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04-05/24

Super Chefin! Worin Frauen führend sind.

Super Chefin! Worin Frauen führend sind.
Mit ihr kann ich reden. Sie schätzt, was ich kann. Sie setzt sich für mich ein: Das sagen MitarbeiterInnen über ihre Chefinnen. Und es zeigt sich, dass der weibliche Blick auf Menschen ein vielversprechendes Konzept für wirtschaftlichen Erfolg ist. Ein Streifzug durch heimische Unternehmen, unter Berücksichtigung einiger Klischeefallen.

Frauen sind empathisch, sozial kompetent, hören auf ihr Bauchgefühl und achten darauf, dass es allen gut geht. Stehen Frauen an der Spitze eines Unternehmens, dann ist dieses auch wirtschaftlich sehr erfolgreich. Das klingt ja schon einmal gut und verlockt zur Schlussfolgerung: Frauen „unternehmen“ besser! Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. „Frauen sind sozial kompetent und deshalb erfolgreicher als Männer – das ist ein Klischee, für das ich so nicht zu haben bin“, stellt Manuela Vollmann klar. Sie ist Geschäftsführerin von „abz*austria“, einer Organisation, die sich seit 1992 für die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt und für Karrie­re­förderung von Frauen starkmacht. Im Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg weist Vollmann gleich einmal auf das Potenzial der Vielfalt hin: „Es ist erwiesen, dass gemischtgeschlechtliche Teams besser arbeiten als Gruppen, in denen Männer die Mehrheit stellen. Vielfalt bereichert unsere Gesellschaft nicht nur, sondern bringt auch ganz klare ökonomische Vorteile. Und das zeigt, wie wichtig es ist, alle Kompetenzen und Fähigkeiten von Frauen und Männern für den wirtschaftlichen Erfolg zu nutzen.“

STÄRKEN NUTZEN
„Sie ist eine harte Verhandlerin“, sagt Kurt Kirchgatterer über Gertrude Schatzdorfer-Wölfel. Die beiden sind genau solch ein gemischtes Team, das sich weibliche und männliche Stärken bewusst zunutze macht. Sie ist die ­Eigentümerin von „Schatzdorfer Ge­rätebau“ in Zipf und damit seine Chefin. Er ist technischer Geschäftsführer und ihr wichtigster Sparringspartner (siehe Seite 18). „Wir arbeiten seit 13 Jahren zusammen, haben vieles gemeinsam durchgestanden und erreicht. Jeder von uns weiß, was der andere kann – und die Tatsache, dass wir uns in unseren Fähigkeiten gut ergänzen, nutzen wir ganz bewusst. Klar ist aber: Sie ist die Chefin, sie entscheidet“, sagt Kirchgatterer. Die „harte Verhandlerin“ Schatzdorfer-Wölfel erzählt, wie gut dieser bewusste Einsatz von weiblichen und männlichen Qualitäten dem Unternehmen tut. „Die Kompetenzen und die Loyalität von Kurt Kirchgatterer sind für die Stärke und den Erfolg meiner Firma wesentlich. Das weiß und schätze ich.“

ÜBERRASCHUNGSEFFEKT
Wie schaukelt das gemischte Führungsdoppel den Unternehmens­all­­tag? Eine bewusste Entscheidung war es zum Beispiel, dass sich die Chefin um die Reklamationen persönlich kümmert. „Reklamationen sind wichtig und emotional besetzt. Indem ich mich darum kümmere, gebe ich nicht nur dem Kunden, der Kundin hohe Wertigkeit, sondern auch meinem Team. Und ganz ehrlich: Wenn ich auf der Suche nach einer Lösung meinen Ansprechpartner – meistens sind das Männer – um seine Einschätzung und Hilfe bitte, dann sagt keiner einfach nein.“ Mit einer gewissen Genug­tuung erzählt die Unternehmerin auch davon, wie gut es ist, manchmal unterschätzt zu werden – und wie auch das Teil einer Strategie werden kann. „Bei Bauverhandlungen etwa reden die Herren der Bauunternehmen immer zuerst mit Kurt Kirchgatterer, der fachlich bestens vorbereitet ist. Wenn ich dann beginne, meine Fragen zu stellen, sind sie oft sehr irritiert. Früher hat mich das massiv gestört. Jetzt habe ich das Selbstbewusstsein, ­solche Situationen fast zu genießen. Unterschätzt zu werden ist die perfekte Voraussetzung für optimale Verhandlungen! Das sollte man schon als junge Frau als Chance erkennen.“

