Aktuelle
Ausgabe:
Bewegung
04-05/24

Die Kraft der Kräuter

Die Kraft der Kräuter
Foto: AdobeStock

Annemarie Herzog ist Räucherexpertin und hat mehrere Bücher zum Thema verfasst. Im Interview erzählt sie, warum diese uralte Technik heute so modern wie eh und je ist.

Wie sind Sie zum Räuchern gekommen?

Ich bin von meiner Großmutter „infiziert“ worden. Von meinem fünften Lebensjahr an habe ich alles mitbekommen, was sie gemacht hat: Sie war mit ihrem Räucherschemel (auf den man die Füße stellen kann, sodass sie von unten vom Rauch berührt werden, Anm.) unterwegs und hat Menschen und Tieren geholfen. Sie hat mir all ihr Wissen mitgegeben, vom richtigen Zeitpunkt, die Pflanzen zu pflücken, bis zur Verarbeitung. Dieses Hintergrundwissen ist bei mir verankert – und seither habe ich nie aufgehört, zu räuchern.

Foto: Annemarie Herzog
„Die Menschen haben immer verstanden, mit Räuchern etwas in Bewegung zu bringen und zu helfen.“

Wann und warum räuchert man?

Räuchern ist keine neue Erfindung – es wird praktiziert, seit es das Feuer gibt. Die Menschen haben immer verstanden, mit Räuchern etwas in Bewegung zu bringen und zu helfen. Zum einen nutzen wir das Räuchern heute, um Räume zu reinigen. Das kann man das ganze Jahr über machen, dabei werden sozusagen Energien weggeputzt. Dann gibt es Brauchtum, das das Räuchern mit einer bestimmten Zeit verbindet, wie das traditionelle Räuchern an Weihnachten oder zu den Raunächten, die zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag liegen. 

Ist Räuchern auch eine Heilmethode?

Räuchern kann Psyche, Seele und Körper nähren. Wie das Rühren von Salben, das Kochen von Tees oder das Anlegen von Wickeln gehört auch das Räuchern zu den Naturheilmethoden. Menschen haben es immer schon verwendet und sich selbst geholfen, weil kein Arzt oder keine Apotheke gleich ums Eck waren. 

Man hat den Eindruck, dass es wieder „in“ ist – erleben Sie das auch so?

Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass es so ist. Die Menschen sehnen sich nach natürlichen Dingen, die ihnen helfen können. Beim Räuchern spürt man die Kraft, die in den Kräutern steckt, weshalb die Qualität der Kräuter auch das Wichtigste beim Räuchern ist. Deshalb ist es auch ein „Trend“, dass man wieder zu den heimischen Kräutern zurückfindet und statt dem weißen Salbei aus Südamerika den nutzt, der hier vor unseren Füßen wächst. Es ist eine Frage der Regionalität und auch der Nachhaltigkeit. Wir haben nämlich keinen Mangel an Pflanzen, es ist alles hier. Ich verwende zu 100 Prozent heimische Pflanzen und stehe für Regionalität. Das einzige, das ich verwende, das von weiter weg kommt, ist der Weihrauch. 

Sie haben mehrere Bücher zum Thema geschrieben. Was ist das Faszinierende am Räuchern?

Dass es eine unglaublich schnelle Methode ist, sich aus der Natur Hilfe zu holen. Der Rauch entsteht beim Auflegen der Kräuter, enthält alle ihre Inhaltsstoffe und wirkt sehr, sehr schnell. Man merkt sofort die Wirkung, spürt, dass etwas passiert. 

Kann jede und jeder selbst räuchern? Haben Sie praktische Tipps für AnfängerInnen?

Das Erste und Wichtigste, das man tun muss, ist, den Kopf, das rationelle Denken auszuschalten. Räuchern ist etwas für den Hausverstand und das Bauchgefühl. Man braucht eigentlich keine Anleitung, weil man selber spürt, was man braucht. Zum Anfangen braucht es nicht mehr als eine Räucherschale, die mit einem Sieb ausgestattet ist, auf die die Kräuter gelegt werden, darunter kommen die Kohlen hinein. Beim Reinigen von Räumen – wie es ja auch zu Weihnachten gemacht wird – gibt es eine andere Vorgehensweise als beim Räuchern, um sich besser zu fühlen. Für Interessierte gibt es jede Menge Videos – etwa auf meinem YouTube-Kanal („Achanta“, Anm.) oder auf meinem Blog. Wann, wie, welche Kräuter: Es gibt heute eine Fülle an Information, die man sich holen kann.

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 16.11.2023
  • Drucken