Was erwartet Frauen in der katholischen Kirche unter Papst Leo XIV.? Ein Gespräch MIT ANGELIKA RITTER-GREPL über Reformen und Gerechtigkeit.
Sie haben Papst Leo XIV. noch nicht persönlich getroffen, aber Sie kennen seine Biografie. Welchen Eindruck haben Sie von ihm?
Ritter-Grepl: Ich denke, dass das Besondere an Papst Leo XIV. seine augustinische Spiritualität ist. Er ist Ordensangehöriger, der als Missionar nach Peru gegangen ist. Er hat vielfältige Leitungserfahrungen: als Bischof und dann natürlich auch in der Kurie als Präfekt der Bischofskongregation.
Franziskus galt als Papst der Öffnung und des globalen Südens. Glauben Sie, dass es hier einen Kulturwandel geben könnte, weg vom globalen Süden?
Ritter-Grepl: Ich sehe in Leo XIV. einen Menschen, der gewählt hat, in die Mission nach Peru zu gehen. Einer, der sich entschieden hat, die peruanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, bei seinem Gruß auf der Loggia auf Spanisch und Italienisch zu sprechen, nicht auf Englisch. Es ist außerdem bekannt, dass er im Zusammenhang mit der Migrationspolitik sehr deutliche Stellung gegen die politische Linie von Präsident Trump und seinem Vizepräsidenten J.D. Vance bezogen hat.
In vielen Bereichen hat Franziskus Debatten angestoßen, aber er konnte sie nicht zu Ende führen. Etwa auch beim Thema Frauen in der Kirche. Wie glauben Sie, wird Leo XIV. weitermachen?
Ritter-Grepl: Ich glaube, dass jetzt wirklich die Zeit der Umsetzung kommt, da Leo XIV. den synodalen Prozess bekräftigt hat und es klar ist, dass es keine Wankelmütigkeit geben wird. Er hat bekräftigt, dass er die Linie fortsetzt, dass die Dokumente weiterhin gelten. Er ist auch Kirchenrechtler und hat Erfahrung damit, wie Dinge in der Weltkirche bürokratisch, organisatorisch und strukturell umgesetzt werden können. Papst Leo XIV. ist 69, das heißt, wenn er eine durchschnittliche Lebenserwartung hat, haben wir wirklich ein langes Pontifikat vor uns. Ich erwarte nicht, dass es schnell geht, aber ich denke, es wird ein stetiges Weitergehen sein.

„Für mich ist die Thematik von Frauen in der Kirche immer verbunden mit dem Zugang von Frauen zum Weiheamt.“
In der Katholischen Frauenbewegung gibt es seit Jahren den Ruf nach mehr Mitbestimmung und Sichtbarkeit von Frauen in der katholischen Kirche. Glauben Sie, dass der Papst ein offenes Ohr für diese Anliegen hat?
Ritter-Grepl: Nach meinen Informationen ist Papst Leo XIV. ein Mensch, der schon immer mit Frauen zusammengearbeitet hat. In Interviews nimmt er auch direkt Bezug auf diese Zusammenarbeit. Es gibt inzwischen Stellungnahmen von Frauen, die bestätigen, dass er „einer von ihnen“ sei. Von daher glaube ich, dass wir da durchaus einiges erwarten können, insbesondere auch, da in den letzten zwei Jahren im Vatikan, angestoßen von Papst Franziskus, ein Lernprozess stattgefunden hat.
Was wünschen Sie sich persönlich vom neuen Papst, gerade in Bezug auf Frauen in der Kirche?
Ritter-Grepl: Für mich ist die Thematik von Frauen in der Kirche immer verbunden mit dem Zugang von Frauen zum Weiheamt. Da warten wir jetzt auf die nächsten Schritte hinsichtlich des Diakonats für Frauen.
Was wir nicht vergessen sollten: Prevost hat sich in Bezug auf Leo XIII., den Begründer der Soziallehre der katholischen Kirche, Leo XIV. genannt. Es ist ja grundsätzlich bei allen Experten weltweit Übereinstimmung, dass die brennenden sozialen Fragen der Welt, zu denen auch die Klimagerechtigkeit gehört, aber eben auch die soziale Gerechtigkeit, sehr wesentlich mit dem Thema Frauendiskriminierung und Gewalt gegen Frauen im Zusammenhang stehen. Von daher erwarte ich mir, dass er in diesem sozialen Bereich ein Fürsprecher nicht nur für die Armen im Generellen ist, sondern für Frauen im Speziellen.