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01/02/25

„Wollen wir jetzt noch 100 Jahre warten?“

„Wollen wir jetzt noch 100 Jahre warten?“
Foto: Niklas Stadler

Olympiamedaillengewinnerin und Ruderin Magdalena Lobnig ist Botschafterin der „Female Sports Conference“, die am 29. Jänner 2025 im Linzer Design Center stattfindet und Frauen im Sport in den Mittelpunkt stellt. Mit „Welt der Frauen“ sprach Lobnig darüber, warum Sportlerinnen mehr gefördert werden müssen und wie wichtig Schule und Familie für den Sport sind.

Sie sind Botschafterin der diesjährigen „Female Sports Conference“, die im Zuge des jährlichen Tennisturniers „Upper Austria Ladies“ stattfindet. Wie kam es dazu?

Sport Austria ist auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, diese Aufgabe zu übernehmen. Die Empfehlung dazu stammte vom Olympischen Komitee, nachdem ich zu diesem Zeitpunkt schon einen guten Bekanntheitsgrad erreicht und mit meinen Erfolgen auf mich aufmerksam gemacht hatte. Ich habe sehr schnell zugesagt, weil es mir ein Anliegen ist und ich stolz darauf bin, das Bewusstsein für Frauen im Sport schärfen zu können.

Dass Profisportlerinnen noch viel mehr Aufmerksamkeit benötigen, war also ihre zentrale Motivation.

Ja, genau – denn das Thema könnte nicht aktueller sein, wie man am Beispiel der Skispringerinnen sieht. (Anmerkung: Bei einem Bewerb in Garmisch-Partenkirchen erhielt die Siegerin der Qualifikation, eine deutsche Skispringerin, nicht wie der Sieger bei den Herren ein Preisgeld von 3.200 Euro, sondern lediglich Duschgel, Shampoo und Handtücher – eine Tatsache, die für Aufsehen sorgte.) Es ist unglaublich unverschämt und es macht mich traurig – ebenso wie die Kommentare dazu in den sozialen Medien. Vor allem die, die von Frauen stammen. Stets wird mit dem Finger auf die Männer gezeigt, dass sie ihr Denken verbessern müssen. Doch leider sind es auch viele Frauen, die nach wie vor den alten Rollenbildern folgen und meinen: „Naja, Damenskispringen ist nicht so interessant.“ Da heißt es dann, der Sport sei noch nicht so weit, die Einschaltquoten nicht so hoch. Wollen wir jetzt noch 100 Jahre warten, bis das passiert? Schließlich wird der Männersport schon seit Jahrzehnten besser gefördert, Männer durften lange vor den Frauen Profisport betreiben. Wir hinken also ohnehin schon hinterher. Doch wir werden jetzt sicher nicht so lange warten, bis wir gleich bezahlt werden. Und: Wenn man etwas nicht in der Öffentlichkeit fördert, dann erhält es auch weniger Aufmerksamkeit, was sich wiederum in weniger SponsorInnen niederschlägt. Dann beißt sich die Katze in den Schwanz. Und das verstehen die Leute leider nicht. Das ist sehr schade.

„Wenn man sich als Frau für bestimmte Dinge einsetzt, dann gilt man schon fast als hysterisch, während der Mann als ‚toller Kerl‘ bezeichnet wird.“

Wie geht es Ihnen mit der Gleichbehandlung im Rudersport? Sie sind seit Ihrer Schulzeit begeisterte Ruderin und haben als solche nicht nur Europameistertitel, sondern auch Olympiamedaillen geholt.

Der Rudersport ist sehr leistungsorientiert. Wenn die SportlerInnen gut sind, werden sie auch dementsprechend gefördert. So war es auch bei mir: Ich bekam mit 19 Jahren einen Platz beim Bundesheer und konnte so schnell den Weg in den Profisport einschlagen. Wir waren damals schon eine starke Damenmannschaft mit sechs Frauen und erhielten alle die Möglichkeit, den Sport professionell zu betreiben. Ich habe also – Gott sei Dank – keine geschlechtsspezifischen Nachteile erfahren. Im Rudersport trainieren Männer und Frauen von Anfang an gemeinsam, sie teilen sich die Boote, das Material, die Ruder und die Aufmerksamkeit der TrainerInnen. Natürlich gibt es in allen Vereinen kleine Unterschiede, und manchmal bin ich mir sicher, dass ich mich als Mann leichter durchgesetzt hätte. Denn wenn man sich als Frau für bestimmte Dinge einsetzt, dann gilt man schon fast als hysterisch, während der Mann als „toller Kerl“ bezeichnet wird. Das gibt es leider immer noch.

