Aktuelle
Ausgabe:
Konsum
03/24

Eva und Elisabeth – Teil 1

Eva und Elisabeth - Teil 1

Unsere Leserin Monika Hofer aus Strengberg in Niederösterreich & ihre Töchter Eva und Elisabeth im „Welt der Frauen“-Gespräch. Teil 1: Alle sind Lehrerinnen.

Welt der Frauen-Leserin Monika Hofer (62) aus Strengberg in Niederösterreich ist pensionierte Mittelschullehrerin und Mutter von drei Kindern. Zwei davon sind ebenfalls Lehrerinnen: Tochter Elisabeth (41) promovierte in Spanischer Literaturwissenschaft und unterrichtet an einem Gymnasium Spanisch, Französisch und Italienisch. Tochter Eva (25) absolviert gerade ihr Masterstudium an der Pädagogischen Hochschule und unterrichtet Sprachförderung an einer oberösterreichischen Volksschule, die hauptsächlich Kinder mit Migrationshintergrund besuchen.  Wir fragten bei der Mutter nach und baten anschließend die Töchter zum Gespräch.

„Ich bewundere meine Töchter für ihre Zielstrebigkeit. Ich habe als junge Frau auch mein eigenes Geld verdient, aber im Grunde hat den Alltag immer mein Mann geregelt. Ihn habe ich mit 19 Jahren kennengelernt und mit 21 Jahren geheiratet. Aber die jungen Frauen von heute sind so viel taffer als meine Generation es war!“
Monika Hofer

Welche Lebensentwürfe Elisabeth und Eva Hofer haben und wie sich beruflich engagieren, erfuhren wir im Interview von ihnen persönlich. 

 „Meine Töchter sind engagierte Lehrerinnen.“

Warum habt Ihr den Beruf „Lehrerin“ gewählt?
Elisabeth: Mich haben immer Fremdsprachen interessiert. Außerdem bin ich gerne gereist, wollte neue Kulturen kennen lernen und mein Wissen an andere weitergeben. Da ist der Lehrberuf ideal.
Eva: Ich arbeite gern mit jüngeren Kindern zusammen und finde, dass jedes Kind das Recht auf Bildung hat. Ich möchte auch Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache die Möglichkeit geben, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Deshalb habe ich mich auf Sprachförderung spezialisiert.

Eure Eltern sind pensionierte Lehrer. Wie war es, als Lehrerkinder aufzuwachsen? Dreht sich da immer alles um Leistung und Erfolg?

Eva: Natürlich war unseren Eltern Schulisches immer wichtig. Sie fragten nach, wie es uns beim Lernen geht, und unterstützten uns auch. Aber wir mussten nicht unbedingt erfolgreich sein.
Elisabeth: Das kann ich bestätigen. Unsere Eltern freuten sich über unsere guten Noten, diese wurden aber nicht wirklich verlangt. Wir sind von selbst leistungsbereit und bilden uns immer fort, obwohl wir schon im Berufsleben stehen. Lebenslanges Lernen ist uns wichtig.

Wie hat eure Mutter in eurer Kindheit eure Lust am Lernen geweckt?
Elisabeth: Als ich noch klein war, arbeitete Mama noch Vollzeit und hatte auch zuhause viel zu korrigieren. Deshalb unternahm Oma viel mit mir. Sobald Mama aber frei hatte, hat sie mir Geschichten vorgelesen und viel mit mir gezeichnet und gebastelt.
Eva: Als ich geboren wurde, arbeitete sie nur noch Teilzeit und war nachmittags Zuhause. Das habe ich sehr genossen! Immer wieder überlegte sie sich Spiele und Aktivitäten, die ich mit meinen Freundinnen machen konnte. Sie leitete uns an, ließ uns aber auch die Freiheit, uns selbst zu beschäftigen und auszuprobieren.

Zurück zur Schule: Die ist bei euch ja auch Zuhause oft Thema. Eure Mutter hat mir erzählt, dass ihr gemeinsame Mittagessen und Spaziergänge gerne dafür verwendet, „um Dampf abzulassen“. Worüber ärgert ihr euch da – über freche Schülerinnen und Schüler, schwierige Kolleginnen und Kollegen oder doch das veraltete Bildungssystem?
Elisabeth: Jetzt, während der Corona-Zeit, wird von uns verlangt, dass wir unsere Arbeitszimmer daheim mit technischem Equipment ausstatten, damit wir Online-Inhalte aufbereiten und guten Fernunterricht anbieten können. Diese Anschaffungen gehen ganz schön ins Geld. So zum Beispiel benötigte ich einen Computermonitor, einen Lautsprecher für Videokonferenzen und einen ordentlichen Drucker mit Scan-Funktion. Die Kosten für diese Arbeitsmaterialien können wir der Schule aber nicht in Rechnung stellen. Sie lassen sich nur in der Arbeitnehmerveranlagung geltend machen. Rückerstattet bekommt man aber nur einen Bruchteil!
Eva: Mich ärgern vor allem die ständigen neuen Bildungsreformen. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Leitfäden und Reformkataloge ich allein in den letzten zwei Jahren durchlesen musste. Reformen sind ja okay. Aber sie sollten sinnvoll sein und den Schülerinnen nutzen.
Elisabeth: Im Bereich der Fremdsprachen hat sich durch Reformen aber viel verbessert, weil man jetzt das Hören und Sprechen wichtiger nimmt. Früher lag der Fokus auf dem schriftlichen Teil. Auch der Einzug der digitalen Medien ins Unterrichtsgeschehen bereichert den Fremdsprachenunterricht.

