Aktuelle
Ausgabe:
Arbeit
04/05/25

Warum tut Fasten gut?

Warum tut Fasten gut?
Foto: Alexandra Grill

In der Fastenzeit dem Körper erfolgreich etwas Gutes tun – nicht mit dem Ziel, abzunehmen, sondern gesünder zu werden. Fastenexpertin und Gesundheitsjournalistin Sandra Exl im Gespräch.

Das Fasten ist etwas Uraltes, trotzdem hat man jedes Jahr nach der Faschingszeit das Gefühl: Das kommt jetzt völlig neu auf. Alle sind fokussiert darauf, dem Körper etwas Gutes zu tun, in die Entlastung zu gehen. Woher kommt dieses Bedürfnis?

Wir leben in einem Schlaraffenland. Das hat seine guten Seiten, aber auch Schattenseiten. Nämlich, dass wir nicht unbedingt artgerecht leben. Der Mensch ist es nicht gewohnt, einen Kühlschrank zu Hause zu haben, das gibt es ja noch nicht so lang. Wir essen zu viel und zu oft. Das spürt unser Körper, deshalb ist der Wunsch nach Reduktion da. Gerade in den letzten zehn Jahren hat auch die Forschung so einiges dazu beigetragen, dass das Fasten immer populärer wird. Die Medien haben diese Studienergebnisse aufgegriffen und den Menschen zugänglich gemacht.

Man weiß jetzt, dass es tatsächlich gesundheitliche Vorteile bringt. Man sagt, dass das Heilfasten die älteste Therapieform der Menschheit ist: Schon Hippokrates hat seine Patienten mit Fasten therapiert – 2.400 Jahre ist das her.

Wie sollte man aus Ihrer Sicht mit dem Fasten beginnen? In einem Vorgespräch haben Sie zu mir gesagt, es sei nicht aller Probleme Lösung, am Sonntag noch das große Steak zu essen und am Montag dann gar nichts mehr.

Man fängt in der Regel mit Entlastungstagen an, und auch die Wissenschaft hat bestätigt, dass das sehr vorteilhaft ist. Dadurch hat man weniger anfängliche Nebenwirkungen wie Kopfweh. Das heißt beispielsweise: sukzessive über drei Tage hinweg immer weniger Kaffee trinken, dann ein, zwei Tage vorher nur Reis, Gemüse und Kartoffeln essen. Tierische Lebensmittel, Zucker oder Brot sollte man nicht essen. Normalerweise macht man auch eine Darmentleerung, was sehr hilfreich fürs Wohlbefinden ist.

Wie leiten Sie Entlastungstage bei sich ein? Wie fange ich an, wenn ich das morgen machen möchte?

Ich bin Kaffeetrinkerin – ab morgen gibt es nur noch eine Tasse in der Früh, die ist einfach dazu da, dass ich nicht in den Entzug komme. Übermorgen gibt es dann nur noch eine halbe Tasse und am dritten Tag dann komme ich ohne Kaffee aus. Das ist das Erste. Dann koche ich mir einen Topf Reis, circa 200 Gramm. Gemüse, das ich jetzt im Winter zu Hause habe, wie Karotten oder Kohl, dünste ich dazu und gebe ein bisschen gutes Olivenöl drüber.

„Eine massive Entleerung wie diese empfinden manche Menschen als angenehm. Dann ist das Gefühl des Leerseins da, ein Startschuss in die Fastenwoche.“

Das wäre dann Ihr Mittagessen?

Genau, und auch Abendessen. Das mache ich ein oder zwei Tage lang. Am dritten Tag höre ich auf zu essen. Das richtige Fasten ist ja der Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel. Wenn man das klassische Heilfasten betreiben möchte, startet man den Tag mit einer Darmentleerung. Dann könnte man zum Beispiel ein Glauber- oder Bittersalz einnehmen, je nachdem, wie der Darm darauf reagiert, kann das zu einer durchfallartigen Entleerung führen. Eine massive Entleerung wie diese empfinden manche Menschen als angenehm. Dann ist das Gefühl des Leerseins da, ein Startschuss in die Fastenwoche.

