auf das Wechselspiel von Psyche, Nerven- und Immunsystem spezialisiert hat, präzisiert: „In diesem Fall wirkte die Psyche insbesondere auf das vegetative Nervensystem.“

Aufgrund von Stress schüttet der Körper mehr von dem Stressbotenstoff Adrenalin aus – der Blutdruck steigt über das normale Maß an. Das Beispiel Christine Eksler zeige aber außerdem, dass „die hoffnungsarme Einschätzung der Ärztinnen und Ärzte klar widerlegt wurde, indem sie ihr Leben in eine heilsame Richtung veränderte“, sagt Schubert. Er leitet das Labor für Psychoneuroimmunologie (PNI) an der Medizinischen Universität Innsbruck.

Die PNI ist ein Teilbereich der psychosomatischen Medizin und basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz. ForscherInnen konnten mittlerweile in vielen Studien nachweisen, dass seelische Belastungen im Körper krank machende Prozesse auslösen: Dauerstress stört die Balance von Psyche, Nerven- und Immunsystem, sodass sich langfristig der Immunschutz vermindert und sich Entzündungen entwickeln. Das könne sogar zu Krankheiten wie Krebs oder Autoimmunerkrankungen führen.

„Ein Leben unter Hochdruck hat Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem.“
Christian Schubert Arzt, Psychologe und Psychotherapeut

Abwehrkräfte in der Defensive

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um körperlichen oder emotionalen Stress handelt. Dauernde Konflikte in der Partnerschaft können genauso krank machen wie eine „Attacke“ durch Schnupfenviren oder schwere körperliche Arbeit. Eine Schlüsselrolle spielt das Immunsystem, von dem man heute weiß, dass es hochsensibel auf positive beziehungsweise negative Erfahrungen und die damit verbundenen Gefühle reagiert.

In der Folge bildet es entsprechend mehr oder weniger Immunzellen, die den Körper vor inneren (zum Beispiel Krebszellen) und äußeren Gefahren (zum Beispiel Viren) schützen. Zu diesen Immunzellen zählen die sogenannten T-Helferzellen TH1 und TH2. „Die Balance dieser T-Helferzellen verschiebt sich durch die vermehrte Ausschüttung der Stresshormone Cortisol und Katecholamine bei großem Stress“, erläutert Schubert.

Das habe zur Folge, dass man anfälliger für virale Erkrankungen wie Infekte werde. Auch das Allergierisiko steigt und die Symptome bestehender Allergien oder Autoimmunerkrankungen können schlimmer werden. Das Nervensystem leidet ebenfalls: Der „Stressnerv“, der Sympathikus, wird aktiviert, Atem- und Herzfrequenz erhöhen sich, der Blutdruck steigt, und damit erhöht sich langfristig das Risiko von schweren Erkrankungen wie einem Herzinfarkt.

(Keine) Zeit zum Kranksein

Kurzfristig reagiert jede und jeder anders auf eine geschwächte Abwehr: Manche bekommen eine Blasenentzündung oder Probleme mit der Verdauung. Bei anderen sprießen regelmäßig Fieberblasen – ein Zeichen dafür, dass das Immunsystem die „schlummernden“ Herpesviren nicht in Schach halten kann.

Wer sich regelmäßig Phasen der Entspannung gönnt, kann dem vorbeugen. Wenn wir doch erkranken, sorgt das Immunsystem mit einem „Trick“ dafür, dass wir uns schonen und rasch(er) gesunden, denn wir fühlen uns schlapp, appetitlos, wollen uns zurückziehen und schlafen.

Zu dem Krankheitsgefühl kommt es, weil das Immunsystem, wenn es aufgrund eines Infekts aktiviert ist, Entzündungsstoffe aussendet, die im Gehirn eine Veränderung unserer psychischen Verfassung hervorrufen. Sogar unser Sozialverhalten verändert sich: Im Krankheitsfall wollen wir nur mit vertrauten Menschen zusammen sein. Oft werden die Anzeichen einer Unpässlichkeit allerdings gar nicht wahrgenommen oder mittels einer Schmerztablette oder eines entzündungshemmenden Medikaments unterdrückt.

