Wie passt die Gegend im Buch mit der vor den eigenen Augen zusammen? Wie verweben sich Landschaft und literarische Geschichten? Lese- und Reisetipps durch Österreich in neun Teilen. Lesend reisen, reisend lesen – Teil 3: Kärnten. Von Julia Kospach.
KÄRNTEN: Mit Werner Koflers „Guggile“ in Villach
Für die einen war er Nestbeschmutzer, Provokateur und Tabubrecher. Für die anderen sprachverspielter Aufklärer und Kämpfer gegen provinzielle Enge und Geschichtsvergessenheit. In jedem Fall war Werner Kofler (1947–2011) der „Sprengmeister aus Villach“. Dem Aufwachsen und Erwachsenwerden im spießigen, biederen Villacher Kleinbürgertum der 1950er-/60er-Jahre war auch sein „Guggile: vom Bravsein und vom Schweinigeln“ (1975) gewidmet. Koflers parodistische Abrechnung beschwört eine Nachkriegsstimmung herauf, die man im modernen Villach mit seinem auf Italienisch getrimmten Straßencafé-Flair nur mehr erahnt, wenn man die Stadt besucht und durch die Straßen geht: über die Draubrücke mit Blick auf die Vulkansilhouette des Mittagskogels oder über den Hauptplatz, wo keines der vielen kleinen Geschäfte in Familienbesitz übrig ist, die die Stadt früher prägten. Die Schönheit der Umgebung mit ihren Seen und Bergen: Für Kofler war ihr Genuss Zwangsverpflichtung. Achtung! Daran zu denken, kann auch die eigene Perspektive beeinflussen.
Werner Kofler:
Guggile: vom Bravsein und vom Schweinigeln.
Eine Materialsammlung aus der Provinz. Quartheft 72.
Verlag Klaus Wagenbach, antiquarisch erhältlich
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