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Frauenkörper
03/25

„Wir sind verdammt schön“

„Wir sind verdammt schön“
Foto: Robert Maybach

Der weibliche Körper ist immer wieder Ziel sexistischer Angriffe, vor allem online. Das weiß auch Schauspielerin Stefanie Reinsperger, die über ihre Erfahrungen mit dieser tief verwurzelten Problematik spricht.

Laszive Posen, Schmollmund und perfektes Make-up in Werbekampagnen für Kindermode: Die Objektifizierung und Sexualisierung des weiblichen Körpers beginnt früh. Wann wurden Sie zum ersten Mal mit diesen Vorstellungen und Ansprüchen, wie Frauen aller Altersgruppen zu sein und auszusehen haben, konfrontiert, Frau Reinsperger?

Es ist traurig, aber ich befürchte, dass ich mir dessen gar nicht so bewusst bin, wann das genau passiert ist. Ich gehöre zu der Generation, die diese Dinge erst jetzt nach und nach realisiert. Jüngere Frauen besitzen dafür heute ein viel größeres Bewusstsein. Woran ich mich aber sehr gut erinnern kann, ist, dass wir dazu erzogen wurden, uns so anzuziehen, dass uns nichts geschieht, wenn wir abends ausgingen. Das ist etwas, worüber wir ja heute auch noch im Zusammenhang mit Gewaltverbrechen sprechen. Es wird hinterfragt: „Was hatte die Frau an?“ Als ob das einen Übergriff in irgendeiner Weise legitimieren oder rechtfertigen würde.

Die Frage „Ziehst du dich eh ordentlich an, wenn du rausgehst?“ kennen wir wohl alle.

Genau. Die Auswirkungen davon spüre ich auch heute noch: In meinem Beruf bin ich den ganzen Tag mit Proben beschäftigt und komme erst spät am Abend dazu, mich sportlich zu betätigen. Letztes Jahr wurde ich in Berlin, wo ich seit acht Jahren lebe, zum ersten Mal überfallen. Mir wurde das Handy gestohlen, die Situation war sehr unangenehm, aber ansonsten ist mir nichts passiert. In den Gesprächen danach hieß es sofort: „Ja, aber wenn du so spät noch trainieren gehst …!“ Der Lebensraum von Frauen ist von klein auf eingeschränkt: Du darfst nachts nicht Zug fahren, geschweige denn ausgehen. Ein riesiger Lebensbereich ist für Frauen nicht zugänglich. Aber warum? Aus Angst? Oder doch eher wegen des Patriarchats?

Solche Vorwürfe hören auch Opfer von (sexueller) Gewalt. Eine Studie belegt, dass Frauen, die sich freizügiger kleiden, weniger Mitgefühl entgegengebracht wird.

Es ist furchtbar, und ich bewundere alle, die diese Kraft und diesen langen Atem in solchen Diskussionen aufbringen. Es ist so anstrengend, sich immer dafür rechtfertigen zu müssen, eine Frau zu sein. Die Anforderungen an uns sind ein Wahnsinn: Du sollst schön sein, aber nicht zu schön. Sportlich sollst du auch sein, aber nicht zu sehr, denn das sieht nicht weiblich aus. Du sollst Mutterinstinkte haben, aber auch Karriere machen. Wenn du keine Mutterinstinkte hast, ist das seltsam und das Frausein wird dir sofort abgesprochen. Du sollst ein Familienmensch sein, aber auch unabhängig. Hinzu kommt, dass man als Frau ständig mit Scham konfrontiert wird. Das fängt mit der ersten Periode an, wenn du dich schämst, weil es nicht sauber, sondern eklig ist und gut versteckt werden muss. Gleichzeitig hast du Stress, wenn du sie nicht früh genug bekommst, weil das auch „uncool“ ist. In dieser Hinsicht ist es sehr schön, älter zu werden, weil man manche Dinge gelassener sieht und gleichzeitig selbstbewusster und lauter wird.

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  • Veröffentlicht: 14.03.2025
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