Aktuelle
Ausgabe:
Konsum
03/24

So ein Spaß!

So ein Spaß!

Frau sein, das ist Abenteuer pur. Ob beim Flirten, beim Jonglieren mit Kindererziehung und Karriere oder im Kampf gegen Klischees, Konservatismus und Krähenfüße: „Mit Witz und Humor geht alles leichter“, sagen Kabarettistinnen, die vom Lachen leben.

Nadja Maleh über antiquierte Frauenbilder, Austauschrunden und Role-Models

Ich fürchte, dass sich die Lebensumstände von uns Frauen bald verschlechtern, denn eine der aktuellen Koalitionsparteien behauptet, „dass Kindergärten staatliche Ersatzmaßnahmen und Frauenhäuser eine Gefahr für Ehen“ seien. Eine Gefahr für Ehen und reif für den Kindergarten ist wohl eher diese Partei! Aber vielleicht rücken Männer und Frauen durch solch eine Politik doch noch zusammen. Ich kenne etliche, die emanzipierte Frauen als Gewinn sehen. Dann brauchen sie nämlich nimmer Papi oder Vormund sein, sondern können ihr Mannsein entwickeln. Auch meine Freundinnen und ich entwickeln uns weiter. Alle paar Monate teilen wir bei gutem Essen und Cocktails, was uns bewegt. Das empfehle ich allen Frauen und Mädchen. Gespräche machen mehr Sinn als TV-Model-Shows, gerade weil den jungen Frauen Role-Models fehlen. An Alice Schwarzer orientieren sich die nimmer! Emma Watson, die Schauspielerin aus „Harry Potter“, wäre ein gutes Vorbild. Als UN-Sonderbotschafterin für Frauenrechte zeigt sie, dass Feminismus nicht mehr den Schwanz-ab-Mief hat, sondern das Selbstbewusstsein stärkt. „Yes, I can!“, denke ich, wenn Leute nach meinem Auftritt meinen: „Für eine Frau sind Sie echt lustig!“ Oder denke ich doch: „Yes, you can me mal kreuzweise“?

Nadja Maleh (45) ist ledig(lich) verliebt. Trotzdem gibt es genug Wärme in ihrem Leben: Im Winter klebt sie am Thermophor, im Sommer an der Sonne. Ihre Freizeit gestaltet die Wienerin „gern extrem“: Sie liest und spaziert, sofern sie sich beim Yoga nicht verrenkt hat.

Foto: www.matthiasleonhard.at

Die „Dornrosen“ über Arbeit im Bad, G’schlauchtheit und die Unlust am Plärren

Wir sind Schwestern und haben in Summe vier Kinder. Christine hat drei. Seit sechs Jahren ist sie stilldement, trotzdem schwört sie: Alle sind vom selben Mann! Katharina bedient das Klischee Karrierefrau: Ihren Sohn hat sie gerade noch vor dem 40er bekommen. Und Veronika, die hat einen Italiener. Der reicht derweil. Kabarett machen wir den ganzen Tag: 6.10 Uhr: „Mama, i muss Lulu.“ Wie Gespenster blicken wir aus der Wäsch’. Plärren? Nein, lachen! 11.20 Uhr: „Mama, i hab mit Hollerröster ein Bild gemalt.“ Blöd nur, dass das unser Ideenzettel war. Plärren? Nein, wir schreiben einfach beim Kochen ein neues Programm. Da haben wir Kopf und Hände ja total frei! 15.30 Uhr: „Puh, bin ich g’schlaucht!“ Plärren? Nein, lieber ein Espresso auf ex. 20.15 Uhr: „Schatz, ich hätte Lust …“ Plärren? Nein, freuen, das geht schon noch. Alles geht sich aus: E-mailen am Klo, Komponieren in der Badewanne. Das Leben, ein Kabarett und ewiges Scheitern. Perfekt ist eh fad. Auch dieser Text ist nicht perfekt. Wir schreiben ihn im Auto. Das Handy in der einen Hand, den Laptop in der anderen. Und gelenkt wird mit den Knien.

Veronika (34), Christine (37) und Katharina Schicho (38) sinnieren ständig über die ambivalente Rolle der Frau. Sie tanzen für ihr Leben schlecht, erziehen ihre Kinder windelfrei und konkurrieren darum, wer den besseren Ristretto-Kaffee anbietet.

