Ein Gespräch mit der ehemaligen Skirennläuferin Nicole „Nici“ Schmidhofer über das Fest der Feste, Briefe ans Christkind, vorweihnachtlichen Stress und ihre ganz persönliche Vanillekipferl-Tradition.
Oktober war in Ihrer aktiven Zeit als Skisportlerin die Zeit des Saisonstarts. Und spätestens ab Oktober haben gefühlt auch die Nikoläuse und Lebkuchen in den Supermärkten wieder Saison. Gehören Sie zu jenen Menschen, die sich bereits ab diesem Zeitpunkt auf Weihnachten freuen, oder eher zu jenen, die froh sind, wenn das Fest vorbei ist?
Ich sehe das relativ neutral. Für mich ist Weihnachten nicht so wichtig. Es ist ein schönes Fest und ich mag das Drumherum. Mir gefallen die Weihnachtsmärkte, mir gefällt die Beleuchtung und ich mag es, einen Baum zu schmücken. Weihnachten ist „nice to have“ – mit Brauchtum und einigen Veranstaltungen, die sehr schön sind –, aber nicht mehr für mich.
War das schon immer so, dass Weihnachten für Sie nicht diesen großen Stellenwert hatte? Oder hat sich diese „Nice to have, aber nicht mehr“-Einstellung im Lauf der Zeit ergeben?
Als Kind ist Weihnachten klarerweise mega – nicht zuletzt aufgrund der Geschenke. Und wenn man ins Zimmer geht und den Christbaum mit den Sprühern sieht, ist das natürlich etwas ganz Besonderes. Für mich hat sich die Haltung aber tatsächlich entwickelt, weil es in der Zeit bis Weihnachten für mich seit jeher sehr stressig ist. Wir haben eine Skihütte im Lachtal, das Café Hannes. Man kann sich vorstellen, dass der 24. Dezember der letzte ruhige Tag ist. Dann beginnen die Ferien und für alle gibt es richtig viel Arbeit. Für uns war die Zeit um Weihnachten deshalb keine besinnliche, sondern hauptsächlich eine stressige Zeit – mit dem Gefühl: Heute ist der letzte ruhige Abend, an dem man mit der Familie ein bisschen zusammensitzen kann und früh schlafen geht, weil man weiß, dass es ab morgen richtig rund geht.
„Ich muss Mitte November noch keine Weihnachtslieder haben.“
Ich nehme an, der Stressfaktor wurde in Ihrer Zeit als aktive Skirennläuferin nicht weniger.
Stimmt, auch da war es stressig. Ich bin von den Rennen heimgekommen – und es war drei, vier Tage schön, zu Hause zu sein, aber dann ist das Training normal weitergegangen. Ich glaube, es ist berufsbedingt, dass Weihnachten für mich nicht so viel hergibt. Zu Ostern ist es mir hingegen wichtig, dass ich daheim bin, wenn es möglich ist. Da ist mehr oder weniger der Saisonschluss im Lachtal und auch beim Skifahren. Deswegen ist mir Ostern sogar besser in Erinnerung und es ist wichtiger als Weihnachten. Nur Weihnachten 2020 war ruhig – das habe ich aufgrund einer Verletzung im Krankenhaus verbracht und jeder hat gemurrt. Ich habe gesagt, dass sich für mich eigentlich relativ wenig ändert. Ob im Krankenhaus oder daheim: Ich kann dort und da Kekse essen. Es war auch im Krankenhaus sehr nett und lustig. Aufgrund dieser Geschichte kann man wohl einschätzen, wie ich zu Weihnachten stehe.
Gibt es dennoch Erlebnisse oder Traditionen, die Ihnen aus Ihrer Zeit als Skirennläuferin in guter Erinnerung geblieben sind, auch weil Sie in der Vorweihnachtszeit ja in verschiedenen Ländern unterwegs waren?
Wir waren in der Vorweihnachtszeit immer in Nordamerika. Das ist schon spannend, weil Mitte November bereits „Stille Nacht“ gespielt wird. Wir sind meistens zwischen 5. und 11. November nach Nordamerika gekommen – da ist alles bereits geschmückt. Es herrscht schon eine richtige Weihnachtsstimmung und es kann auch passieren, dass dir ein singender Christbaum entgegenkommt. Das ist schon ziemlich verrückt und es ist ein bisschen anders als bei uns. Ich muss Mitte November noch keine Weihnachtslieder haben.
Besinnlichkeit und Erholung bringen Sie mit Weihnachten bisher also nicht unbedingt in Verbindung. Glauben Sie, dass sich das noch ändern wird?