Spirale der Spannung

Werden persönliche Grenzen nicht gezogen und Bedürfnisse übergangen, baut sich innerlich eine Spannung auf, die wir oft wiederum mit ungesunden Verhaltensweisen oder Suchtmitteln unterdrücken: Wir genehmigen uns eine dritte Tasse Kaffee, einen zweiten Schokoladenkuchen, eine Zigarette. Wir arbeiten oder sporteln zu viel und entspannen abends immer öfter bei einem Glas Wein. Bis die innere Spannung uns krank macht.

Die Oberösterreicherin Aurelia Fischer* musste schwer krank werden – sie hatte eine lebensbedrohliche Entzündung im Bauchraum –, ehe sie sich mit ihrem Körper aussöhnte. Heute schätzt und achtet sie seine Signale. „Wenn ich aus irgendeinem Grund angespannt bin, atme ich flacher und fühle mich dadurch müder“, gibt die 65-Jährige ein Beispiel.

Inzwischen führe sie regelmäßig Atemübungen durch. „Wenn mir alles zu viel wird, kann ich mich dadurch entspannen und beruhigen. Manchmal fallen mir dann auch kreative Lösungen für anstehende Probleme ein.“

Von Klein auf belastet

Längst nicht immer geht Stress auf ein aktuelles Problem zurück, auch Belastungen aus der Kindheit können nachhaltige Folgen haben. Sind die frühkindlichen Kontakte mit der Umwelt schwierig, müssen sich Psyche, Nerven- und Immunsystem an die widrigen Umstände anpassen, sie bleiben in ihrer Funktion aber beeinträchtigt.

Sogar die Fähigkeit zu entspannen wird uns in die Wiege gelegt: Unsere Eltern leben uns von Geburt an Ausgeglichenheit und Wohlbefinden vor – oder eben nicht. Fischer vermisste lange Zeit das gute Gefühl, eine liebende, emotional warme Mutter zu haben. „Erst im Rahmen einer Familienaufstellung habe ich erfahren, dass das ein Thema über viele Generationen ist und dass meine Mutter selbst wahrscheinlich auch keine Mutterliebe erlebt hat“, erzählt sie.

Nach der Aufstellung hat sich das Verhältnis zu ihrer Mutter sehr zum Positiven gewandelt. „Das warme Gefühl, sich geschützt, geborgen und geliebt zu fühlen, ist in meinen Zellen angekommen“, freut Fischer sich. „Ich bin dadurch vermutlich ein bisschen mutiger geworden, wenn es darum geht, Konflikte anzugehen und aufzulösen.“

Die Krankheit verstehen

Verbergen sich hinter psychischer und körperlicher Dauerbelastung tief verwurzelte Konflikte und seelische Verletzungen, können diese im Rahmen einer Psychotherapie aufgearbeitet werden. Je früher man therapeutisch eingreift, desto besser. „Psychotherapie kann das Leben verlängern“, ist Schubert überzeugt. „Man muss Krankheit verstehen, ehe man sie heilen kann.“

Insbesondere die Tiefenpsychologie, die die Dynamik des Unbewussten berücksichtigt, gilt als wirkungsvolles Instrument. Das Unbewusste ist äußerst machtvoll und dirigiert die körperlichen Prozesse wie von unsichtbarer Hand. Auch bei wiederkehrenden Beschwerden, seien es welche mit der Haut oder auch im Magen-Darm-Bereich, empfiehlt es sich, sich die psychischen Hintergründe bewusst zu machen und zu verändern.

Beziehungen als Heilmittel

Neben schädlichen konnten die ForscherInnen mittlerweile viele hochwirksame und heilende psychische Einflüsse ausmachen. Dazu zählen insbesondere soziale und kulturelle Faktoren. Sichere Bindungen und emotional warmherzige Beziehungen sind eine hochwirksame „Impfung“ für das Immunsystem.