Sie sind durch ein unverbindliches Sportangebot an Ihrer Schule zum Rudersport gekommen. Was benötigt es in Ihren Augen, um Kinder allgemein wieder stärker für Sport zu begeistern?

Das hängt viel vom familiären Umfeld ab, doch auch die Schule spielt eine große Rolle, weil man dort den Sport und die verschiedenen Sportarten unter die Kinder bringt. Dort wird es den Kindern ermöglicht, für wenig Geld neue Sportarten kennenzulernen. Nachdem es dieses unverbindliche Angebot an meiner ehemaligen Schule seit zwei Jahren nicht mehr gibt, wollen meine Schwester und ich es wieder etablieren. Wir wollen, dass die österreichische Gesellschaft wieder sportlicher wird – Männer und Frauen.

Bei der Female Sports Conference 2024 wurde betont, dass es schwer ist, Frauen für Sport zu gewinnen. Wie sieht das beim Rudern aus?

In meiner Sportart wurden die Erfolge der vergangenen zehn Jahre durchwegs von Frauen errudert. Und auch in den vergangenen beiden Olympiazyklen – sowohl in Tokio als auch in Paris – bestand das österreichische Team nur aus Frauen. Daher würde ich sagen, dass der Ruderverband die Erfolge der jüngeren Vergangenheit fast oder eigentlich nur mit Frauen erreicht hat. Trotzdem wünschen wir uns noch mehr Nachwuchs, aber der ist auch ganz gut im Entstehen. Ein Problem ist, dass viele sehr früh aufhören: Es wäre wünschenswert, länger im System zu bleiben und sich wirklich große Ziele zu setzen.

„Wir müssen vor allem junge, männliche Wirtschaftstreibende und Persönlichkeiten dafür sensibilisieren, wie wichtig es ist, auch Frauen zu fördern und nicht immer nur die bereits bekannten männlichen Sportler.“

Was können Veranstaltungen wie die „Female Sports Conference“ dabei bewirken – was möchten Sie selbst mit Ihrer Teilnahme erreichen?

Es geht darum, für das Thema zu sensibilisieren. Als Botschafterin habe ich selbst einige Interviews geführt, die demnächst auf Social Media veröffentlicht werden. Ich habe verschiedene Persönlichkeiten gefragt, wie sie den Frauensport in Österreich sehen. Es geht darum zu vermitteln, dass es noch viel Aufholbedarf gibt. Wir werden das nicht von heute auf morgen schaffen, aber wir müssen vor allem junge, männliche Wirtschaftstreibende und Persönlichkeiten dafür sensibilisieren, wie wichtig es ist, auch Frauen zu fördern und nicht immer nur die bereits bekannten männlichen Sportler. Das ist auch ein Schwerpunkt der diesjährigen Konferenz.

Welchen Rat würden Sie jungen Frauen mitgeben, die Profisportlerinnen werden möchten?

Das Wichtigste ist: Wenn man etwas wirklich will, findet man auch einen Weg, es zu erreichen. Das habe ich bei mir immer gemerkt. Auch wenn mich etwas geärgert hat, habe ich mich immer entschlossen, mich nicht unterkriegen zu lassen, und habe mir zum Beispiel Menschen gesucht, die mich motiviert und unterstützt haben, um ein System oder ein Umfeld zu schaffen, in dem ich mich voll entfalten konnte. In Österreich leben wir in einer guten Gesellschaft, in der wir immer wieder Hilfe bekommen. Also: Es gibt immer einen Weg. Am besten ist es, einfach zu fragen, keine Scheu zu haben und Anfragen zu stellen. Irgendwo öffnet sich bestimmt eine Tür.

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  • Veröffentlicht: 23.01.2025
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