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03/24

Astrid Miglar: „Ich will frei sein!“

Astrid Miglar: „Ich will frei sein!“

Was bedeutet Sehnsucht für Sie? Worauf richtet sich Ihre Sehnsucht? Welche Sehnsucht hat sich für Sie in Ihrem Leben schon erfüllt? Unsere Leserinnen haben uns ihre Gedanken dazu geschrieben.

Ihre Sehnsucht erfüllt sich die Sekretariatsangestellte Astrid Miglar (50) aus Reichraming mit dem Schreiben. Sie ist Teil des „textQuartett“ Steyr, hat die Kolumne „Würzige WortWechsel“ in den „OÖNachrichten“ und veröffentlicht bald ihren ersten Krimi.

Erst kürzlich fragte mich jemand – und es klang enttäuscht: „Ich dachte, du bist frei?“ Mein Fragesteller meinte wohl, ich wäre ungebunden. Ich mutmaße dies, denn ich habe nicht nachgefragt. Aber ich war verwundert.

Was für eine Frage: „Ich dachte, du bist frei?“ Es schwang Sehnsucht darin mit, ein unglücklicher Klang im Tonfall, der mich nachdenklich stimmte.

Wonach steht mir der Sinn, was ersehne ich für mich? Eines weiß ich bestimmt: Von mir angestrebte Ziele sind häufig unerreichbar fern. Von vielen Lebensplänchen und auch großartigen Lebensplänen durfte ich mich verabschieden. Von wichtigen und auch von nur vermeintlich wichtigen.

Dennoch verzehre ich mich danach. Dann bleiben Zweifel, schmerzhafte Sehnsucht, Grübeleien. Gelegentlich knurre ich mich dann selbst an, weil ich mein Leid nicht leiden kann. Darin unterscheide ich mich vermutlich kaum von anderen Menschen mit Sehnsüchten.

Wenn ich klug bin, weiß ich, dass es – wenn es sich um schöne Dinge handelt, die ich unbedingt besitzen will – keine großartige Rolle in meinem Leben spielen wird, ob ich das Sehnsuchtsziel des Besitzens erreichen werde. Im besten Fall erkenne ich, dass es nur eine pure Darstellung nach außen ist, dass mir der Sinn nach einem Prestigeobjekt steht, dem ein Drang, eine weitere Sehnsucht folgen werden.

Besonders Prestigeobjekte haben die schlechte Angewohnheit nach Steigerungen zu fragen, neue Sehnsüchte nachrücken zu lassen, die wiederum gestillt werden wollen. Mit Leichtigkeit, manchmal aber auch mit schwerem Herzen, verabschiede ich mich dann von materiellen Sehnsüchten. Besonders schwer fällt mir dies bei diesem wunderbaren roten Schuhpaar, das mich verführt, obwohl ich schon …

Glauben Sie mir, ich grüble dann über meine Oberflächlichkeit, wo ich doch weiß, dass sich materielle Sehnsüchte, die nicht lebensnotwendig sind, auch unerfüllt ertragen lassen. Dennoch: diese roten Schuhe!!! Ich seufze ein wenig.

Aber was mache ich mit meinen anderen Hoffnungen, damit deren Nichterfüllung mich nicht überwältigt und in bodenlose Trauer stürzt? Was mache ich mit meiner Sehnsucht nach Menschen? Oder jenen Sehnsüchten, die meinen Geist anregen – die Sehnsucht nach Kunst, Kultur und Reisen? Jetzt werde ich störrisch, denn jeglichen Entzug muss ich mir wirklich nicht gefallen lassen!

Es gibt Wünsche, die sich erfüllen sollen, auf die ich nicht verzichten will! Ich verzichte nicht gerne auf gute Gespräche. Gemütliches Zusammensitzen ist mir wichtig. Besonders jetzt, in Coronazeiten, werden viele meiner Lüste augenscheinlich. Es wird an meine Vernunft appelliert, sie zu unterbinden, hintanzustellen, aber ich weiß gewiss: Die Zeit wird kommen.

Ich werde meine Mobilität zurückerlangen! Ich werde Freundinnen und Freunde treffen, mich spontan verabreden, lachen, die Mimik anderer unverhüllt genießen. Ich werde meine Freiheit zurückerlangen, denn das ist meine großartigste Sehnsucht: „Ich dachte, du bist frei?“

Ich brauche meine Sehnsüchte. Ich will nicht sagen, es sei gleichgültig, worauf sie sich beziehen, aber meine Sehnsüchte sind mein Motor. Im günstigen Fall stillen meine erfüllten Sehnsüchte in irgendeiner Form auch Sehnsüchte anderer Menschen.

Welt der Frauen April 2021

 

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Foto: privat

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  • Veröffentlicht: 25.03.2021
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