Hat man von klein auf Liebe und Geborgenheit erfahren, „merkt“ sich dies unser Organismus ein Leben lang. Auch sonst gibt es einiges, was man – medizinisch messbar – für die Gesundheit tun kann. Der aktive Umgang mit Emotionen wie Wut, Aggression oder Angst zählt dazu. „Wut ist ein natürlicher Mechanismus, der uns schützt und dabei hilft, uns abzugrenzen“, betont Schubert. „Wird die Wut unbewusst gegen sich selbst gerichtet, dann bedeutet das nichts Gutes für unseren Körper.“

In der Mitte ankommen

Entspannungs- und Meditationstechniken können dabei helfen, Aufregung herunterzuschrauben und den Organismus zu beruhigen. Das vom New Yorker Mikrobiologen Jon Kabat-Zinn entwickelte „achtsamkeitsbasierte Stressreduktionsprogramm“ („Mindfulness Based Stress Reduction“, MBSR), kurz: „Achtsamkeitsmeditation“, gilt als hochwirksam.

Die Aufmerksamkeit ist dabei ganz darauf gerichtet, was man im Moment wahrnimmt: ein Geräusch, ein Gefühl, die Atmung. Durch die annehmende Präsenz stellt sich eine wohltuende Distanz zu Gedanken und Gefühlen her. Muskelanspannung und Blutdruck sinken, die Atmung vertieft sich. „Studien zeigen: Wer Achtsamkeitsmeditation regelmäßig praktiziert, hat einen besseren Immunschutz, weniger Entzündungsfaktoren, auch die Zellalterung verlangsamt sich“, informiert Schubert. Dabei muss es nicht unbedingt eine bestimmte Entspannungstechnik sein: Alles, was uns zur Ruhe kommen lässt – Spaziergehen, Heimwerken, Musizieren, Häkeln –, tut auch dem Immunsystem gut. Aurelia Fischers zuverlässiger Ruhepol ist ihr Kater.

„Wenn ich mit meinen Atemübungen beginne, steht er schon bereit. Er legt sich dann auf meinen Bauch, schnurrt und atmet mit“, erzählt sie. Christine Eksler entspannt am besten bei einer erdenden Tätigkeit, „wenn ich im Garten arbeite, Gemüse säe oder Kräuter ernte und verarbeite“.

Mit ihrem Mann hat sie im Waldviertel ein grünes Paradies geschaffen, mit Hühnern, Katzen, Bienen und einem liebevoll gepflegten Obst-, Gemüse- und Kräutergarten. Und sie genießt den entspannten Zustand: „Ich fühle mich dann voller Lebensfreude und Tatendrang, bin optimistisch eingestellt und vergnügt.“

* Name von der Redaktion geändert.

Glaube kann Stress reduzieren

An der Innsbrucker Universitätsklinik für Medizinische Psychologie ging ein Team um Professor Christian Schubert der Frage nach, ob Glaube heilen kann. Michaela Ott, Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, informiert.

Eines vorweg: Bei der Erforschung des Themas muss von hochkomplexen Prozessen ausgegangen werden. „Damit Glaube überhaupt heilend wirken kann, bedarf es bestimmter Voraussetzungen wie des Empfindens von Sinn im Leben und eines Willens zum Leben“, veranschaulicht Ott.

Der Begriff „Glaube“ wurde zum einen im religiösen Sinn untersucht. So konnte eine Studie zeigen, dass KirchgängerInnen im Verhältnis zu Nichtgläubigen länger leben, ein stärkeres Immunsystem und weniger Entzündungen haben. „Wir gehen davon aus, dass die Menschen durch ihren tiefen religiösen Glauben unkontrollierbare und beängstigende Situationen als kontrollierbar erleben“, erklärt die Psychologin. „Das wirkt stressreduzierend und damit positiv auf das Immunsystem.“

Weiters stellte man fest, dass der Glaube an die Wirksamkeit einer Behandlung ebenfalls positive subjektive und objektive Veränderungen bewirken kann. Weil auch die Behandelnden dabei eine Rolle spielen, sollten PatientInnen solche heilenden Personen aufsuchen, zu denen sie Vertrauen haben, die entsprechende kommunikative Kompetenzen besitzen und sich ausreichend Zeit nehmen.

