Aktuelle
Ausgabe:
Konsum
03/24

Gemeinsam durch Zeiten der Wende

Jede Menge gute Laune erfüllte den Stadtsaal in Mürzzuschlag. Die Frauen, die zur „Wendezeiten“-Veranstaltung gekommen waren, die Vortragenden, sie alle versprühten die positive Stimmung regelrecht an diesem Abend. Ein Abend der Frauen, der Vernetzung, der Gemeinsamkeit.

Wir alle durchleben im Moment eine Zeit der Wende – innenpolitisch, EU-politisch, die Digitalisierung betreffend: Landesrätin Ursula Lackner beschrieb diese Themen als jene, die im Außen passieren, wir aber in unserem Alltag spüren. „Wir Frauen sind immer wieder mit Wendezeiten konfrontiert“, sagte sie, „auf viele dieser Wenden können wir uns nicht vorbereiten.“ Dazu gehöre eine ordentliche Portion Mut, sagte die Landesrätin, Kraft und gute Informationen, um in solche turbulenten Zeiten den nächsten Schritt zu gehen. Dabei stehen wir aber nicht alleine da.

Turbulente Zeiten wirken sich meist auf alle Lebensbereiche aus, so auch auf das Arbeitsleben. Doch gibt es offizielle Stellen, an die wir uns wenden können, wenn der Lauf des Lebens sich gerade holprig anfühlt. Christina Lind, stellvertretende Landesgeschäftsführerin des AMS Steiermark bekräftigte das und rief alle Frauen auf, sich in beraten zu lassen. Karenz, Wiedereinstieg, Teilzeit: Das alles sind Themen, die hauptsächlich Frauen betreffen. „Frauen tragen oft die Last der unbezahlten Arbeiten wie Altenpflege, Haushalt oder Kinderbetreuung.“

Sich frühzeitig zu informieren sei dabei der erste Schritt, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden. Auch Simone Grebenjak, Referentin der Arbeiterkammer Steiermark, betonte, dass es in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen immer sinnvoll sei, sich beraten zu lassen. „Das beginnt schon beim ersten Ferialjob und zieht sich über das gesamte Berufsleben, von Berufseinstieg, Jobwechsel über Teilzeitbeschäftigung und Karenz.“

BERATUNG, WISSEN, MUT
Katharina Krusch-Batruel, Expertin der Pensionsversicherungsanstalt, machte deutlich, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig um das vielleicht etwas unangenehme Thema Pension zu kümmern. So gib es etwa für das Pensionssplitting oder rückwirkende Pensionsversicherung gesetzliche Fristen, über die man Bescheid wissen müsse. Vor allem für Frauen sei es wichtig, sich um die Höhe der Pension zu kümmern: „Männer bekommen im Schnitt 500 € mehr Pension als Frauen.“ Dem entgegenwirken könne man etwa, indem man Zeiten der Pflege naher Angehöriger anrechnen lasse. „Das kostet nichts, bringt jedoch viel.“

Dass die Seele in Zeiten der Wende besondere Pflege braucht, davon berichtete Lydia Lieskonig, Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung (kfb) Steiermark. Dazu trägt die Gemeinschaft bei, die in den Gruppen der kfb herrsche. Es bedarf aber eines gemeinsamen Wirkens von Männern und Frauen in der Gesellschaft – dazu gehöre auch die Kirche. „Wir brauchen eine Gesellschaft, wo wir Frauen unseren Teil beitragen dürfen“, sagt Lydia Lieskonig. „Wir müssen uns Räume erobern. Dabei dürfen wir ruhig ein bisserl mutiger sein.“

MYTHEN, ÄNGSTE, HILFE
Mut gehört auch dazu, sich in Gesundheitsfragen Rat und Hilfe zu suchen. Das Frauengesundheitszentrum in Graz ist das am längsten bestehende und so etwas wie die „Urmutter“ seiner Art. Marlene Schader berichtete von Mythen, die sich um die Physiologie von Frauen halten – teilweise sehr hartnäckig. Sie entlarvte diese Mythen: Etwa, dass psychische Krankheiten „typisch weiblich“ seien oder Medikamente bei Frauen und Männern stets die gleiche Wirkung hätten. „Frauen und Mädchen brauchen Zugang zu leicht verständlichen Infos, Fakten und Wissen“, sagte sie. „Um diese zugänglich zu machen, gibt es bei uns Gruppen, Beratungsstunden und Kurse.“

