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11/12/24

Reden mit Angelika Offenhauser

Reden mit Angelika Offenhauser
Foto: Angelika Offenhauser

Die Siebdruck-Künstlerin Angelika Offenhauser porträtiert Menschen mitten im Gespräch, um die Feinheiten der zwischenmenschlichen Kommunikation sichtbar zu machen.

Wer kennt es nicht? Man erhält eine Textnachricht und ist sich nicht sicher, wie sie gemeint ist. Handelt es sich um einen Scherz oder um ernst gemeinte Kritik? Man überlegt, die Person, die die Nachricht geschickt hat, anzurufen, um ihre Stimmung in einem persönlichen Gespräch herauszufinden. Emojis, zum Bild gewordene Emotionen, können dabei helfen, die Information zu transportieren, die man im direkten Kontakt unterschwellig wahrnimmt. Oft ist es ein Lachen in der Stimme, eine bedeutungsvolle Pause im Redefluss, eine bestimmte Geste, ein verschmitztes Grübchen in der Wange oder ein Augenrollen, das darüber Auskunft gibt, wie das Gesagte einzuordnen ist.

Diese feine Wahrnehmung, durch die man im direkten Kontakt miteinander so vieles aufnimmt, ist das Thema der aktuellen Werke von Angelika Offenhauser. Die oberösterreichische Künstlerin porträtiert Menschen, die gerade miteinander reden, und versucht, diese subtile, zwischenmenschliche Ebene im Bild sichtbar zu machen. Dafür recherchierte sie ausführlich und beobachtete ihre Umgebung genau, um herauszufinden, wie sich diese feinen Signale visuell zeigen lassen.

© Angelika Offenhauser

Die Künstlerin arbeitet im Medium des Siebdrucks auf Basis eigener Fotos, die sie am Computer für den Druck bearbeitet. Für ihre Bilder bat sie FreundInnen, Bekannte und Familienmitglieder, sie jeweils in Zweiergruppen beim Miteinanderreden fotografieren zu dürfen. Nicht alle waren damit einverstanden, später einmal als Kunstwerk an der Wand einer Galerie oder eines fremden Wohnzimmers zu hängen, andere freuten sich über die Anfrage. Die oft spontan stattfindenden Foto-Sessions entwickelten sich unerwartet. Fotografiert man zwei Menschen, die ganz normal miteinander reden, ist davon im Bild oft wenig zu merken. Die anfängliche Anspannung der Modelle aufgrund der ungewöhnlichen Situation versuchte Angelika Offenhauser durch lockere Fragen und Kommentare zu lösen. Dadurch entstand eine ausgelassene Stimmung, die die Fotografierten die auf sie gerichtete Kamera vergessen ließ und die Vertrautheit des gemeinsamen Gesprächs in den Vordergrund rückte.

Bitte miteinander reden!

Wenn man fotografiert wird, versucht man in der Regel, eher nicht zu sprechen, da ein offener Mund auf dem Foto schnell ungünstig aussehen kann. Wir alle kennen die Rufe „Spaghetti“ oder „Bitte lächeln“, bevor auf den Auslöser gedrückt wird. Angelika Offenhausers Modelle sollten dagegen frei miteinander kommunizieren und möglichst nicht in die Kamera blicken. Trotzdem achtete die Künstlerin darauf, sie keinesfalls unvorteilhaft zu zeigen, und nahm ihre Verantwortung gegenüber den Abgelichteten ernst.

© Angelika Offenhauser

Aus den zahlreichen entstandenen Fotos wählte sie jeweils eine Szene aus, die ihren Vorstellungen am meisten entspricht. So zeigt sie etwa zwei Menschen, die in der Geborgenheit eines Kinosaals miteinander tuscheln und die Köpfe vertraut aneinanderhalten, einen Mann, der einer gespannt zuhörenden Frau mit hochgezogener Augenbraue etwas sehr Wichtiges ins Ohr flüstert, oder eine junge Frau, die ganz versunken und wohlig die Augen schließt, um ihrem Gegenüber zuzuhören.

Das Unsichtbare zeigen

Auf den Bildern sieht man nicht nur zwei Menschen, die sich unterhalten, sondern man spürt noch etwas zwischen ihnen. Das, worüber sie sprechen, woran sie denken. Der spezielle Ausdruck und die ganz persönliche Geste ergeben berührende Szenen, die die Künstlerin in konzentrierter Darstellung und sparsamer Farbigkeit gekonnt in Szene setzt. Bei den Bildern handelt es sich um Porträts, es geht jedoch nicht um die individuelle Darstellung, sondern um die Qualität der Kommunikation und die Feinheit des persönlichen Kontaktes zwischen Menschen.

© Angelika Offenhauser

Angelika Offenhauser

Angelika Offenhauser wuchs in Bad Wimsbach in Oberösterreich auf und absolvierte eine Lehre als Herrenkleidermacherin in einem Maßsalon. In dieser Zeit begann sie, sich für Kunst zu interessieren und zu zeichnen. Nach Abschluss ihrer Lehre ging sie nach Wien und arbeitete in den Werkstätten des Bundestheaterverbands, die Kostüme für das Burg- und das Akademietheater fertigen. Nach der nötigen Praxiszeit besuchte sie den einjährigen Meisterkurs und legte die Meisterprüfung als Herrenkleidermacherin ab. Das Lernen für die Meisterprüfung bereitete ihr solche Freude, dass sie sich dazu entschloss, die Matura in der Modefachschule nachzuholen. Die Schulzeit finanzierte sie sich, indem sie im Sommer bei den Salzburger Festspielen in der Kostümwerkstätte arbeitete. Nachdem sie die Matura mit Auszeichnung abgelegt hatte, arbeitete sie wieder bei den Bundestheatern in Wien und absolvierte ein Jahr später die Aufnahmeprüfung an der Kunstuniversität Linz. Sie schloss die Meisterklasse Textil mit einem Diplom ab und arbeitet seither als freischaffende Künstlerin in ihrem Atelier in Bad Wimsbach. Sie ist Mitglied des Alumnivereins forum der Kunstuniversität Linz und des Kunstforum Salzkammergut.

Siebdruck

Der Siebdruck ist ein Durchdruckverfahren. Dabei wird ein auf einen Rahmen gespanntes feinmaschiges Sieb auf das zu bedruckende Material gelegt und die Farbe mit Hilfe einer Rakel durch das Sieb gedrückt. An den Stellen, wo keine Farbe durch das Sieb dringen soll, wird es durch eine Schablone abgedeckt. Die Schablone kann auf unterschiedliche Art und Weise hergestellt werden. Angelika Offenhauser verwendet dafür ein fototechnisches Verfahren, bei dem sie eine Fotoemulsion auf das Sieb aufträgt und das Motiv darauf belichtet. Durch das UV-Licht härtet die Emulsion dort aus, wo sie belichtet wird. An den unbelichteten Stellen wird die Emulsion ausgewaschen. Dort kann die Farbe durch das Sieb auf den Bildträger dringen. Für jede Farbe, die gedruckt wird, braucht es ein eigenes Sieb und einen separaten Druckvorgang.

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  • Veröffentlicht: 05.11.2024
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