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04-05/24

Brigitte Schwarz: „Alles im Leben beginnt mit der Sehnsucht …“

Brigitte Schwarz: „Alles im Leben beginnt mit der Sehnsucht …“

Was bedeutet Sehnsucht für Sie? Worauf richtet sich Ihre Sehnsucht? Welche Sehnsucht hat sich für Sie in Ihrem Leben schon erfüllt? Unsere Leserinnen haben uns ihre Gedanken dazu geschrieben.

Die pensionierte Verwaltungsangestellt Brigitte Schwarz (72) aus Wien ist Mitglied der Laien-Gemeinschaft des Hl. Franz von Sales. Die Erfüllung ihrer tiefsten Sehnsucht habe sie völlig gewandelt, sagt sie.

Alles im Leben beginnt mit der Sehnsucht. So war das auch bei mir, geboren 1948 in der Nachkriegszeit in Wien. Das Erste, wonach sich vermutlich jeder Mensch sehnt, ist die Liebe und Geborgenheit der Eltern.

In meinem Fall war das nur zum Teil möglich, dafür wurde meine große Sehnsucht nach Freiheit voll erfüllt. Ich konnte mich sehr frei entwickeln, erlebte weder religiöse Zwänge noch starre Familienbande.

Meine Mutter war Deutsche, evangelisch liberal,  mein Vater katholisch, aber fern von der Kirche. Er hatte die schreckliche Zeit der Zwischenkriegsepoche nicht schadlos erlebt und daher eine sehr abweisende Haltung zur Kirche entwickelt.

Im Jugendalter sehnte ich mich nach Erfolg, Anerkennung und Vorbildern, denn meine Eltern hatten sich getrennt und waren sehr beschäftigt. Ich sehnte mich danach, es mit meinen sportlichen Begabungen im Mannschaftssport Hockey und dem Einzelsport Tennis weit zu bringen, und das gelang mir auch.

Die Erfolge stellten sich rasant ein, viele Reisen und Berufungen zu den höchsten Ehren waren bald Alltag. Auch meine Sehnsucht, Vorbilder für mein Leben zu finden, erfüllte sich.

Aber trotz allem Siegerinnen-Glanz stellte sich auf den vielen Reisen nach und nach die Sehnsucht nach Sinn ein. Wie nachhaltig sind also diese Erlebnisse, wenn sie so schnell verblassen? Jetzt war da die Sehnsucht nach Glauben und nach Gott in meinen Gedanken und in meinem Herzen!

Und so begann mich die Suche nach dieser Sehnsucht zu beschäftigen. Sie ist wahrscheinlich die stärkste Kraft im Menschen, sofern wir sie zulassen.

Unterstützt wurde ich auf dieser Suche von meiner damals ebenfalls suchenden Freundin. So entstand die Sehnsucht nach einem Partner für eine christliche Ehe. Auch diese wurde erfüllt, als ich meinen späteren Mann kennenlernte.

Aber nach zwei Jahren wollte mein Mann diesen christlichen Weg nicht weitergehen. Also vereinbarte ich mit ihm, meiner jungen Sehnsucht nach Gott allein zu folgen.

Nach der Geburt meiner Tochter folgten viele schöne Jahre als Familie, bis eine üble Diffamierung meines Mannes ihm so zu schaffen machte, dass er schwer erkrankte. Schließlich starb er traurig und nicht versöhnt mit sich und Gott.

Nun war ich frei und inzwischen fast 70 Jahre alt. Welche Sehnsucht sollte jetzt noch kommen? Gab es verschüttete Sehnsüchte, die ich bewusst gar nicht wahrgenommen hatte? Ich fragte Gott: Was hast du noch vor mit mir?

Ich ging in Wartestellung – eine Haltung, die mir schon viel Segen brachte. Gott hatte in meinem Leben immer Regie geführt. Und auch diesmal war es so!

Ich kannte einen Mann aus dem Seniorenclub unserer Pfarre. Er war 26 Jahre älter als ich und hatte kurz zuvor seine Frau verloren. An einem Heiligen Abend – ich war frustriert vom Weihnachtsabend bei meiner Familie geflüchtet – begleitete ich ihn zu seiner Wohnung, da es schon spät war.

Aus diesem unscheinbaren Ereignis entstand nach und nach eine Beziehung, die ich anfangs gar nicht fassen konnte. Dieser alte Mann schenkte mir eine Geborgenheit und Liebe, die immer schon als Sehnsucht tief in mir geschlummert hatte. Er konnte sie wecken und erfüllen.

Wir verbrachten mehr als zwei Jahre in einer Verbundenheit, die mich völlig veränderte. Es war, als wäre ich neu geboren worden. Wenn ich heute Filme sehe, die mich früher unberührt ließen, so empfinde ich nun völlig anders, weil ich nun die Sehnsucht kenne.

Welt der Frauen April 2021

 

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Foto: privat

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  • Veröffentlicht: 25.03.2021
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