„Unsere Mutter leitete uns an, ließ uns aber auch die Freiheit, uns selbst zu beschäftigen und auszuprobieren.“
Eva Hofer

Eva, wie animierst du Kinder mit Migrationshintergrund und anderer Erstsprache auch Zuhause Deutsch zu sprechen – und nicht Serbisch, Türkisch oder Afghanisch?
Eva: Gar nicht. Uns ist wichtig, dass die Kinder daheim in ihrer jeweiligen Muttersprache kommunizieren, weil jede Sprache eine Ressource ist. Auch in den Pausen dürfen die Schülerinnen und Schüler in ihren gewohnten Sprachen sprechen. So lernen alle mit. In anderen Sprachen fit zu sein, ist heutzutage enorm wichtig. Wer sagt denn, dass Türkisch weniger wert ist als etwa Englisch?
Elisabeth: Das sehe ich genauso. Deshalb leben wir die Durchmischung der Kulturen auch privat. Erst vor kurzem waren eine befreundete ägyptische und eine chilenische Familie bei uns zu Gast. Wir haben gemeinsam gekocht und geplaudert.

Eure Mutter sagt, dass ihr sehr engagierte Lehrerinnen seid. Wie gestaltet ihr den Unterricht möglichst ansprechend?
Eva: Während des Lockdowns nutzten meine Kolleginnen und ich die Zeit, um Kurzfilme über unsere Haustiere und ein selbst verfasstes Kasperltheater zu drehen. Diese Lernvideos kamen sehr gut an. Aufgrund der tollen Rückmeldungen werden wir solche Tutorials auch künftig auf unsere Plattform stellen. Vor allem lernschwächere Kinder, die etwa die Multiplikation im Live-Unterricht nicht verstanden haben, können so das Erklärte immer wieder nachsehen – in ihrem eigenen Tempo! Die Videos sind freilich nur ein Zusatzangebot zum normalen Unterricht. Wir Lehrerinnen werden nicht sagen: „Schaut euch das an, wir sind derweil Kaffeetrinken!“ Diese Plattform ist also eine Art Videothek. Damit erwischen wir den Zeitgeist, denn Online-Videos sind den Kindern vertraut. Viele kennen sie aus YouTube. Wir wollen da mitziehen. Mein erworbenes digitales Wissen gebe ich auch an ältere interessierte Kolleginnen und Kollegen weiter.

Elisabeth, deine Liebe ist die Kultur und Kulinarik der romanischen Länder. Bündelst du diese Interessen und kredenzt auch schon einmal Pizza, Tapas und Baguette, um ihnen die italienische, spanische und französische Sprache schmackhaft zu machen?
Elisabeth: Ja! Im Rahmen von Wahlpflichtfächern und Projekttagen veranstalten wir öfter gemeinsame Kochnachmittage. Da gab es schon gefüllte chilenische Teigtaschen, spanisches Omelette, Quiche Lorraine, Mousse au chocolat, Insalata Caprese, Risotto und Tiramisu ohne Rum! Während des Kochens und Essens unterhalten wir uns in der jeweiligen Fremdsprache. Das gefällt den Schülerinnen sehr. Auch der Zusammenhalt wird dadurch gestärkt.

Im zweiten Teil der wunderbaren Töchter Eva und Elisabeth Hofer geht es um die Großfamilie Hofer: Alle unter (fast) einem Dach.

Petra KlikovitsPetra Klikovits

In ihrer monatlichen Online-Kolumne „Meine wunderbare Tochter“ führt Petra Klikovits bewegende Gespräche mit Töchtern, Schwiegertöchtern, Enkeltöchtern, Stieftöchtern, Adoptivtöchtern, Pflegetöchtern, Patchwork-Töchtern und anderen Bonustöchtern von Leserinnen, die auf diese via [email protected] aufmerksam machen. Mehr von Petra Klikovits lesen Sie jeden Monat in  Welt der Frauen.

Fotos: privat

  • Teile mit:
  • Veröffentlicht: 30.10.2020
  • Drucken