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04-05/24

Desaster-Sisters live!

Desaster-Sisters live!

Irgendwann drehe ich ihnen den Hals um. Extra für die Osterfeiertage haben sich unsere Katzen sogar ein Doppel-Verbrechen ausgedacht.

Der Kracher war ohrenbetäubend. Von der Art, die einen sekundenschnell in die Hellwachheit katapultiert. Ich stolperte, gefolgt von Mann und Tochter, die es zeitgleich aus dem Schlaf gerissen hatte, lautstark fluchend Richtung Küche. Aus dem Augenwinkel sah ich im Dunkeln einen rundlichen, kniehohen Schatten im Schweinsgalopp ins Nebenzimmer flüchten.

Ich darf vorstellen: Sisi und Zuzu, unsere Katzen, die Unfug-Sisters, die Desaster-Schwestern, die Felid*innen des Grauens! Gutmütig, gesellig und kuschelig, aber mit maßloser Verfressenheit geschlagen und im Dienste ihrer Gier zu jedem Verbrechen bereit. Ich drehte die Küchenlampe auf, schaute mich um. Dann ein Blick nach links zum Herd. Oh, nein! Das Ceranglasfeld war zertrümmert, buchstäblich zertrümmert, Scherben überall. Am Fußboden davor lag eine schwere Schnapsflasche, völlig intakt. Zu deren Inhalt hätte ich jetzt liebend gern gegriffen!

Die familieninterne Kriminalistik hatte den Hergang der Ereignisse rasch rekonstruiert: Sisi hatte der Versuchung nicht widerstanden, auch einmal ganz oben auf dem Küchenschrank neben dem Herd, wo die Schnaps- und Whiskeyflaschen dicht an dicht stehen, nach Essbarem zu suchen.

Ich machte im Nebenzimmer Licht. Aus einem Zimmereck glotzte mich Sisi mit kugelrunden Augen an. Ich schnappte sie mir unter den einen Arm; ihre Schwester, die zwei Meter entfernt saß und versuchte, unbeteiligt zu tun (was sie in diesem Fall womöglich auch war), unter den anderen und trug sie wie zwei kleine Mehlsäcke zur Wohnungstür. „Sippenhaftung!“, brüllte ich, „Raus mit euch, alle beide, fangt eine Maus oder prügelt euch mit den Nachbarskatzen, verdammt!“ Ich schupfte sie etwas unsanft ins Stiegenhaus. Genau an der Stelle, wo die weichen Katzenkörper – gewohnt lässig – landeten, stieg eine imposante Wolke von Flaumfedern auf. Was war das schon wieder? Ich schaute genauer. Hilfe! Ein in alle Einzelteile zerlegter, kleiner Vogelkadaver, den sie offenbar bereits früher hier geparkt hatten. Flaumfedern segelten durch die Luft. Ließen sich gerade in aller Ruhe auf unseren Schuhen und Sportjacken nieder.

Noch bevor ich weiter schimpfen konnte, trabten die Katzen im Gänsemarsch das Stiegenhaus hinunter in Richtung Garten. Auf zu neuen Abenteuern! Hinter ihnen die Sintflut. Letztere hatten wir zu beseitigen. Haben Sie schon einmal Flaumfedern aufgekehrt? Unmöglich. Jeder Windhauch bringt sie zum Tanzen. Man muss sie einzeln aufklauben. Haben Sie schon einmal während der Coronakrise ein neues Cerankochfeld gekauft und eingebaut? Ebenfalls nicht leicht. Nicht, dass es schon eingetroffen wäre. Wir verbringen die Osterfeiertage (und gewiss noch einige Tage länger) ohne Kochmöglichkeit. Vielleicht essen wir ein paar harte Eier. Und vielleicht wirft uns jemand etwas über den Gartenzaun. Unnötig zu sagen, dass die Desaster-Sisters bester Laune sind! In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Julia Kospach

lebt mit Mann und Tochter (10) in einer Wohnung in Bad Ischler Ortsrand-Alleinlage umgeben von Wiesen und Wald.
Nervenstatus: heiter bis wolkig mit gelegentlichen starken Entladungsgewittern.

Foto: Rita Newman

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  • Veröffentlicht: 11.04.2020
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