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03/24

Fruchtbar durch richtige Nahrung?

Fruchtbar durch richtige Nahrung?

Viele Frauen leiden unter einem gestörten Zyklus. Können Lebensmittel hier harmonisierend wirken? Und welche Faktoren beeinflussen den Zyklus noch?

Verena Haselmayr wartete und wartete, aber ihre Periode wollte nicht kommen. Mit 16 Jahren hatte sie noch immer keine Blutung. Verzweifelt wandte sie sich an ihren Frauenarzt. Der verschrieb ihr die Antibabypille. Problem gelöst! Ab sofort hatte Haselmayr ihre Menstruation, wenn auch künstlich erzeugt. Jahre später setzte sie das Verhütungsmittel ab – und wieder blieb ihre Blutung aus. Für ihren Arzt gab es nur eine Erklärung, Verena Haselmayr musste unfruchtbar sein. Er empfahl der Waldviertlerin eine Hormontherapie. Sie lehnte ab. Die heute 28-Jährige spürte, es musste einen tieferen Grund geben, dass ihr Körper trotz einwandfreier Funktion der Organe nicht fruchtbar war. „Ich krempelte mein Leben völlig um“, sagt Haselmayr. Die Pädagogin ließ los, was ihr nicht mehr guttat: ihre Beziehung, ihr altes Zuhause und ihren Job. Stattdessen setzte sich Haselmayr mit ihrem Körper, ihrer Weiblichkeit und ihrem stressigen Lebensstil auseinander, zudem stellte sie ihre Ernährung um. Wie reagierte ihr Körper darauf? „Meine Blutung kam.“

ETWAS LÄUFT VERKEHRT
Ihrer Schwester Andrea und ihrer Freundin Denise Rosenberger ging es ähnlich. Als Andrea Haselmayr acht Jahre alt war, musste ihr aufgrund von Unterleibskomplikationen ein Eierstock entfernt werden. Als Erwachsene fand sie in ihrem Traumjob als Grafik- und Kommunikationsdesig­nerin ihre Erfüllung, sie investierte ihre gesamte Energie in ihren Beruf. Mit Mitte 20 war sie selbstständig. Der Dauerstress und Veränderungen in ihrem Privatleben forderten jedoch ihren Tribut. Es wurde ein Borderline-Tumor an ihrem noch vorhandenen Eierstock festgestellt. Dieser sei zwar gutartig, bei einem erneuten Eingriff müsse aber möglicherweise auch dieser Eierstock operativ entfernt werden, meinten die Ärzte. Kinder könne sie also keine mehr bekommen. „Was läuft in meinem Leben verkehrt?“, fragte sich Andrea Haselmayr nach der Diagnose. Sie sagte den Eingriff ab und fuhr in die Berge. Dort gewann sie für sich eine Erkenntnis: Das Frausein hatte in ihrem Leben bisher kaum eine Rolle gespielt, ihr Körper brauchte also keine weiblichen Organe. Nun reduzierte sie ihren Arbeitsstress, ernährte sich gesund und lernte, Signale ihres Körpers zu lesen. Nach etwas mehr als einem Jahr war das Gewächs an ihrem Eierstock kleiner geworden und konnte leicht entfernt werden. Heute ist die 30-Jährige Mutter einer Tochter.

Lesen Sie weiter in der Printausgabe.

„Der weibliche Zyklus ist Luxus. Er zeigt an, wenn im Leben der Frau etwas schiefläuft.“
Katharina Taucher, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
„Jeder Mensch reagiert anders auf Lebensmittel.“
Susanne Lindenthal, Ernährungswissenschaftlerin mit TCM-Ausbildung

Ernährung ist kein Allheilmittel

Diätologin Edburg Edlinger weiß, dass nicht nur Ernährung den Zyklus beeinflusst.