Zu Mittag mache ich einen frisch gepressten Gemüse- und Obstsaft mit mehr Gemüse als Obst. Ich selbst trinke gerne Karottensaft mit ein bisschen Orange und Ingwer, am Abend esse ich eine Fastensuppe. Das ist eine Gemüsebrühe, von der ich einen großen Topf mache. Sie hält ungefähr drei Tage im Kühlschrank. Wenn ich für die ganze Woche vorkoche, gebe ich die Brühe in Schraubgläser und friere sie ein. Dann muss ich nicht während des Fastens kochen.

Als ich das erste Mal beschlossen habe, dass ich nun basenfaste, wurde mir ein Starter-Kit überreicht. Drin waren Getreidemixturen, getrocknetes Gemüse, ein Schlauch und vielerlei andere Dinge. Der Schlauch ist für die aktive Darmentleerung gedacht. Wie wichtig ist das tatsächlich?

Mit einem oralen Abführmittel kommt das Gröbste aus dem Darm, aber man ist nicht leer. Wir trinken ja Saft beim Fasten, es fällt schon immer wieder was an im Darm. Der Dickdarm arbeitet beim Fasten nicht wirklich, dann hilft ein Einlauf. Das heißt, wir leiten Wasser in den Dickdarm hinein, das ist der letzte Meter vom Darm. Dann kommt das Wasser wieder heraus, mit dem einen oder anderen Unrat, der im Darm noch drinnen ist. Das sorgt, finde ich, für Wohlbefinden. Jeden oder jeden zweiten Tag kann man so einen Einlauf machen, das geht ziemlich einfach.

Das Wasser fließt hinein, wenn es nicht mehr weitergeht, hört es auf zu fließen, und man hat einen Stuhldrang. Ich spare mir das Glaubersalz, weil es mit dem Einlauf genauso geht. Ich habe dann zwar nicht diesen ersten Entleerungseffekt, den viele so schätzen. Ich mache es lieber sanft, weil der Dünndarm noch weiterarbeitet.

Welche Maßnahmen gibt es sonst noch, die man beim Fasten begleitend machen kann und durch die man den Körper unterstützt?

Sehr viel angenehmer als der Einlauf wird der Leberwickel empfunden. Das ist etwas in der Tradition sehr Typisches für das Heilfasten: Man legt sich eine Wärmflasche auf die Leberregion, zusammen mit einem feuchten Tuch. Dann wickelt man noch ein Handtuch oder ein größeres Tuch um den Leib, danach liegt man eine halbe Stunde und genießt die Wärme auf der Leber.

Was passiert bei einem Leberwickel?

Er öffnet die Gallengänge, die ganze Leber wird durchblutet, weil durch die feuchte Wärme alles aufgeht, die Säfte fangen an zu fließen. Gerade die Leber ist beim Fasten als zentrales Entgiftungsorgan ziemlich gefordert. Aber auch andere Entgiftungsorgane wie die Nieren, die Lunge, die Haut, der Darm kommen zum Einsatz.

Es gibt aber auch Basenbäder. Wie funktionieren diese?

Neben dem Basensalz kann man auch Natron verwenden. Das wirkt ebenfalls basisch, hat nicht so viele verschiedene Mineralien wie ein Basensalz, kostet aber auch weniger. Man kann sich mit drei Esslöffel von diesem Natron- oder Basensalz ein Fußbad machen – die Idee dahinter ist, dass die Haut bei der Entgiftung unterstützt wird.

„Für den Körper ist es eine radikale Umstellung des Stoffwechsels: Er muss sich jetzt aus sich selbst ernähren.“

Gewisse Lebensmittel, Kaffee, Zucker, Nikotin – viele spüren den Entzug beim Fasten gleich zu Beginn.

Entzugserscheinungen wie Kopf- oder Rückenschmerzen können am Anfang auftreten. Für den Körper ist es eine radikale Umstellung des Stoffwechsels: Er muss sich jetzt aus sich selbst ernähren. Das macht er, indem er vom Körperfett lebt. Dabei wird ein Teil der Fettsäuren zu Ketonen, Ketonkörpern, umgebaut. Man vermutet, dass sie entzündungshemmend sind, bei der Prävention von neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle spielen und mit ein Grund sind, warum das Fasten so positive gesundheitliche Effekte hat – beispielsweise als Energiequelle für das Gehirn.