Barbara Pachl-Eberhart berichtete von ihrer ganz persönlichen und tiefgreifenden Wendezeit, die sie durchleben musste, als vor 11 Jahren ihr Mann und beide Kinder bei einem Autounfall ums Leben kamen. Sie erzählte von den Ängsten, mit denen sie sich konfrontiert sah und davon, wie sie es schaffte, ihnen entgegenzutreten. Etwa, indem sie lernte, Hilfe anzunehmen. „Wir sollten nicht denken, dass wir es alleine schaffen müssen“, sagte sie. Und an einem Abend wie diesem wird das noch einmal ganz deutlich: wir sind – vor allem in Wendezeiten – nicht allein.

Es war ein sowohl fachlich sehr aufschlussreicher als auch menschlich sehr bewegender Abend. Es gab viele Tipps auch zur praktischen Lebensbewältigung. Ich schätze auch ganz besonders das Networking im Anschluss an die Veranstaltung.

Simone Grebenjak, Arbeiterkammer Leoben

Es werden viele Themen angesprochen, die alle Frauen betreffen, die Vorträge sind sehr breit abgedeckt. Vieles weiß man ja, hat es schon einmal gehört – aber diese Veranstaltung ist sicher ein Anlass, diese Dinge wieder ins Bewusstsein zu holen und zu verinnerlichen.

Marlene Schader, Frauengesundheitszentrum Graz

Ich habe wieder einmal festgestellt, dass es irrsinnig wichtig ist, sich für Themen wie etwa Pension zu interessieren. Vor allem für Frauen in meinem Alter – ich bin jetzt 40 – ist das wichtig, weil man unterschätzt, welche Auswirkung das Thema Teilzeit, Karenz oder Pensionssplitting im Alter wirklich hat.

Beate Garcia, Besucherin

Der Abend war berührend, informativ und sehr anregend. Sehr berührend war der Vortrag von Barbara Pachl-Eberhart, wo man auch wieder merkt, wie kurz das Leben ist. Man sollte es genießen – und trotzdem rechtzeitig drauf schauen, dass man im Alter nicht ohne Geld dasteht.

Christine Feichtenhofer, AMS Mürzzuschlag

Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, dass wir uns gut informieren und dass wir auch Hilfe in Anspruch nehmen. Das ist manchmal nicht so einfach. Aber man denkt nicht daran, wenn es einem schlecht geht, dass man eigentlich um Hilfe bitten oder sich Rat holen könnte. Aber: man muss nicht alles alleine schaffen.

Christine Rothwangl, Besucherin

Ich arbeite in der Frauen- und Mädchenberatung und dadurch sind mir die Wendezeiten sehr bewusst und sehr bekannt. Die Frauen kommen gerade in diese Zeiten zu uns, mit ganz vielen von diesen Themen des heutigen Abends: Schwangerschaft, Karenz, Pensionierung. Da kann man gegenwirken mit Information und Wissen, das gestreut wird.

Ulrike Fuchs, Frauen- und Mädchenberatungsstelle Mürzzuschlag

Dieser Abend war wirklich sehr informativ für uns Frauen. Speziell vom Schicksal Barbara Pachl-Eberharts bin ich beeindruckt und auch sprachlos. Ich denke mir, so einen Schicksalsschlag so zu überstehen und zu verarbeiten und jetzt wieder so im Leben zu stehen und anderen Frauen zu helfen. Das ist für mich sehr beeindruckend. Ein riesengroßes Vorbild.

Maria Fischer, Abgeordnete zum Steirischen Landtag und Vizebürgermeisterin Spittal am Semmering

Nachbericht der Veranstaltung „Wendezeiten“ am 23. Mai 2019 in Mürzzuschlag

Wendezeiten ist eine Veranstaltungsreihe von „Welt der Frauen“ in Kooperation mit dem Frauenressort des Landes Steiermark und in Zusammenarbeit mit der Katholischen Frauenbewegung Steiermark.

Mit freundlicher Unterstützung von Arbeiterkammer Steiermark, Arbeitsmarktservice Steiermark, Kleine Zeitung, Pensionsversicherungsanstalt und Frauengesundheitszentrum Graz.

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 20.06.2019
  • Drucken