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04-05/24

Wir kämpfen für unsere Rechte

Moldawien, der kleine Staat östlich von Rumänien, ist ein hartes Pflaster - auch für Frauen, die mehr Gleichstellung wollen. Einige von ihnen sollte man sich merken.

Victoria Apostol (29):
ist als Aktivistin für Frauenrechte bekannt. Mit anderen Freiwilligen gründete sie vor drei Jahren die erste moldawische Vereinigung, die sich explizit als „feministisch“ bezeichnet. „Unsere erste Herausforderung war, klarzustellen, warum wir Feministinnen sind und was Feminismus überhaupt bedeutet. Ich denke, viele schauen bloß auf die Folgen von Diskriminierung. Unser Ziel hingegen ist es, die wahren Gründe zu kennen und die Ungleichbehandlung von den Wurzeln her auszurotten. Das ist der einzige Weg, eine Veränderung herbeizuführen“, sagt Apostol.

Die politisch unabhängige Gruppe organisiert auch den jährlichen Frauenmarsch am 8. März. Noch hält sich die öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber dieser Parade in Grenzen. „Fără Frică“ („Keine Angst“): Auch diesen Slogan kennt man mittlerweile in Moldawien. Mit diesen Worten verbinden sich Unterprivilegierte im Kampf gegen die Diskriminierung. Zu ihnen zählen in Moldawien Frauen ebenso wie Homosexuelle. Eine aggressive Haltung gegen diese Gruppen prägt das Land: Die beiden letzten LGBT-(„Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender“-)Aufmärsche in Chişinău wurden brutal von GegendemonstrantInnen gestört.

Mia Sandu

Maia Sandu (42) ist eine bekannte politische Figur im Land: Im letzten Jahr waren die moldawischen BürgerInnen zu Präsidentschaftswahlen aufgerufen. Mit einem Vorsprung von weniger als 100.000 Stimmen siegte im zweiten Wahlgang der sozialistische Kandidat Igor Dodon über Maia Sandu. Während ihrer Amtszeit als Bildungsministerin (2012 bis 2015) setzte sie wichtige Reformen durch, und sie wurde als künftige Premierministerin aus der Liberalen Demokratischen Partei gehandelt.

Maia Sandu mit Journalistinnen

Schlechte Bedingungen für ihre Kandidatur verhinderten diesen Aufstieg aber, woraufhin sie die unabhängige Plattform „Action and Solidarity“ gründete. In der letzten Wahlkampagne wurde Sandu mit grober Kritik an ihrem Familienstand konfrontiert: „Sie kann doch kein Land regieren, weil sie nicht Mutter ist und daher nicht einmal weiß, wie man eine Familie regiert!“ In solchen Tönen ätzten ihre GegnerInnen. Trotzdem gewann Sandu an Beliebtheit, und bei vielen kritischen Menschen wurde sie zum Symbol für den Kampf gegen Oligarchie und Korruption.

Mariana Cherdivara mit ihrer Tochter

Mariana Cherdivara (25) gewann bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio leider keine Medaille. In der 16. Runde des Wrestlingbewerbs schied sie aus. Allerdings stellte schon ihre Qualifikation für Olympia einen Sieg dar, nämlich den, als moldawische Sportlerin überhaupt wahrgenommen zu werden und Unterstützung zu erhalten.
Cherdivara wurde in einem Dorf im Bezirk Călărași geboren und begann sehr früh mit dem Judosport. Als sie zum professionellen Wrestling wechselte, gewann sie gleich dreimal die europäischen Juniorenmeisterschaften. Dennoch musste Cherdivara sehr für adäquate Trainingsbedingungen kämpfen. Manchmal erhielt sie kein Visum für internationale Turniere, und selbst als ihre Tochter zur Welt kam, gab es keinerlei finanzielle Hilfe durch den moldawischen Staat. „Meine Familie und mein Mann sind meine Unterstützer“, sagt Cherdivara.

Mariana Cherdivara mit ihren Preisen

Fakten zu Moldawien
Das 33,8 ­Quadratkilometer große Land mit rund 3,3 Millionen Menschen grenzt im Westen an Rumänien, im Norden, Osten und Süden an die Ukraine. Die Hauptstadt Moldawiens heißt Chişinău (rund 600.000 EinwohnerInnen). Die Amtssprache in Moldawien ist Rumänisch. Regional werden Gagausisch, Russisch und ­Ukrainisch gesprochen.

Mehr zum Thema finden Sie in der Printausgabe.

Erschienen in „Welt der Frau“ 10/17

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  • Veröffentlicht: 19.10.2017
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