Haben Ketone auch etwas mit dem Gefühl des Himmelhoch-Jauchzens zu tun?

Ich glaube nicht. Es ist so, dass der Körper ungefähr am vierten Tag in den Entspannungsmodus geht. Der Parasympathikus wird aktiviert, das ist der Teil unseres vegetativen Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist. Gleichzeitig wird unser Wohlfühlhormon Serotonin verstärkt, der Körper schüttet zusätzlich Endorphine aus. Das sind die Glückshormone, die für das Euphoriegefühl zuständig sind. Diese Phase gibt einem einen Motivationsschub, da möchte man dann alles ändern, jeden Missstand im Leben beseitigen.

Sie haben mir verraten, dass es tendenziell mehr Frauen sind, die zu Ihnen kommen, um beim Fasten begleitet zu werden.

Circa 80 Prozent sind Frauen und 20 Prozent Männer. Einerseits haben Frauen mit Gesundheitsthemen viel mehr am Hut als Männer. Andererseits ist das Fasten eine wunderbare Zeit zum Innehalten, für die Selbstreflexion. Menschen nutzen das Fasten auch für die Seelenhygiene.

Hat das Fasten eine Auswirkung auf unsere Hormone?

Der komplette Hormonhaushalt wird beim Fasten umgestellt, auch bei Männern. Ich habe schon das Serotonin angesprochen, das verstärkt wirkt, so ist das auch beim Insulin. Sehr viele Menschen leiden unter Insulinresistenz, eine Vorstufe von Typ-2-Diabetes. Das verbessert sich radikal beim Fasten. Dann wird auch ein Wachstumshormon, das Somatotropin, ausgeschüttet. Das ist beispielsweise dafür zuständig, dass die Muskelmasse und Knochendichte erhalten bleiben. Viele Frauen berichten, dass sie besser durch die Wechseljahre kommen, wenn sie fasten. Während der Fastenzeit bleibt bei manchen Frauen die Periode aus, verzögert sich oder setzt verfrüht ein. Wenn man die Pille einnimmt, muss man natürlich mit dem Abführmittel aufpassen.

„Wenn man wirklich Gewicht verlieren möchte, ist das Heilfasten langfristig nicht das Richtige, kann aber als Startschuss dienen.“

Sie haben das Intervallfasten angesprochen. Dieses wird derzeit in Verbindung mit dem Wort Abnehmen gehypt.

Wenn man wirklich Gewicht verlieren möchte, ist das Heilfasten langfristig nicht das Richtige, kann aber als Startschuss dienen. Man verliert relativ schnell an Gewicht. Das kann für die einen oder anderen natürlich motivierend wirken, wobei man dazusagen muss, dass die Hälfte des Gewichts, das man dabei in einer Woche verliert, Wasser und Darminhalt sind. Man darf das nicht überschätzen, aber es kann zumindest ein guter Startschuss für eine Umstellung der Lebensgewohnheiten sein, wenn man langfristig abnehmen möchte.

Was muss man mitbringen, um sich auf das Fasten und diesen Vorgang der Reinigung in sich selbst einlassen zu können?

Funktionieren wird das nur, wenn ich das wirklich will. Warum ich das will, ist natürlich sehr individuell. Das Fasten kann eine spirituelle Reinigung sein, also eine seelische Reinigung, ein Gefühl, aufräumen zu wollen, einen Neustart zu beginnen, eine Gesundheitsvorsorge.

Warum ist Ihnen das Fasten so wichtig?

Einerseits ist es für mich die beste Gesundheitsvorsorge, rein körperlich, und andererseits ist es ein unentbehrlicher Aspekt der Seelenhygiene – ein Teil des guten Lebens.

Jetzt dazugehörige Podcastfolge mit Sandra Exl anhören:

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 11.02.2024
  • Drucken