Zu Mittag, wenn die Sirene auf der Mogulkata-Teeplantage das Ende der Morgenschicht signalisiert, schnappt sich die 45 Jahre alte Mina Sharma schnell ihren Schirm und ihre Schlafmatte. Dann reiht sie sich in eine Schlange von Frauen ein, die darauf warten, dass ihre Blätter gewogen werden. Zwei Männer in Hemden und kurzen Hosen kontrollieren das Gewicht der Teeblätter und schreiben es auf einen Zettel.
Gleich nachdem sie ihre Last abgeladen hat, eilt Sharma nach Hause und kocht sich ein karges Mahl. Meistens gibt es Gemüse, denn das ist das einzige, was sie sich von ihrem mageren Lohn leisten kann. Eineinhalb Stunden später, wenn die Sirene wieder ertönt, hat Sharma bereits ihr desolates Haus verlassen, um den Rest der 25 Kilo Teeblätter – ihr Tagespensum – zu pflücken. „Mein Leben ist eine ständige Hetze“, klagt sie, während sie das Essen hinunterschlingt. Mit 30 Jahren übernahm Sharma, alleinerziehende Mutter eines Kindes, den Job ihrer Mutter und begann als Teearbeiterin. Wie ihre Kolleginnen verdient sie nur 112,50 Rupien pro Tag, das sind weniger als zwei US-Dollar. Dabei arbeitet sie für eines von Indiens wichtigsten Geschäftsfeldern. Sharma ist in Pakka Line geboren und aufgewachsen. Das Dorf liegt auf der Mogulkata-Teeplantage. Sharma wohnt dort mit ihren Eltern in einem Haus, das das Teeunternehmen vor mehr als 50 Jahren der Familie zur Verfügung gestellt hat. „Reparaturen wurden nie gemacht“, sagt sie. „Immer wenn es regnet, müssen wir drinnen einen Regenschirm aufspannen.“ Im Haus gibt es keine Sanitäranlagen, und die einzige Stelle, an der es Leitungswasser gibt, muss 500 Leute
versorgen. Daher holen sich viele ArbeiterInnen verunreinigtes Wasser vom offenen Brunnen. Häufig kommt es zu Fieber und Durchfallerkrankungen, aber wenn die PflückerInnen krank sind, erhalten sie nur die Hälfte ihres täglichen Lohns.
Den gesamten Text finden Sie in „Welt der Frau“ 0708/16
Erschienen in „Welt der Frau“ 0708/16 – von Matteo Fagotto