Fuveme (Ghana). „Ich habe drei Tage nicht geschlafen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mich davor gefürchtet, die Wellen könnten mich mitreißen.“ Die 46 Jahre alte Janeth Akorli sitzt vor ihrem Haus – gleich daneben steht das Haus ihrer Nachbarin, dessen Dach völlig zerstört wurde –, und sie ist immer noch darüber schockiert, was sie am Tag zuvor erlebt hat. Gewaltige Flutwellen schwappten über die Küste, setzten das kleine Fischerdorf am Atlantik unter Wasser und verwüsteten die schäbigen Wohnstätten.
„Ich war gerade beim Kochen, als das Wasser kam. Binnen Sekunden waren alle Räume überflutet“, erzählt die Frau mit ihrem ein Jahr alten Baby auf dem Schoß. „Ich konnte nichts tun. Ich konnte mich selbst retten, aber ich habe alles verloren, was ich hatte.“ Heute Abend wird sie wohl im Haus eines Verwandten unterschlüpfen, in angstvoller Erwartung der nächsten Flut.
Trotz der Tragödie, die sie gerade traf, spricht Akorli mit sehr ruhiger, würdevoller Stimme, nur ihre ausdrucksstarken dunklen Augen verraten das Leid, das sie gerade erlitten hat. Die Witwe und Mutter von acht Kindern erinnert sich noch gut an die Zeit, als das ghanaische Dorf, eingebettet zwischen dem Meer und der Volta-Flussmündung, eine prosperierende Gemeinde mit 2.500 EinwohnerInnen war, die von der Fischerei und von Kokosnussplantagen lebten. Aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten führten der Klimawandel und andere durch Menschen verursachte Naturkatastrophen zum Ansteigen des Meeresspiegels und der Temperatur sowie zur Küstenerosion. Langsam, aber unaufhaltsam begann das Meer Hunderte Meter Küste zu verschlucken, dann die Kokosnussplantagen und die erste Reihe von Häusern. Die DorfbewohnerInnen waren gezwungen, sich auf ein Fleckchen Sand von nur 300 Metern zurückzuziehen.
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Erschienen in „Welt der Frau“ 10/16 – von Matteo Fagotto