Ich glaube schon, dass sich das ändern wird, wenn ich mehr zu Hause bin – auf jeden Fall. Man hat dann einen anderen Zugang. Man hat dann vielleicht auch mal eine Woche Urlaub und kann mit Familie und Freunden etwas unternehmen. Vielleicht ist dann auch irgendwann mal Zeit zum Keksebacken in der Vorweihnachtszeit, die jetzt mit meinem Job „ausfällt“.
„Ich glaube, dass Weihnachten verbindet.“
Wird sich damit auch die Bedeutung von Weihnachten verändern? Weihnachten ist für viele Familien ja tatsächlich oft ein Zusammenkommen …
Ich glaube, dass das für viele Familien auch so bleibt. Wie schon gesagt: Für viele ist es eine Zeit, in der die meisten frei haben, in der man sich treffen kann. Das ist ein gewisser Fixpunkt, den es einfach gibt. Ich glaube auch, dass dies in Zukunft wichtig ist. Und ich hoffe, dass dieser Fixpunkt für die Menschen bleibt, weil es oft die Zeit im Jahr ist, in der man sich mit Familienangehörigen trifft, die man sonst vielleicht das ganze Jahr nicht sieht, weil man zum Beispiel in anderen Ländern lebt. Ich glaube, dass Weihnachten verbindet.
Apropos verbinden: Gibt es denn ein Geschenk oder eine Erinnerung aus der Kindheit, die Sie unweigerlich mit Weihnachten in Verbindung bringen?
Wir haben viele außergewöhnliche Geschenke bekommen. Was mir aber fast mehr in Erinnerung geblieben ist, ist eine andere Geschichte: Meine Schwester und ich haben früher immer einen Brief an das Christkind geschrieben. Und den haben wir auf die Fensterbank rausgelegt. An den darauffolgenden zwei Tagen waren wir aber nicht ganz so brav, und es ist mir wirklich in Erinnerung geblieben, wie sehr wir geschwitzt haben, ob das Christkind heuer wohl Geschenke bringt, als der Brief am 23. Dezember immer noch draußen lag. Gott sei Dank hat es dann doch Geschenke gebracht – auch die, die wir uns gewünscht haben. Ich habe von diesem Fest zwar kein spezielles Geschenk in Erinnerung, aber die Geschichte fällt mir sofort wieder ein.
Ich kann Sie verstehen, zumal meine Tochter auch gerade dabei ist, den Brief ans Christkind rauszulegen, und sie täglich zittert, ob das Christkind den Brief auch holt.
Ja, wir haben uns damals auch tatsächlich etwas gefürchtet – aber es ist schön, wenn man den Glauben ans Christkind bewahren kann.
„Vanillekipferl sind meine Lieblingskekse, aber nur die von der Oma.“
Abgesehen von der „Briefcausa“: Gibt es ein spezielles Gericht oder eine Tradition, die Sie mit Weihnachten verbinden?
Wir feiern bei unseren Eltern daheim. Da gibt es meistens eine Schinkenrolle mit grünem Salat. Das ist so unsere Sache. Es geht einfach, es geht schnell. Das kann man ein bisschen als unsere Tradition sehen. Und dann gibt es Kekse. Kekse sind immer weihnachtlich – obwohl ich Vanillekipferl sogar im Sommer am besten finde, weil man sie da nirgendwo bekommt. Außer ich manchmal von der Oma.
Vanillekipferl sind für Sie also mehr als „nur“ Weihnachtskekse?
Vanillekipferl sind meine Lieblingskekse, aber nur die von der Oma. Ich habe sie schon ein paar Mal selbst probiert und ich bin nahe dran, dass sie auch so gut werden. Aber ich bin eben nur nahe dran. Man verlässt sich dann doch eher auf die von der Oma, weil da weiß man, dass sie schmecken. Und das „Wuzeln“ der Vanillekipferl passiert auch nicht in zwei Minuten. Da braucht man schon ein bisschen Zeit dafür.
Gibt es für das erste Weihnachten nach der Skikarriere schon Pläne?
Nein, ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, weil ich noch nicht weiß, wann ich heimkomme und wie lange ich dann wirklich daheim bin. Aber das ist ganz normal bei mir.
Zur Person:
Nicole „Nici“ Schmidhofer (34) ist eine ehemalige österreichische Skirennläuferin aus dem Lachtal in der Steiermark. Im Weltcup war sie vor allem in den Disziplinen Abfahrt und Super-G erfolgreich (unter anderem: Super-G-Weltmeistertitel 2017 und Sieg im Abfahrtsweltcup 2018/19). Im März dieses Jahres beendete sie ihre Karriere als Skirennläuferin, bleibt dem Skisport aber weiterhin verbunden: Gemeinsam mit Conny Hütter betreibt Schmidhofer den Podcast „Wos dahinter steckt“, um einen Einblick in den Skizirkus zu geben, für den ORF ist sie als Kamerafahrerin bei den Speedrennen mit dabei. Daneben hält Schmidhofer Motivationsvorträge.