DAS GROSSE GANZE
Wenn es um die Qualitäten von Frauen in der Chefetage geht, wird oft der Blick aufs große Ganze – also auf die Unternehmensziele gleichermaßen wie auf die Menschen – erwähnt. Empathie, Kommunikationsstärke und respektvoller Umgang mit­einander sind dafür gute Voraussetzungen, wirken auf das Betriebsklima, steigern die Motivation und damit auch die Anzahl positiver Ergebnisse (siehe Kasten Seite 18). „Ich achte sehr genau darauf, wie unsere MitarbeiterInnen miteinander umgehen. Das klingt einfacher, als es ist. Oft ist es schon eine Herausforderung, ja fast harte Arbeit, die Kommunikation offen und kon­struktiv zu halten“, erzählt Agnes Reiter (siehe Seite 16). Sie führt mit ihrem Mann die Malerei Reiter in Raab mit 25 MitarbeiterInnen. „Auch wie wir mit Sprache umgehen, ist mir wichtig. Da geht es ja generell um Respekt und Wertschätzung. Die Männer im Team haben hier durchaus noch ein bisschen Aufholbedarf“, meint sie mit einem Augenzwinkern. Nicht ganz so entspannt sieht Manuela Vollmann das Thema „Sprache“: „Das Gendern ist wichtig, davon rücke ich nicht ab. Denn es ist nachweislich so, dass sich Mädchen und Frauen sonst nicht angesprochen fühlen. Und nur wenn Frauen sich angesprochen fühlen, kommen das Bewusstsein für die Gleichstellung und damit die Gleichstellung selbst in Gang.“

Lesen Sie weiter in „Welt der Frau“ 02/17.

 Margit Lebherz über ihre Chefin Elisabeth Krainz: 

„Sie weiß zu schätzen, was wir leisten!“

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Margit Lebherz und ihre Chefin Elisabeth Krainz von „Mein Müli. Der Bioladen“ in Linz. Als Mitarbeiterin fühlt Margit Lebherz sich ernst genommen und wertgeschätzt. Als Chefin weiß Elisabeth Krainz, was ihre Mitarbeiterin einbringt und leistet. © Robert Maybach

Ich arbeite seit 25 Jahren im „Müli“ und möchte nirgends anders hin. Bei uns geht es sehr familiär zu, viele Kundinnen und Kunden kommen sicher genau aus diesem Grund immer wieder zu uns. Das macht auch das Besondere an unserem Geschäft aus. Natürlich ist bei uns nicht immer alles eitel Wonne. Es gibt auch Konflikte, so wie überall, wo Menschen zusammenarbeiten. Aber wir können über alles reden – und zwar so, dass es dann wieder für alle stimmt und keine gekränkt ist oder sich benachteiligt fühlt. Darauf hat Elisabeth von Anfang an großen Wert gelegt. Sie weiß zu schätzen, was wir leisten. Sie sagt uns das auch und meint es ehrlich. Die Tage sind oft ganz schön anstrengend, und weil wir ja ein kleines Team sind, muss unsere Leistung wirklich passen. Für mich ist es dann auch ein weiteres Zeichen der Wertschätzung meiner Arbeit, wenn ich am Gehaltszettel sehe, dass Elisabeth meine Leistung über dem Kollektivvertrag honoriert.

Ich war ja schon bei „Müli“ beschäftigt, bevor sie die Firma übernommen hat, und bin gerne mitgegangen. Vor diesem Neuanfang habe ich schon einiges erlebt. Einen Betriebsberater zum Beispiel, der fürs Kostensparen gleich einmal das Personal gekürzt hat. Elisabeth hatte da einen anderen Zugang. Natürlich war die Kostenfrage auch für sie eine wichtige, aber sie hat halt an anderen Stellen gespart, nicht bei den Mitarbeiterinnen. Was ich an ihr so schätze, ist das Vertrauen, das sie mir und meinen Kolleginnen entgegenbringt. Oder dass ihr unsere Meinung wichtig ist: Bei neuen Produkten werden wir gefragt, was wir von ihnen halten und ob wir sie ins Sortiment aufnehmen würden. Für mich ist es ein gutes Gefühl, und es gibt mir auch Sicherheit, eine Chefin zu haben, die ihr Geschäft versteht, die weiß, was wir gemeinsam leisten, mit der ich offen reden kann – und die auch meistens gut gelaunt ist!