Kann Nahrung Zyklusbeschwerden lindern?
Edburg Edlinger: Lebensmittel sind keine Allheilmittel. Der Körperfettanteil ist beispielsweise entscheidend für ein funktionierendes Zusammenspiel der Hormone. Sowohl zu wenig Körperfett, etwa bei Leistungssportlerinnen oder Frauen mit Magersucht, als auch zu viel, wie bei Übergewicht, ist ungünstig. Bei Übergewicht werden mehr Geschlechtshormone produziert, was sich wiederum negativ auf den Zyklus auswirkt. Nur ein gesunder Fettanteil signalisiert dem Körper, dass er stabil genug ist, einen potenziellen Nachwuchs versorgen zu können. Aber auch Umwelteinflüsse wie Weichmacher in Plastik, die wir unbewusst aufnehmen, können eine hormonelle Wirkung haben. Jede Frau mit ihrer Krankheitsgeschichte ist anders und benötigt auch eine individuelle Therapie.

Haben Frauen einen anderen Nährstoffbedarf als Männer?
Frauen haben bei einigen Nährstoffen, wie etwa Vitamin C, A, K, E, B1, B2, B3, B6, Zink, Magnesium und Selen einen niedrigeren Bedarf als Männer. Es gibt aber einen Stoff, von dem Frauen, solange sie ihre Periode haben, um 30 Prozent mehr benötigen als Männer: Eisen. Grund dafür ist der Blutverlust während der Menstruation. Auch während der Schwangerschaft benötigen Frauen mehr Nährstoffe. Was wir auch sicher wissen, ist, dass schwangere Frauen bereits den Stoffwechsel des ungeborenen Kindes vorprogrammieren. Leidet das Kind im Mutterleib unter Mangelernährung, etwa weil die Mutter während ihrer Schwangerschaft zu wenig isst, neigt das Kind später zu Übergewicht, weil sein Stoffwechsel auf Überleben eingestellt ist. So verhält es sich aber auch bei Frauen, die während der Schwangerschaft zu viel essen.

Gibt es aus Ihrer Sicht Lebensmittel, die bei hormonellen Störungen ausgleichen können?
Es gibt Phytoöstrogene in Lebensmitteln, die dem Hormon Östrogen ähnlich sind. Gerade im Wechsel nimmt die Östrogenproduktion ab. Zum Beispiel ist in Soja dieses Phytoöstrogen am häufigsten enthalten. Phytoöstrogene sollten aber immer in Rücksprache mit dem Arzt eingesetzt werden. Bei PMS neigen Frauen aufgrund der hormonellen Situation zu einem instabilen Blutzuckerspiegel. Sie haben plötzlich Heißhunger auf süße, energiereiche Speisen. Deshalb ist es bei PMS besonders wichtig, keine zu langen Essenspausen einzuhalten, sondern eine gesunde gemischte Kost über den Tag zu verteilen, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Bei Blähungen und Magen-Darm-Beschwerden rate ich dazu, langsam und gut zu kauen und versuchsweise Hülsenfrüchte, Knoblauch und Zwiebel wegzulassen. Frauen, die schwanger werden möchten, sollten versuchen, alkoholfrei zu leben und auch nicht zu rauchen. Viele Frauen vertrauen mehr einer Ernährungsform, die gerade im Trend liegt. Nahrung ist Medizin, die gut schmeckt, sollte aber nicht als alleinige Therapie für gesundheitliche Probleme gesehen werden. Eine ganzheitliche Therapie berücksichtigt viele Aspekte, die zur Störung geführt haben: Psyche, Lebensstil, Bewegung, erbliche Veranlagung, Umwelteinflüsse und hoffentlich auch die Ernährung.

Weitere Informationen zur Ernährungsberatung: www.diaetologin.eu

Probleme mit dem Zyklus waren für Andrea und Verena Haselmayr und Denise Rosenberger (v.l.n.r) der Anlass, Stress zu reduzieren und die Ernährung umzustellen. Die drei Frauen sind überzeugt, dass ihre Körper erst damit bereit für eine Empfängnis wurden.

Andrea Haselmayr/Verena Haselmayr/Denise Rosenberger:
Eat Like a Woman. Rezepte für einen harmonischen Zyklus.
Brandstätter Verlag, 28,00 Euro

Fotos: plainpicture/Willing-Holtz, Lukas Lorenz/Brandstätterverlag

Mehr zum Thema finden Sie in der Printausgabe.

Erschienen in „Welt der Frauen“ 10/18

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  • Veröffentlicht: 01.10.2018
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