Martin Moser (34) hat sein Leben dem Wandern und den Bergen verschrieben. Über die Faszination des Weitwanderns und wie man es angeht
Wie sind Sie zum Weitwandern gekommen?
Meine erste Tour führte mich 2010 auf den spanischen Jakobsweg. Obwohl die ersten zwei Wochen furchtbar anstrengend waren, weil ich wenig darauf vorbereitet war, packte mich nach 30 Tagen die Leidenschaft. Diese Tour hatte einen besonderen Hintergrund, da meine Mutter einige Monate zuvor an einer langwierigen Krebserkrankung verstorben war. Mein erster Weitwanderweg war somit körperlich und emotional eine besondere Herausforderung und half mir auch über eine schwere Zeit hinweg. Diese Tour war auch dafür verantwortlich, dass mein Leben eine andere Richtung genommen hat.
„Eine Faustregel besagt, dass das Rucksackgewicht zehn Prozent des eigenen Körpergewichts betragen soll.“
Was macht für Sie die Faszination des Weitwanderns aus?
Es ist für mich die schönste Art des Reisens und die beste Möglichkeit, um mit der Natur, der Kultur und den Menschen einer Region in Kontakt zu treten. Diese Fortbewegung zu Fuß ist nicht nur für den Körper eine teils anstrengende, aber angenehme Erfahrung, sondern tut auch der Psyche gut. Der Alltag ist auf einmal so einfach: Gehen, essen, schlafen, mehr braucht es nicht. Eine Hüttentour ist für mich so etwas wie ein komprimiertes Leben: Man startet rein, lernt die neue Umgebung kennen, schlägt unterschiedliche Richtungen ein und begegnet ständig anderen Menschen. Man muss eine Weitwanderung einmal erlebt haben, um die Besonderheit dieser Fortbewegung verstehen zu können.
Was würden Sie Weitwanderneulingen raten? Was sollte beachtet werden?
Man sollte sich im Vorfeld einige Fragen stellen, sonst kann die Vorfreude schnell in Frustration umschlagen. Natürlich ist es wichtig, sich über die eigenen körperlichen Fähigkeiten im Klaren zu sein – was die Kondition betrifft, aber auch, was die Technik angeht, ob man schwindelfrei und trittsicher ist. Wer nicht besonders fit ist, sollte das tägliche Gehen in den Alltag integrieren und die Kilometerleistung ständig erhöhen. Dann gewöhnt sich der Körper an die Belastung. Der Rucksack sollte nicht zu schwer sein. Eine Faustregel besagt, dass das Rucksackgewicht zehn Prozent des eigenen Körpergewichts betragen soll. Das geht sich jedoch selten aus, und es hängt auch davon ab, wie man unterwegs ist – ob mit Zelt oder mit Hüttenschlafsack, oder ob man in Gasthäusern nächtigt. Im Vorhinein sollte man sich gut über den geplanten Weg und über Öffnungszeiten und Schlafplätze informieren. Manche Hütten sind Monate im Voraus ausgebucht. Außerdem lohnt es sich, eine Mitgliedschaft bei einem alpinen Verein in Österreich abzuschließen. Man erhält dann Vergünstigungen bei der Nächtigung in der Hütte, auch ein Versicherungsschutz ist inkludiert.
Martin Moser verfasst Wanderbücher, ist Naturschutzsprecher beim Alpenverein und stellt auf seinem Blog gehlebt.at Weitwanderwege in Österreich und Europa vor.
Buch zum Thema:
Martin Moser
30 Wanderungen in Österreich, die man einmal im Leben gemacht haben muss.
Droste Verlag
Dieses Interview ist in der „Welt der Frauen“ Mai 2022-Ausgabe erschienen. Erhältlich als Einzelheft in unserem Shop, zum Testabo geht es hier.