Kurt Kirchgatterer über seine Chefin Gertrude Schatzdorfer-Wölfel:

„Wir führen unsere Stärken zusammen.“

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Gertrude Schatz­dorfer-Wölfel ist Eigentümerin von „Schatzdorfer Gerätebau“ in Zipf in Oberösterreich und kümmert sich operativ um die kaufmännischen Agenden der Firma. Als technischer Geschäfts­führer steht ihr mit Kurt Kirchgatterer ein erfahrener Manager zur Seite. © Alexandra Grill

Ich habe mit Gertrude Schatzdorfer-Wölfel seit 13 Jahren eine Frau als Vorgesetzte, die mit Leib und Seele Unternehmerin ist. Sie hat ein gutes Gefühl dafür, was für die Leute und das Unternehmen gut ist. Dieses Gefühl will sie untermauert haben von Daten und Fakten, die ich ihr liefere – und dann werden die Entscheidungen getroffen. Da führen wir unsere Stärken für die Firma sehr gut zusammen. Wir reiben uns sehr wohl in manchen Belangen, und ich sage meine Meinung, wenn ich etwas anders sehe als sie. Aber genau das schätzt sie und fordert es sogar ein. Sie ist genau, an allem interessiert und will alles verstehen. Sie fragt viel, jedem gegenüber – ohne jegliche Sorge, sich damit etwas zu vergeben. Auf diese Weise hat sie sich auch ein beachtliches technisches Know-how erarbeitet.

Gerti schaut anders auf manche Dinge, als ich das tun würde. Im Kleinen ist das vielleicht ein Kaffeefleck auf dem Boden der Produktionshalle. Sie spricht direkt an, dass ihr das nicht passt. Das gilt bei ihr auch im Großen, wenn wir zum Beispiel Maschinen kaufen und Preise verhandeln. Letztens ging es um eine Laserschneidemaschine. Watt, Leistung, Geschwindigkeit – technisch gesehen war alles klar, ein hochwertiges Gerät jenseits einer Million Euro. Und dann gab es da einen kleinen Maschinenteil, der mit Wasser befüllt werden muss. Gerti bemerkte, dass die Vorrichtung dafür schlecht geplant ist – denn beim Einfüllen schüttet man unweigerlich Wasser daneben. Das kann Rost verursachen oder einen rutschigen Boden. Ich hätte das nicht so eng gesehen, sie dagegen hat das massiv reklamiert. Mit einem deutlichen Effekt, was den tatsächlichen Verkaufspreis betraf.

In vermeintliche „Kleinigkeiten“ kann sie sich regelrecht verbeißen. Das ist manchmal anstrengend, das gebe ich zu. Das macht aber auch ihr Verhandlungsgeschick aus und zeigt ihre Haltung: Man muss sich auch um die kleinen Dinge kümmern, damit das große Ganze gut wird. Sie lebt auch vor, dass Ehrlichkeit keine Schwäche ist, sondern Stärke bedeutet.

 

Wichtig sind Offenheit und Neugierde

Frauen überlegen gründlich, ob sie eine Führungsposition übernehmen wollen. Frauenförderin Brigitte Maria Gruber bestärkt darin, Mut und Selbstbewusstsein zu entwickeln.
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Brigitte Maria Gruber ist Gründerin und Geschäftsführerin der „Frauen:Fachakademie Schloss Mondsee“, die sich die Förderung und Persönlichkeitsentwicklung von Frauen in allen Alters- und Berufsgruppen zum Ziel gesetzt hat. www.frauenfachakademie.at © Mona Lenz

Wird man mit dem „Chefinnen-Gen“ geboren – oder kann man das auch lernen?
Brigitte Maria Gruber: Sicher ist eine gute „Grundausstattung“ hilfreich. Wenn Eltern ihre Kinder dann noch zur Selbstständigkeit erziehen, schlägt sich das auch im selbstsicheren Auftreten nieder. Was meiner Meinung nach für Chefinnen wichtig ist, sind Offenheit, Neugierde und Mut. Alles Weitere ergibt sich dann.

Wie erleben Sie die junge Generation – sind Führungspositionen für junge Frauen überhaupt noch etwas Anstrebenswertes oder gar Besonderes? 
Teils, teils. Ich erlebe in meinen Seminaren immer wieder junge, gut ausgebildete Frauen, die auf der Karrie­releiter nach oben wollen. Allerdings wollen sie das nicht um jeden Preis. Bei einem Angebot für eine höhere Position oder bei einem Jobwechsel klopfen sie Pro und Kontra lange und genau ab und stellen sich Fragen wie: „Was bringt mir die neue Position, was muss ich dafür aufgeben? Und: „Tu ich mir das wirklich an?“ In gleicher Situation hat ein Mann schon zweimal Ja zur neuen Position gesagt und steigt auf.

Das ganze Interview finden Sie in „Welt der Frau“ 02/17.

 

Erschienen in „Welt der Frau“ 02/17 – von Carola Malzner

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  • Veröffentlicht: 10.02.2017
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