Foto: Manfredo Weihs

Angelika Niedetzky über Oberflächligkeit, Social Media und Feminismus

Heiraten und Kinder bekommen ist ein Muss für jede Frau? Das finde ich nicht! Einen Kinderwunsch hatte ich nie, und jetzt merke ich, dass meine Jahre gezählt sind. Aber gut, jede Frau sollte so leben, wie sie möchte. Leider stelle ich fest, dass Oberflächligkeit in unserer Gesellschaft an Wert gewinnt. Letztens postete eine Freundin ein Bild in Social Media. Ein herrliches Urlaubsfoto. Es packte mich der Neid. Ein paar Tage später rief sie mich schluchzend aus dem Paradies an. Es stellte sich heraus, dass es nicht ganz so herrlich war wie im Web dargestellt, denn ihr Lebensgefährte war handgreiflich geworden. Na traumhaft! Auch Schminkbloggerinnen halten diese Scheinwelt aufrecht, geben auf Veranstaltungen Tausenden Mädels Beauty-Tipps und lassen sich von diesen wie Göttinnen feiern. Ich habe mir in meiner Jugend Poster von Axl Rose, dem Frontmann der Rockband „Guns N’ Roses“, an die Wand geklebt. Die Zeiten sind wohl vorbei! Ob ich Feministin bin? Klar! Aber eine Kampfhaltung ist verkrampft, unsexy und zielt ins Leere. Ich lebe mein Frausein einfach so, wie ich möchte.

Angelika Niedetzky (38) liebt Hunde. Vor Kurzem holte sie Maia aus Sri Lanka zu sich, damit ihre Rosa eine Spielgefährtin hat. Außerdem engagiert sich die gebürtige Linzerin für die Bewahrung der Orang-Utans auf Borneo.

Foto: Monika Löff

Das „Flüsterzweieck“ über Sexismus, die männliche Norm und den neuen Rückschritt

„Ich mag Frauenkabarett nicht, weil die Frauen sich immer so draufsetzen, dass sie Frauen sind.“ Als Kabarettistinnen hören wir so etwas öfter. Andererseits haben wir noch nie gehört: „Männerkabarett mag ich nicht. Männer setzen sich immer so auf ihr Mannsein drauf.“ Überall gilt: Das Männliche ist die Norm, das Weibliche „das Andere“. Und auf dieses Andere soll man sich bitte nicht auch noch draufsetzen, sonst kann es irgendwie peinlich werden, aber in jedem Fall nicht so lustig. Wir setzen uns erst recht drauf, sprengen Formen, spielen mit Rollenbildern. Doch hat die aktuelle Situation, in der sexistische Politiker weltweit Wahlen gewinnen und der Hass gegen Frauen im Internet offen rausgelassen wird, auch einiges bewirkt: Viele stellen fest, dass Sexismus kein hysterisches Hirngespinst ist. Komikerinnen, die Weiblichkeit und Frauenhass zum Thema machen, werden immer weniger als humorloses Nischenprodukt abgetan, sondern zu den neuen Stars des Kabaretts. Der aktuelle Rückschritt hat also seine Vorteile.

Ulrike Haidacher (33) und Antonia Stabinger (34) flüstern in Wirklichkeit nur selten. Viel lieber singen sie lautstark Hits der 90er-Jahre mit oder erzählen viel zu schnell lustige Alltagsanekdoten. Und das bevorzugt abends, da sie gerne spät schlafen gehen.

Foto: Arnold Pöschl

Magda Leeb über Gesichts­restaurierung, Selbstoptimierung und mangelnde Solidarität

Während die Anti-Aging-Maske einzieht, frage ich mich, was ich hier tue. Ich bin so routiniert darin, Reparaturen an mir selbst zu verrichten, dass mir die Kaviar-Algen-Paste total plausibel erscheint. Ich brauche die heile Welt im Gesicht, um permanente Überforderung ertragen zu können. Schließlich bin ich erfolgreich, eine lässige Mutter, verständnisvolle Freundin und Traumehefrau – schlicht die ideale Kandidatin auf dem Weg ins Burn-out. Frauen brauchen keine Männer, um sich kleinzuhalten, das erledigen sie allein. Selbstboykott, gepaart mit mangelnder Frauensolidarität, lässt sich ja für Selbstvermarktung missbrauchen, wie bei der #MeToo-Debatte zu sehen war. So stehen wir wieder am Anfang. Meine Maske gleicht inzwischen einer Krampusfratze. Schnell abgewischt, kann ich der Welt wieder mit Strahle-Teint entgegentreten. Selbstliebe probiere ich in der Pension aus.

Magda Leeb (41) sammelt Nagellacke und hat immer ein Matchboxauto bei sich. Abgesehen davon ist sie verheiratet und Mutter eines vierjährigen Sohnes.

Foto: Rupert Pessl

Erschienen in „Welt der Frauen“ 01-02/18

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 25.01.2018
  • Drucken