Nicht zuletzt sollten wir uns bewusst machen, wie eng Psyche und Körper zusammenhängen, betont Ott. „Dann wird der Glaube an die eigene Heilung genauso zum medizinischen Alltag gehören wie heute Röntgen, Spritzen und Medikamente.“

Du sollst es dir gut gehen lassen!

Wohlfühlgebote für robuste Abwehrkräfte

Unsere Abwehrkräfte hängen stark von der seelischen Befindlichkeit ab, das machen immer mehr Studien deutlich. Die US-amerikanische Psychologin Carol Ryff konnte verschiedene wohltuende Verhaltensweisen und Einstellungen herausfinden, die sie unter dem Begriff „eudaimonisches Wohlbefinden“ zusammenfasst.

Einige dieser Haltungen werden mit einer Stärkung des Immunsystems und einer Verringerung krank machender Entzündungsfaktoren verbunden. Wohlbefinden und Gesundheit sind demnach (auch) eine Frage der Lebenseinstellung.

1. Pflege gute Beziehungen!

Positive soziale Kontakte sind ein pures Lebenselixier. Wer vertrauensvolle Beziehungen pflegt und auf die Unterstützung durch FreundInnen und Familie bauen kann, hat Studien zufolge deutlich robustere Abwehrkräfte. In Krisenzeiten wird der Immunschutz durch stabile Beziehungen aktiviert.

2. Stelle dich dem Alltag!

Wer den Anforderungen der Umwelt mit dem Glauben an die eigenen Fähigkeiten begegnet, vermeidet Hektik und das Gefühl der Überforderung. Umso mehr, wenn sie oder er keine überhöhten Ansprüche an sich stellt und sich nicht mit Unwichtigem verzettelt.

3. Suche nach dem Sinn!

Wer sein Leben als sinnvoll empfindet, ist glücklicher und gesünder. Eine zentrale Rolle in Sachen Sinn nimmt die Spiritualität ein, der Glaube an etwas Höheres – was für jede und jeden etwas anderes bedeuten kann: Gott, die Kraft der Natur, die Macht der Liebe, Kunst, Musik.

4. Lebe möglichst selbstbestimmt!

Die eigenen Werte zu kennen, zu wissen, was wichtig ist, und entsprechend zu handeln, stärkt enorm. Ist unser Denken und Handeln von innen heraus bestimmt, lassen wir uns auch nicht durch andere vom Weg abbringen. Dank einer solchen Einstellung können wir selbst in Konfliktsituationen gelassen bleiben.

5. Schätze dich selbst!

Sich selbst zu akzeptieren und in allen Facetten anzunehmen, ist eine wahre Wohltat für Körper und Psyche. Selbstannahme inkludiert das Anerkennen von Schwächen oder Fehlern sowie der persönlichen Grenzen. Dieses Selbstbewusstsein verhindert, dass man sich überfordert oder die eigenen Bedürfnisse übergeht.

6. Wachse an deinen Aufgaben!

Wer die verschiedenen Anforderungen der Umwelt als positiven Ansporn im eigenen Leben betrachtet, fördert damit auch das persönliche Wachstum. Immer vorausgesetzt, dass man sich dabei fordert, aber nicht überfordert.

7. Sei fröhlich und hab Spaß!

Frohsinn, Gelächter, eine lebensbejahende und optimistische Lebenshaltung wirken wie Medizin. In Untersuchungen hat man Menschen mit lustigen Geschichten zum Lachen gebracht und festgestellt, dass das Immunsystem positiv darauf reagiert.

„Auch Ungeborene spüren Stress“

Angelika Buske-Kirschbaum, Psychologin und Professorin an der Technischen Universität Dresden, erklärt, welche Auswirkungen Stress schon auf ungeborene Kinder haben kann.

Untersuchungen legen nahe, dass Stress in der Schwangerschaft nicht nur der Mutter, sondern auch dem Ungeborenen schadet. Auf welche Art?
Angelika Buske-Kirschbaum: Ist die werdende Mutter stark belastet, reagiert das Ungeborene zum Beispiel mit erhöhtem Herzschlag oder verstärkter Bewegung. Studien zeigen außerdem, dass Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft unter erhöhter Ängstlichkeit litten, später ebenfalls ängstlicher und empfindlicher gegenüber Stress sind. Auch das Immunsystem dieser Kinder ist verletzbarer.

Werdende Mütter sollten also nicht nur auf Bewegung und gesunde Ernährung achten, sondern sich möglichst auch um ihr psychisches Wohlergehen kümmern?
Es ist immer eine gute Idee, das zu tun, ob eine Frau nun schwanger oder nicht schwanger ist. Achtsamkeit ist heute ein fast schon überstrapazierter Begriff; aber natürlich sollte man in der Phase der Schwangerschaft besonders achtsam mit sich und den psychischen Ressourcen sein. Diese sind in der körperlich belastenden Situation einer Schwangerschaft vielleicht vergleichsweise reduziert. Ich halte es aber für einen großen Fehler, wenn eine Schwangere sich sozusagen in Watte packt.

Warum?
Das Ungeborene braucht verschiedene mütterliche Reize und Eindrücke, um gesund heranzureifen. Dazu gehört mit Sicherheit auch ein gewisses Ausmaß an Stress. Es spricht also überhaupt nichts dagegen, sich als Schwangere zu fordern, die Aufgaben des Lebens zu meistern. Problematisch sind hingegen extreme oder traumatische Stresserfahrungen …

… wenn schwangere Frauen etwa durch eine Kriegs- oder Fluchterfahrung belastet sind?
Ja, zum Beispiel. Auf der Grundlage von entsprechenden Tierstudien müssen wir davon ausgehen, dass die Kinder ieser Frauen vielleicht später verletzbarer sind, was körperliche oder psychische Erkrankungen angeht. Auf Jungen wirkt sich die vorgeburtliche Belastung noch stärker aus als auf Mädchen.

Wie könnte man die Kinder unterstützen?
Ich bin fest davon überzeugt, dass man durch entsprechende frühe Förderung die Effekte von vorgeburtlichem Stress auf gewisse Art und Weise auffangen kann. Zum Beispiel durch angeleitetes und abwechslungsreiches Spielen und viele soziale Kontakte. Wenn man bedenkt, dass betroffene Kinder erst einmal in Flüchtlingsheimen untergebracht werden, dort lange isoliert und wenig gefördert bleiben und die Wände anstarren – dies ist nicht unbedingt die Prävention, die man sich aufgrund der bislang vorliegenden Ergebnisse wünschen würde.

Was kann ich für meine Gesundheit und die meiner Lieben tun?

Hilfe in der Schwangerschaft

Das Angebot der „Frühen Hilfen“ zielt darauf ab, Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitschancen von Kindern und Eltern frühzeitig und nachhaltig zu verbessern: www.fruehehilfen.at

Psychotherapie

Sie benötigen psychotherapeutische Hilfe? Eine Liste aller PsychotherapeutInnen sowie Auskünfte über psychotherapeutische Angebote in den Bundesländern finden Sie auf der Homepage des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie: www.psychotherapie.at/psychotherapeutinnen

Stressbewältigung durch Achtsamkeit

Stressreduktion durch Achtsamkeit (MBSR = Mindfulness Based Stress Reduction): Auf der Homepage der „MBSR-MBCT Vereinigung Österreich“ finden Sie eine Liste aller AnbieterInnen sowie die nächsten Kurstermine: http://mbsr-mbct.at

PNI-Kongress

Unter dem Motto „Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren“ findet im September in Innsbruck ein Psychoneuroimmunologie-Kongress statt. Details unter: www.psychoneuroimmunologie-kongress.at

Welt der Frauen April 2018

 

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  • Veröffentlicht: 15.04.2018
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